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Chronik und Quellen
1943
Dezember 1943

Gedicht über Schrecken der Deportation

Die Krankenschwester Thea Höchster dichtet im Winter 1943 über die Schrecken der Deportationen:

Transport!

Transport ein schrecklich traurig Wort
Schon Tage klingt es in uns fort.
Kalt weht die Schneeluft, Dezemberstürme jagen,
Alte Menschen, junge werdende Mütter sie klagen
Tempo, es gilt, keine Zeit zu verlieren
In Stunden müssen sie schon marschieren
Was stopft man schnell in den Rucksack ein
Wollene Sachen, Wäsche, Schuhe u. Toilettensachen fein
Alles ist zu wenig, alles ist zu viel,
Wenn man eiligst weiter will
Zwei Welten lebten hier im engsten Kreis,
Heut trennt man sie und keiner weiß
Ob besser man fährt auf altem oder neuem Gleis.
Sie tragen es ruhig die jungen Zschechen
Wer übrig bleibt muß zahlen die Zechen.
Die deutschen Juden werden sich mühen u. quälen,
Niemals verstehen die Rosinen aus dem Teig zu wählen.
Der irrsinnige Fleiß u. die betonte Pflicht,
hilft heut u. morgen nicht.
Noch immer hört man verkünden
Reserven müssen sich finden.
Transport ein schrecklich traurig Wort
Klingt in uns fort u. fort.
Allgütiger Herr u. Vater,
Sei unser Beschützer u. unser Berater.
So lernen die Menschen bitten u. beten,
Wie immer wenn Gefahr droht im Leben
Transport rollst Du nun endlich fort,
Noch unbekannt u. unbestimmt an welchen Ort.
Zurück kommen Menschen in Massen,
Leise voll Weh durch altbekannte Gassen.
Erfüllt von Abschiedsschmerz u. Hoffnungsschimmer
kehren die Ausgeschiedenen aufs alte Zimmer.
Durch frisch gefrorene Fenster,
sehen wir tausend Gespenster;
u. grutzeln darauf in einem fort,
Das traurige schreckliche Wort Transport
Einige Tage weiter, plaudert man wieder sehr heiter,
Macht Pläne u. neue Zukunftsmusik
Und wartet auf gut Glück
Das Lebensrad kann sich ganz schnell mal drehn -
Im neuen Jahre wird - will’s Gott - die Friedensfahne wehn
Denn Lebenskünstler sind doch all Ghettokinder,
Im heißen Sommer u. im kalten Winter
Wir lieben das Leben, den Freund und die Feinde Alle,
Heute, morgen u. in jedem Falle.
Wir passen in ein Zelt,
sind dennoch Menschen von Welt,
mit und auch ohne Geld.
Einmal ist doch der Krieg zu Ende,
dann rühren wir unsere gebundenen Hände
Geben dann nach Möglichkeit, was an Kräften uns noch bleibt.
Werden eine neue Heimat gründen
Alles, alles wird sich wiederfinden.

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