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Chronik und Quellen
1944
Mai 1944

Lage der Juden unter deutscher Herrschaft

Am 14. Mai 1944 berichtet der Hechaluz-Funktionär Nathan Schwalb dem War Refugee Board in Bern über die Lage der Juden unter deutscher Herrschaft und die Möglichkeiten, ihnen zu helfen:

Sehr geehrter Herr McClelland,

bezugnehmend auf unser erstes Gespräch und meine letztgeführte Unterredung mit Herrn Hamori sende ich Ihnen nachfolgend einen kurzen Bericht über die Lage der Juden und unsere Bewegung in den verschiedenen besetzten Gebieten, mit der Bezeichnung, was bisher in verschiedenen Hilfssektoren allgemein jüdisch und von uns aus geleistet wurde und was man, trotz allen Schwierigkeiten, noch machen könnte.

Unsere Bewegung „Hechaluz“ (Pionierbewegung) ist ein Bestandteil der allgemeinen zionistischen Weltbewegung und der jüdischen Gewerkschaftsorganisation in Palästina, sie ist die Bewegung der zionistischen Verwirklicher. Unsere Aufgabe ist seit Jahren, in allen jüdischen Zentren Europas, Amerikas usw. die jüdische Jugend zu organisieren, sie im zionistischen Geiste zu erziehen, sie zur Umschulung und Umschichtung zu bringen und ihre Einordnung bzw. ihre Einwanderung nach Palästina zu organisieren.

Vor dem Kriege zählte die Hechaluz-Bewegung über hunderttausend organisierter Jugendlicher. Während des Krieges hat unsere Organisation dem Feinde unter allen Bedingungen bis heute standgehalten, trotz aller Schwierigkeiten ihre erzieherische, organisatorische und soziale Arbeit unter den tragischsten Umständen weitergeführt. Sie diente nicht nur sich selbst, sondern sie bahnte der jüdischen Allgemeinheit in den schwersten Stunden in Polen, Rumänien, Deutschland usw. usw. während Deportationen und allseitiger Vernichtung den Weg zur Rettung und Hilfe, sie ermutigte Tausende in den Ghetti und in den isolierten Lagern, sie gab ihnen den möglichen moralischen und physischen Schutz; sie organisierte fast in allen besetzten Gebieten den „Jüdischen Selbstschutz“ (Warschau, Tschenstochau, Schlesien, Slowakei, Ungarn usw.), sie steht auch in Verbindung mit den Partisanen in einigen Teilen Europas, inwieweit die Partisanen mit unseren Freunden zusammen [zu] arbeiten gewillt sind.

Unsere Zentrale ist während des ganzen Krieges bemüht, mit unseren Zentralen in allen Ländern sowie mit allen jüdischen Gemeinden den Kontakt mit allen und unter allen Umständen zu pflegen, ihnen unsere Hilfe sowie die der anderen zionistischen] und jüd. Organisationen zukommen zu lassen.

Und jetzt kurz über die heutige Lage in den jüd. Zentren und über die noch mögliche Hilfe und ihre Wege:

Polen:

A.) Galizien: Nach der Deportation von Hunderttausenden in das Vernichtungslager Belzyce sind nur wenige Tausende Juden, zerstreut in einigen Städten (Lemberg, Reichshof, Rawa-Ruska, Tarnopol, Kolomea usw.) und Dörfern, geblieben. Laut den letzten Nachrichten gelang es einigen Tausenden, meist Jugendlichen, sich im Gebirge zu verstecken. Während des letzten halben Jahres sind ca. 2000 Juden nach Rumänien und einige Hundert nach Ungarn gerettet worden. Die einzige effektive Hilfe ist: a) die Fortsetzung der Rettungsaktion nach den zwei genannten Gebieten, 500.- Sfr. pro Kopf,

b) tägliche Hilfe: dringende Unterstützung für die Versteckten in den Dörfern und im Gebirge durch Sonderboten aus Ungarn und der Slowakei, c) Anschluß an die Partisanen und dies mit ihren Führern zu regeln.

B.) Generalgouvernement: Die genaue Anzahl der vorhandenen poln. Juden und dorthin Deportierten ist unbekannt. Trotz der Vernichtung des Ghettolebens in Warschau gibt es dort noch Tausende versteckter Juden bei Christen. Dort wirkt auch die illegale jüd. Bewegung im Namen des Jüdischen Nationalrates mit der allgemeinen illegalen Aufstandsbewegung kooperierend. Hunderte jüdische Jugendliche, besonders Chaluzim, sind bei den poln. Partisanen. Die jüd. illegale Bewegung unterbringt und versteckt die noch am Leben Gebliebenen, sie bahnt auch Rettungswege nach Ungarn und der Slowakei, direkt und indirekt, sie bemüht sich auch allseitig, den Leuten in den Lagern (meist bei Lublin) zu helfen, sie von dort zu retten. Sie pflegt die Verbindung mit den noch vorhandenen jüd. Zentren.

