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Chronik und Quellen
1934
August 1934

Die Gestapo Arnsberg berichtet

Die Gestapo für den Regierungsbezirk Arnsberg gibt am 5. September 1934 für den Monat August folgenden Bericht:

Juden

Über die Auswirkung der für den Regierungsbezirk erlassenen staatspolitischen Anordnung betr. die Betätigung der jüdischen Jugendvereinigungen vom 9.8.1934 konnten Erfahrungen noch nicht gemacht werden. Ich befürchte aber, daß die ausdrückliche Genehmigung zur volkssportlichen Betätigung, zu Ausflügen und Wanderungen die Juden in ihrem Selbstgefühl stärken und damit wiederum zur Förderung ihres Einflusses beitragen wird. Die langsam wieder erwachende geschäftliche Werbetätigkeit der Juden bringt es mit sich, daß da und dort auch erneut eine Gegenwehr der Bevölkerung in Gestalt von Belästigungen einsetzt. So hat man sich in Witten dagegen aufgelehnt, daß Juden beim Ableben des Herrn Reichspräsidenten die schwarz-weiß-rote Flagge zeigten. In Freienohl Krs. Arnsberg wurde wiederholt während der Nachtzeit ein jüdisches Geschäftshaus, insbesondere die Rolläden vor dem Schaufenster, mit Steinen bombardiert.

In Iserlohn nahmen SS - und SA -Männer in Zivil Aufstellung vor mehreren jüdischen Geschäften und verteilten dort Probenummern der Zeitung ''Der Stürmer ''. Gleichzeitig führten sie eine Kontrolle über die Käufer in diesen Geschäften durch und veranlaßten das Publikum, die Einkäufe in christlichen Geschäften zu tätigen. Nach Angabe der Kreisleitung und des Sturmbannführers, die den Auftrag hierzu gegeben hatten, sollte lediglich eine unauffällige Kontrolle stattfinden, ob Parteigenossen und Angehörige der Kampfverbände ihre Einkäufe in jüdischen Geschäften tätigten. Da die Kontrolle offensichtlich über das Ziel hinausging, wurden auf Beschwerde der jüdischen Geschäftsinhaber die Kontrollposten durch die Polizei entfernt.

Aus Hamm wurde mir vom Treuhänder der Arbeit ein mit ''Organisation der Wächter der völkischen Idee'' unterzeichnete Aufforderung zum Boykott jüdischer Firmen übersandt. Das Schreiben ist in Maschinenschrift gefertigt und an Einzelpersonen adressiert. Es enthält u.a. eine scharfe Warnung vor dem weiteren Einkauf bei Juden, bezeichnet die Kundschaft der Juden als Volks- und Landesverräter und droht bei Nichtbefolgung der ''letzten Warnung'' mit der ''gerechten Strafe''. Es wird vermutet, daß mit dem Schreiben lediglich unlautere Zwecke verfolgt werden. Die polizeilichen Ermittlungen über den Verfasser des Schreibens sind noch nicht abgeschlossen.

In Dortmund fand anfangs des Monats August eine Versammlung der zionistischen Jugendgruppe ''Hechaluz '' statt. Die Mitglieder dieser Gruppe setzen sich aus Juden beiderlei Geschlechts bis zum Alter von 35 Jahren zusammen. Die Gruppe verfolgt das Ziel, ihre Mitglieder für eine spätere Auswanderung nach Palästina zu schulen.

Ein politisches Thema wurde nicht berührt.

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