Bericht aus Karlsruhe
Am 14. April 1934 erstattet das Gestapa des Landes Baden in Karlsruhe folgenden Bericht:
Juden
Durch einen Zufall wurde durch die Gestapo Karlsruhe festgestellt, daß der berüchtigte jüdische Rechtsanwalt Dr. Friedberg größere Vermögenswerte nach der Schweiz zu verschieben beabsichtigte. Er wurde daraufhin per Funk in Garmisch-Partenkirchen auf Veranlassung der Geh. Staatspolizei verhaftet. Dr. Friedberg, besonders durch seine Logentätigkeit hervorgetreten, ist nach Staatsrat a.D. Marum zweifellos der gefährlichste jüdische Intellektuelle Badens und kann als der Organisator der bad[ischen] jüd[ischen] Odd-Fellow-Logen bezeichnet werden. Da der Verdacht nahelag, daß Friedberg evtl. das Vermögen der Odd-Fellow- und Bnai-Brith-Logen verschieben wollte, wurden zunächst in sämtlichen badischen Odd-Fellow-Logen Akten und Ritualgegenstände beschlagnahmt. Friedberg hat besonders nach Kriegsende mitgewirkt, Tausenden von polnischen Juden die Einbürgerung in Baden zu ermöglichen und dieselben kostenlos fürs erste vor den Behörden zu vertreten.
Der jüdische Rechtsanwalt Marum, Staatsrat a.D., hat sich im Lager Kislau erhängt, da er die Hoffnung aufzugeben schien, jemals wieder entlassen zu werden. In einem Schwermutsanfall hat er sich in den Nachtstunden in seiner Zelle erhängt. Mit Marum schied der berüchtigtste und gefährlichste badische Jude aus dem Leben, der in den ersten Nachkriegsjahren einen hervorragenden Anteil an der Mißregierung der Novemberlinge hatte.
Stimmung im Elsaß
Durch Vertrauensleute wurde beobachtet, daß die Bevölkerung insbesondere der Mittelstand und das Landvolk die geordneten Zustände in Deutschland anerkennen und sie auch für das Elsaß wünschen.
Agenten, die sich in den Wirtschaften als Emigranten ausgaben, wurden beschimpft und gemieden. Allgemein würden die Juden und Emigranten vom weitaus größten Teil der Bevölkerung abgelehnt.
Auch an eine nahe Kriegsgefahr zwischen Deutschland und Frankreich wird nicht geglaubt. Im Gegensatz hierzu übt sich der Marxismus in Straßburg in einem unersättlichen Haß gegen alles Deutsche. So kam es am 30.3.34 bei einem Fußballwettspiel der ''Spielvereinigung Fürth'' gegen eine Straßburger Mannschaft zu einer wüsten Anpöbelei der deutschen Spieler. Der Pöbel rief u.a.: ''Schaut wie die Mörder spielen'' und beantwortete den deutschen Gruß mit Gejohle und Pfeifen. Gleichzeitig wurden Flugschriften der KPD an die Zuschauer verkauft mit der Überschrift: ''Hitlers SA in Straßburg''. ''Die Mörder und Räuber des Pogromisten Julius Streicher - Die Spielvereinigung Fürth auf dem Racingstadion. Läßt sich die Straßburger Bevölkerung durch den Mördergruß ''Heil Hitler'' provozieren? usw.'' [...]
Einzelmeldungen [...]
Aus dem Zweigstellenbezirk Mannheim [...]
Bei der nahrungsmittelchemischen Firma Elka, welche in Händen von Saarbrücker Juden ist, wurde eine Durchsuchung und Beschlagnahme vorgenommen. Der mit der Betreuung des Unternehmens beauftragte Fritz Scheuer wurde unter dem Verdacht der Wirtschaftssabotage festgenommen. Der Jude Sigmund Salomon wurde angezeigt, weil er Druckschriften der in Baden verbotenen ''Vereinigung Ernster Bibelforscher'' einzuschmuggeln versucht hatte. [...]
Aus dem Zweigstellenbezirk Mosbach
In seiner Karfreitagspredigt trat der katholische Pfarrer Farrenkopf in Reicholzheim in auffälliger und ärgerniserregender Weise für die Juden ein, indem er erklärte, man müsse für diese beten. [...]
Aus dem Zweigstellenbezirk Bruchsal [...]
Der jüdische Kaufmann M. aus Bruchsal befand sich im Hinblick auf die durch sein sittenwidriges Verhalten verursachte Erregung der Bevölkerung vier Tage in Schutzhaft ; seinen Wohnsitz verlegte er sodann nach Mannheim. [...]
Aus dem Zweigstellenbezirk Karlsruhe [...]
Der jüdische Rechtsanwalt Friedberg wurde auf Ersuchen des Geheimen Staatspolizeiamts bei Garmisch in Oberbayern festgenommen. Er befindet sich bereits in Untersuchungshaft unter dem Verdacht der Devisenschiebung.