Die Gestapo Wilhelmshaven berichtet
Die Gestapo für den Regierungsbezirk Aurich gibt am 4. Oktober 1934 aus Wilhelmshaven für den Monat September folgenden Bericht „Über die politische Lage“ ab:
Juden und Freimaurer
Am Sonntag, den 6. September d. Js. fand um 20.30 Uhr seitens der zionistischen Organisation im Schulzimmer der Wilhelmshavener Synagoge eine Versammlung statt, in welcher der Jude Bertenthal, wohnhaft in Berlin, über die Verhältnisse in Palästina sprach. Die Versammlung war von ca. 30 Personen besucht. Der Referent, der besonders über die Unterbringungsmöglichkeiten der Juden in Palästina sprach, zog Vergleiche zwischen den Ostjuden , Arabern und deutschen Juden. Er wies darauf hin, daß es für alle Auswanderer unbedingt erforderlich sei, vorher die hebräische Sprache zu erlernen, da ohne diese ein Weiterkommen in Palästina unmöglich sei.
Die Ausführungen des Redners fanden bei den Versammlungsteilnehmern keine Zustimmung, da die hiesigen Juden nicht daran denken, auszuwandern.
In Emden ist aufgefallen, daß die dort wohnhaften Juden sehr oft nach Holland fahren. Durch die Postkontrolle ist festgestellt, daß die dortigen Juden durchweg Verwandte in Holland besucht haben. Es ist ferner aufgefallen, daß unter den Ausflüglern der Sonntagsfahrten nach Delfzyl sich ein erheblicher größerer Prozentsatz Juden regelmäßiger befindet als bei anderen Gelegenheiten. Es muß angenommen werden, daß diese Verabredungen haben und sich in Delfzyl treffen, zumal meistens eine ganze Reihe von Autos am Hafen oder in der Stadt zu sehen sind, die von außerhalb gekommen sind.
In Leer macht sich in letzter Zeit der jüdische Gerichtsassessor i.R. Urbach bemerkbar, indem er die Behörden mit Beschwerden seiner Rassegenossen überschwemmt.