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Chronik und Quellen
1934
April 1934

Die Gestapo Kassel berichtet

Am 4. Mai 1934 erstattet die Gestapo für den Regierungsbezirk Kassel folgenden Bericht „Über die politische Lage“ für April:

In der letzten Zeit konnte nämlich die Beobachtung gemacht werden, daß wieder jüdische Kreise mit die Hauptträger der kommunistischen Entfaltung sind. Gerade die Juden sind aber in den Hochverratsprozessen, soweit hiesige Angeklagte in Frage kamen, immer nur mit Gefängnis bestraft worden. Die Feststellungen haben ergeben, daß sich der Jude vor Gericht viel besser verteidigte und auch sofort erkannte, daß er die Punkte, in denen er überführt war, restlos zugeben mußte. In den meisten Fällen waren es die Punkte strafrechtlicher Betätigung, die bei der Strafzumessung nicht so schwerwiegend waren. Der deutsche Kommunist dagegen, der in vielen Fällen der Handlanger dieser jüdischen Funktionäre war, glaubte auf Grund der kommunistischen Broschüre ''Wie verteidigt sich der Proletarier vor Polizei und Gericht'' alles bestreiten zu müssen, was ihm dann, weil er anderweitig überführt werden konnte, regelmäßig Zuchthausstrafe einbrachte. Die Staatsanwaltschaften müßten m.E. bei der Stellung von Strafanträgen diese Umstände mehr berücksichtigen und die Gerichte darauf aufmerksam machen. Es werden viel zu wenig geistige Urheber bestraft. [...]

Judentum

Der Haß gegen die Juden im Bezirk der hiesigen Staatspolizeistelle nimmt immer mehr zu. Man hat nicht vergessen, daß das Judentum gerade in Kurhessen seit über hundert Jahren eine maßgebende Rolle gespielt und die Bevölkerung in beispielloser Weise ausgeplündert hat. Da man andererseits beobachten kann, daß der Jude von Tag zu Tag wieder frecher wird und seine wirtschaftliche Gleichstellung rücksichtslos ausnutzt, ist es kein Wunder, daß die Aktivisten der Bewegung ihrem Haß gegen das Judentum immer wieder durch Ausschreitungen und Sachbeschädigungen Luft machen. In der Bewegung hat man kein Verständnis dafür, daß einerseits in Schulungsabenden und Parteiveranstaltungen jeder Art die Ausschaltung des Judentums aus Handel und Wandel gefordert wird, während andererseits die wirtschaftliche Stärke des Judentums immer mehr zunimmt und amtliche und halbamtliche Stellen mit den Juden Geschäfte machen. Über die sehr zahlreich vorgekommenen Ausschreitungen gegen Juden und deren Eigentum habe ich jeweils ausführlich besonders berichtet. Bemerkenswert ist, daß in drei Orten, nämlich in Tann, Kreis Fulda, in Hüttengesäß, Landkreis Hanau, Melsungen und in Korbach zum Teil erhebliche Beschädigungen der Synagogen und im Kreise Schlüchtern Zerstörungen auf einem jüdischen Friedhof vorgenommen worden sind. Auf Grund der sich immer mehr häufenden Angriffe gegen Juden habe ich die Pol. Leiter und die SA - und SS -Führer eindringlich auf das Unzulässige solcher Methoden hingewiesen.

Der jüdische Viehhandel steht im Regierungsbezirk Kassel nach wie vor in großer Blüte. Wegen der starken Ausbreitung der jüdischen Händler kommen deutsche Händler nicht auf. Die Viehverwertungsgenossenschaften werden vom jüdischen Viehhandel mit allen Mitteln bekämpft. Dabei ist es eine beliebte Taktik der Juden, ein so hohes Gebot auf ein Stück Vieh zu machen, daß sie es in Wirklichkeit gar nicht einlösen können und wollen. Das Gebot der Viehverwertungsgenossenschaft liegt regelmäßig erheblich darunter, und der Jude kann daraus bei den Bauern für sich Kapital schlagen. In den letzten Wochen konnte wiederholt die Beobachtung gemacht werden, daß Juden ihre Rechtsstreitigkeiten mit Vorliebe von nationalsozialistischen Rechtsanwälten führen lassen. So z.B. hat der Rechtsanwalt Scheele in Homberg, ein alter Pg ., die Verteidigung eines Juden in einem Strafprozeß übernommen. Als es bekannt wurde, begab er sich freiwillig in Schutzhaft , da die Bevölkerung eine drohende Haltung gegen ihn einnahm. Auch der Inhaber der Dreiturmseifenfabrik in Steinau, Kreis Schlüchtern, Max Wolf, dessen Betrieb beschlagnahmt worden ist, soll sich einen nationalsozialistischen Rechtsanwalt in Berlin genommen haben, um die Enteignung zu verhindern.

Eine neue Domäne jüdischer Betätigung ist der Eiergroßhandel. Ehe die amtliche Eierverwertung gegründet wurde, ist von den Bauern kein einziges Ei an einen jüdischen Großhändler gegangen, die Eier wurden vielmehr von deutschen Kleinhändlern bei den Bauern aufgekauft und meist direkt an den Verbraucher weiterveräußert. Die Bevölkerung steht diesen Dingen, die zu der Propaganda der Partei im schärfsten Widerspruch stehen, völlig verständnislos gegenüber und bringt ihre Empörung immer wieder zum Ausdruck. So gelang es nur mit Mühe, die erregte SA davon abzuhalten, einem jüdischen Großhändler und der Eiersammelstelle, die ihm Eier verkaufte, alle Eier zu zerschlagen (65.000 Stück!). Man wartet jetzt nur noch darauf, daß die jüdischen Vieh-, Futtermittel- und Getreidehändler noch in den Reichsnährstand aufgenommen werden.

Ich halte es für erforderlich, daß in der Judenfrage sobald wie möglich eine kompromißlose Klarheit geschaffen wird und die Einheitlichkeit der Auffassung zwischen Staat und Bewegung, die jetzt nirgends vorhanden ist, sichergestellt wird. [...]

Kirchliche Verhältnisse [...]

Katholische Jugendorganisationen [...]

Am Sonntag, dem 23.4.34, wurde in fast allen katholischen Kirchen der Diözese Fulda der als Anlage beigefügte Hirtenbrief des Bischofs von Fulda verlesen und später in der Zeitung veröffentlicht. In dem Hirtenbrief nimmt der Bischof gegen Zeitungsartikel Stellung, die sich mit den Adventpredigten des Kardinals Faulhaber beschäftigen und tadelt ferner das Verhalten von Jugendlichen in der Stadt Fulda. Die Maßnahme des Bischofs ist darauf zurückzuführen, daß in dem Aushängekasten des Unterbannes der HJ die ''Fanfare'' mit dem bekannten Artikel gegen den Kardinal Faulhaber ''Herr Kardinal, wir wehren uns'' ausgehängt war. [...]

Die Bewegung und ihre Organisation

SA, SS, PO [...]

Über Ausschreitungen, die Angehörige der Partei, insbesondere der SA und SS, in letzter Zeit in vermehrtem Umfange gegen Juden verübt haben, habe ich jeweils besonders berichtet. In Eschwege hatte die SA-Standarte ''Sühnegelder'' von Juden eingezogen, die sich mißliebig gemacht hatten. Die verantwortlichen Führer sind auf Grund der Ermittlungen sofort ihrer Dienststellen enthoben worden. Die Ausschreitungen gegen die Juden in Korbach sind allem Anschein nach nur von der SS ausgegangen. Die Standarte hat Einschreiten zugesagt.

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