Bisher wurden Lebensmittel- und Medikamenten-Sendungen (kollektive und individuelle), inwieweit Einfuhrbewilligungen vorhanden waren, durchgeführt. Seit den letzten Monaten kann man nur individuelle Liebesgaben an christliche Deckadressen versenden. Diese werden in Ordnung bestätigt. Von der heutigen Lage aus gesehen sind für Polen dringend Mittel für:

1. Versteckungsaktion (Dokumente und Ernährung),

2. Unterstützung an die noch in den Ghetti und den Lagern Lebenden durch besondere Boten aus der Slowakei und Ungarn. Besonders muss man allernächstens die Lager in Tschenstochau (2), Bochnia, Opole, Lubartow, Majdan, Poniatowa u. a. in Betracht ziehen,

3. den Letzteren Lebensmittel und Medikamente direkt über das I. R. K. an die jüdische Unterstützungsstelle, Krakau, sowie aus Ungarn und aus der Slowakei zukommen lassen,

4. Kontakt mit den Lagern und Befreiung verschiedener Leute der Möglichkeit nach mit Hilfe besonderer Boten

5. Entsendung der Leute nach Ungarn und in die Slowakei - 1000 Sfr. pro Kopf. (Bisher wurden in ähnlicher Weise über 5000 nach Ungarn und über 3000 nach der Slowakei gebracht.)

6. Kinderauskauf.

7. Mittel für den Selbstschutz und Informationen,

8. Südamerikanische Dokumente und Zertifikate. notwendig.

C.) Ostoberschlesien: Seit August 1943 wurden fast alle Juden aus Zaglembie teilweise deportiert und in den meisten Fällen in Vernichtungslager (Auschwitz und Belzyce) geführt. Vor der Aussiedlungsaktion konnten sich noch einige Hundert mit südamerikanischen Dokumenten retten. Sie befinden [sich] in den Internierungs-Lagern: Liebenau, Tittmoning und Vittel. Während und nach der Deportation haben sich Hunderte jüd. Jugendliche, meist Chaluzim, zum „jüdischen Selbstschutz“ organisiert. Dies besonders in Sosnowitz und in Bendsburg. Sie litten unter dem Mangel an Waffen, die meisten unterlagen im Kampf, und ein Teil wurde füsiliert. Die Hilfe der poln. Partisanen war hier eine minimale. Kleine Gruppen halten sich noch in Gebirgsgegenden. Mit ihrer Hilfe und mit der Hilfe [von] aus Ungarn und der Slowakei entsandten Wegweisern haben sich von O/S und aus Bochnia bisher über 5000 Menschen nach Ungarn direkt oder über die Slowakei gerettet. Von den 100 000 Juden in Ost-O/S sind nur noch Hunderte bei ihren christlichen Freunden unter den schlimmsten Bedingungen versteckt und eine Anzahl befindet sich in Arbeitslagern Kamionka (Bendsburg), in der Schneidersammelwerkstatt sowie in der Sammelwerkstatt von Sosnowitz und im Arbeitslager Neusalz. Außer diesen Lagern sind in O/S-Arbeitslagern die deportierten Juden aus dem Reich, Protektorat, Holland, Belgien, z. T. auch aus Frankreich und der Slowakei in: Birkenau, Myslowitz, Jawischowitz, Monowitz usw. Vor den Deportationen wurden den in Schlesien Lebenden (in den Städten) Unterstützung, Lebensmittel- und Kleiderpakete aus Portugal gesandt. Außerdem auch südamerikanische Dokumente. Denen in den Arbeitslagern - Liebesgaben. Heute kann man:

a.) Die Versteckten und die in den Werkstätten nach Ungarn und Slowakei direkt und indirekt retten. Pro Kopf 800-1.000 Sfr.

b.) Den Versteckten auf den christlichen Adressen größere Lebensmittelpakete zukommen lassen, was auch den Versteckenden zunutze kommt.

c.) Den „Selbstschutz“-Mitgliedern, die im Gebirge leben, durch Boten Unterstützung und Mittel für Waffen senden.

d.) Den in den Arbeitslagern für Deportierte Unterstützungen und Liebesgaben durch besondere Boten zuschicken.

e.) den Schlesiern in den Lagern, die nicht flüchten können: Dokumente und Zertifikate.

