Bericht aus Anröchte
Am 23. August 1934 erstattet der Bürgermeister von Anröchte folgenden „Politischen Lagebericht“:
Kauf und Verkauf bei Juden
Folgende Personen wurden beobachtet, die in der letzten Zeit bei Juden kauften bzw. ihre Produkte an Juden absetzten:
Die Witwe Albersmeier in Berge verkaufte Vieh an die Juden Bernhard Fritzler und Aronstein, ebenso der Bauer Schlüter-Borgschulte in Berge, der Bauer Mues-Hahne in Berge, der Bauer Schlüter-Kraes in Berge, der Bauer Franz Hillebrand-Droste in Berge, Fisch in Berge, der Gastwirt Peters in Berge dem Juden Lichtenfels in Lippstadt.1 Die Witwe Albersmeier in Berge verkaufte ferner Getreide an den Juden Rosenberg.
Am Mittwoch, den 15. August lieferte der Gast- und Landwirt Röper-Bolte 2 Wagen Getreide an den Juden Rosenberg. In dem Manufaktur- und Konfektionsgeschäft Schreiber in Anröchte kaufen permanent die Ehefrau des Kolonialwarenhändlers Halberschmidt, der Bauer Franz Korte in Waltringhausen und der Bauer Franz Arens in Uelde. Außerdem liefert Schreiber täglich Waren an die verschiedensten Häuser von Anröchte und Umgebung.
Weiter tätigten folgende Bauern Geschäfte mit Juden
Wilhelm Bürger, Karl Röper-Rickerkraes, Frielinghausen, Münstermann, die Witwe Schrieck und die Witwe Bürger-Hölscher sämtlich aus Anröchte.
Der Ortsbauernführer Fritz Mollerus - Hoinkhausen handelt nur mit Juden und hat auf die Vorstellungen des Zellenwarts der NSDAP in Hoinkhausen erklärt, daß er dies machen könne, wie er wolle, ihn könne keiner zwingen, sein Vieh usw. irgendwo anders zu verkaufen. Zeuge: Viehhändler Franz Ditz in Berge.
Der Verkäufer des Stürmers und Verteiler der ''Westfälische Landeszeitung - Rote Erde'' Anton Gärtner - Anröchte kaufte für seine Frau einen Mantel bei dem Juden Schreiber. Auf Vorhaltungen soll er erklärt haben, er habe den Juden betrügen wollen. [...]
Judentum
Wie im vorigen Berichtsmonat so treffen sich auch in diesem die Juden an einem Tage der Woche in der Synagoge. Die Zusammenkünfte finden nicht regelmäßig und an einem bestimmten Tage, sondern scheinbar planlos statt. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß es sich hier um rituelle Zusammenkünfte handelt, zumal nur aus jeder Familie 1 männliche Person erscheint und die Juden nicht sabbatmäßig angezogen sich in die Synagoge begeben. Die Zusammenkünfte dauern meistens nur eine Viertelstunde. Auffällig ist, daß während dieser Zusammenkünfte stets ein auswärtiges Auto bei den Juden Gebr. Rapp und bei Bernhard Fritzler stundenlang hält. Nach meinen Feststellungen handelt es sich nicht immer um dasselbe Auto. Der Kennummer nach sind die Wagen vom Landrat in Brilon, Arnsberg, Minden oder Köln zugelassen. Einmal handelte es sich um den Personenkraftwagen IX 34 290, Besitzer: Heinrich Biederbeck in Brilon.