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Chronik und Quellen
1934
Juli 1934

Bericht aus Dresden

Am 9. August 1934 gibt die Kreishauptmannschaft Dresden Bautzen folgenden Bericht für Juli 1934 ab:

Juden und Freimaurer

Über verschiedene jüdische Einwohner ist Postsperre bzw. scharfe Beobachtung angeordnet, auch wurden verschiedentlich Pässe zu Auslandsreisen nach [Paragraph] 11 Ziffer 1 Paßbekanntmachung vom 7. Juni 1932 verweigert. In einigen Fällen wurden angehaltene Postsendungen der Gestapa übersandt. Der Verkehr der einheimischen Juden untereinander und mit ausländischen Rasse- bzw. Glaubensgenossen gestaltet sich unauffällig und läßt besondere Wahrnehmungen nicht erkennen. Eine Überwachung der einzelnen Juden wird mit Ausnahme größerer Städte erleichtert durch die zahlenmäßig geringe Bevölkerung. Es ist aber bekannt, daß innerhalb des Judentums sehr beträchtliche Gegensätze und Strömungen bestehen, so daß von einer einheitlichen Judenbewegung kaum gesprochen werden kann. Die beiden hauptsächlichsten Richtungen sind die ''Jüdische Volkspartei '' (zionistische Bewegung) und der ''Zentralverband deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, e.V.'' . Letzterer wohl vorzugsweise wirtschaftlichen und kulturellen Belangen seiner Mitglieder dienend. Die Erstere ist in nennenswerter Bedeutung - soweit bisher bekannt geworden - nur in der Stadt Dresden mit näherer Umgebung vertreten.

Unzweifelhaft macht sich hier und da ein Wiederhervortreten jüdischer Elemente bemerkbar. Einen Beleg dafür bringt der ''Freiheitskampf''. Er weist in seiner Ausgabe Nr. 201 vom 21. Juli 1934 darauf hin, daß der ''Dresdener Anzeiger'' sich in seiner Ausgabe vom 20. Juli 1934 [über] die Vorbereitungen in Bayreuth wiederum von dem Juden Dr. Engländer berichten lasse. Ebenso überraschend wie diese Mitteilung hat auch die Erklärung des Vorsitzenden des Deutschen Olympischen Komitees Dr. Diehm gewirkt, nach der der jüdische Sportsmann Rudi Ball zum offiziellen Mitgliede der deutschen Eishockeymannschaft berufen worden ist und die Jüdin Helene Meyer an die Spitze der weiblichen Fechtmannschaft gestellt werden soll (vergleiche hierzu ''CV-Zeitung , Blätter für Deutschtum und Judentum'' Nr. 29 vom 19. Juli 1934). Daß es sich in dem letzteren Falle um die Erfüllung von Verpflichtungen handelt, die Deutschland in Athen und Wien bei den vorbereitenden Besprechungen für die Berliner Olympiade eingegangen ist, wird hierbei vielfach nicht berücksichtigt. Annehmbar berechtigte Klagen werden hier des öfteren über einige von der Rechtsanwälteschaft ausgeschlossene Juden laut, die eine Tätigkeit als Rechtskonsulenten aufgenommen haben und die in den Tageszeitungen ihre Dienste als Rechtsvertreter öffentlich verkünden.

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