D.) Litzmannstadt: Nach vielmaligen Deportationen der einheimischen und „importierten“ Juden sind heute in Litzmannstadt nicht mehr als 90 000 Juden (laut letztem Bericht vom April 1944), die fast hermetisch von der Welt abgeschlossen sind. In L. sind viele dem Hungertod zum Opfer gefallen. Vor einigen Wochen wurde dort ein allgemeiner Streik im Ghetto, der viele Opfer forderte, durchgeführt. Nur durch wenige Boten ist eine Hilfe zu leisten möglich:

a.) mit Unterstützungen,
b.) Medikamente,
c.) mit südamerikanischen Dokumenten und Zertifikaten.

Dasselbe gilt für die noch vorhandenen Juden in einigen Orten des Warthegaus: Petri-kau, Waldhorst, Sdunska-Wola, Kalisch.

E.) Slowakei: Bis März 1942 waren über 80 000 Juden dort. Nach den Deportationen teilweise nach Polen, teilweise nach Ost-O/S (die von Zeit zu Zeit schreiben und Pakete bestätigen können) sind 18 000 Juden geblieben. Von diesen über 4000 (einzelne und Familien) in Arbeitslagern, die auf die Auslandsunterstützung ständig angewiesen sind. Bisher benötigte man für diese Sfr. 50 000.- monatlich. Außerdem Medikamente und Lebensmittel für die in den Städten Wohnenden. Auch von hier wurden einige hundert Juden nach Ungarn gerettet (während der Deportation), die z. T., besonders jugendliche Chaluzim, nach Palästina via Ungarn auswanderten. Die allgemeine jüd. Lage ist in der Slowakei keine stabile, abhängig von der antisemitischen Propaganda. Hier ist eine dringende Hilfe nötig:

a.) Unterstützung für die Gemeinden und Arbeitslager - 75 000 Sfr. pro Monat.

b.) Medikamente- und Lebensmittelsendungen via I. R. K. (Kondenzlich, Kakao usw.).

c.) Rettungsarbeit als Transitland für die Flüchtenden aus Polen und jetzt auch als Zufluchtsstätte für die ungar. Juden. - Pro Kopf Sfr. 500.-.

d.) Unterstützung für die sich dort aufhaltenden Flüchtlinge,

e.) Mittel für den dortigen Selbstschutz und Versteckaktion,

f.) Mittel für die Deportierten in Polen via slowak. Sonderboten.

F.) Protektorat: In Theresienstadt: ca. 60 000 Juden als Deportierte aus dem Reich, Österreich, Protektorat und aus der Slowakei. Es befinden sich dort auch Juden aus Holland. Hilfe: a.) auf direktem Weg durch das I. R. K. oder aus Portugal: Medikamente, Kleider und Lebensmittel als Kollektivsendungen,

b.) Paketesendungen an einzelne laut vorhandenen Adressen. Alle Pakete wurden bisher bestätigt und die Deportierten schreiben auch von Zeit zu Zeit,

c.) indirekte Hilfe mit Boten aus der Slowakei, nämlich: Unterstützungen für die inneren Zwecke des Ghettos, auch für die Zollgebühren der ankommenden Sendungen.

G.) Deutschland: In Berlin sind noch über 2000 versteckte Juden. Im ganzen Reich befinden sich über 20 000 sogenannte „Geltungsjuden“, die einigermaßen arbeiten unter minimalem Lohn und sind aus verständlichen Gründen unterernährt. Die Versteckten sind auf die Gnade angewiesen (Berlin, Breslau, Wien usw.). Außerdem existieren einige kleine Jugend-Landgruppen, mit welchen wir in ständigem Kontakt sind (Neuendorf, Jakobsdorf, Gut Neumühle und Berlin selbst). Für sie:

a.) Lebensmittelpakete, die in Ordnung ankommen,
b.) Geldüberweisungen für das tägliche Leben im Versteck,
c.) Hilfe zur Flucht,
d.) Dokumente und Zertifikate (die hier nur in einigen Ausnahmefällen helfen.)

H.) Kroatien: Fast das ganze hiesige Judentum wurde auf die bestialischste Art ausgerottet. Es befinden sich noch einige Hundert in den Lagern und in Altersheimen (Zagreb). Vor einigen Monaten konnten wir über 60 Jugendliche und Kinder mit der Hilfe unserer ungar. Freunde von K. retten. Hier ist dringend nötig:

a.) ein Monatsbudget für die Zagreber Gemeinde,

b.) Mittel zur Rettung Jugendlicher nach Ungarn, Palästina.

Eine beträchtliche Anzahl jüd. Jugendlicher hat sich den Partisanengruppen, besonders bei Sabac und Lubliana, angeschlossen.

I.) Ungarn: Die Lage der ungarischen Juden an sich war bis Ende März - im Vergleich mit der in den anderen Ländern - ziemlich gut. Heute ist eine absolute Verschlechterung eingetreten. Über 200 000 Juden aus den ärmsten Schichten aus Karpathorussfland] und Marmarosch wurden in die nördlichen Bezirksstädte konzentriert und solche Konzentrationen werden im ganzen Lande durchgeführt, speziell in die industriellen Viertel, die den Bombardements ausgesetzt sind. Ungarn gilt seit einem Jahr als Zu-fluchts- und Transitstätte. Während des letzten Halbjahres sind dort über 5000 Flüchtlinge aus Polen, O/S, Slowakei und Kroatien ganz mittellos angekommen. Über 400, meist Jugendliche, konnten in der Zwischenzeit, inwieweit die Aus- und Durchreise vorhanden war, nach Palästina auswandern. Die restlichen verblieben mangels des Durchreisevisums. Außerdem gilt Ungarn als größtes Zentrum, aus welchem wir indirekte Hilfe nach Polen, O/S und dem Protektorat entsenden können. Noch vor der Besetzung bereiteten sich unsere Freunde auf das Schlimmste vor, nämlich: Selbstschutz, Verstecke, Flucht usw. Heute ist dem letzten jüd. Rest folgende dringende Hilfe nötig:

a.) Mittel für Verstecke,
b.) Mittel für Flucht nach Rumänien und Slowakei (laut dem letzten Bericht gehen diese Wege Hunderte seit der Besetzung),
c.) Geldmittel für Rettung und Befreiung der poln. und O/S Juden via Sonderboten,
d.) Mittel für die dort existierenden landwirtschaftlichen und handwerklichen Jugendgruppen und Umschichtungszentren,
e.) Mittel für Interventionen und Ausbau der Beziehungen,
f.) Mittel für die jetzt geschaffenen Konzentrationslager und Internierte,
g.) Mittel usw. für den Selbstschutz,
h.) Mittel für die Lebensunterhaltskosten der sich in Ungarn befindlichen Juden aus Polen usw.,
i.) Dokumente und Zertifikate,
k.) im Falle von Vernichtung und Deportationen außerhalb der ungar. Grenzen eine Drohungserldärung seitens der Alliierten mit Gegenmaßnahmen,
l.) Verhandlungen und Forderungen bezüglich Auswanderung nach Palästina und überhaupt.

K.) Rumänien: Es ist zu unterscheiden zwischen Juden im Regat, Bessarabien, Bukowina und Transsylvanien und zwischen deportierten rumänischen Juden in Transnistrien. In Rumänien selbst sind die Juden sehr verarmt, nach Konfiskation ihres Vermögens, Existenzmöglichkeiten und nachdem alle Männer in den Arbeitslagern dienen und für ihren dortigen Unterhalt hohe Preise noch zuzahlen müssen. Von den nach Transnistrien Deportierten (170.000 Juden) leben dort noch ca. 70 ooo. Die bisherige Inlands- und Auslandsunterstützung hat den Deportierten nur in kleinem Maße geholfen. Die meisten sind auch hier dem Hungertode erlegen. Seit Monaten ist es einigen Tausenden aus Transnistrien gelungen, in das Regat zu flüchten und teilweise mit den letzten Schiffen nach Palästina zu kommen. Diese Bemühungen gehen via Istanbul weiter vor sich. In Czernowitz sind über 12 000 Juden durch die Russen gerettet worden. Dringende Hilfe:

a.) Unterstützung für die Arbeitslagerinsassen, da sie ohne Existenzmöglichkeit sind und trotz ihrer Arbeit für ihre „Pension“ bezahlen müssen; Hilfe für ihre Familien,

b.) Medikamente und Lebensmittel für die einheimische jüd. Bevölkerung und für die aus Transnistrien Geflüchteten,
c.) Weitere „Heimschaffung“ aus Transnistrien,
d.) Mittel für die poln. Flüchtlinge in Bukarest und in den besonderen Lagern (nach Rum[änien] haben sich über 2000 Juden aus Galizien während des letzten Jahres unter den schwersten Umständen gerettet),
e.) Mittel für die landwirtschaftlichen und Umschulungsbetriebe,
f.) Hilfe für den dort existierenden Selbstschutz vor zukünftigen Pogromen,
g.) Mittel zur Auswanderung und für Dokumente,

L.) Belgien: Nach der Deportation sind ca. 15000 Juden geblieben. Die meisten sind bei Christen und in Klöstern versteckt (besonders Jugendliche). Außerdem leben einige Hundert noch frei, speziell in Brüssel. In 4 Waisenhäusern bei Brüssel leben über 400 Jugendliche, unter ihnen meist Chaluzim. Es wurden von hier aus einige Anstrengungen zur Rettung über Frankreich nach Spanien und hierher unternommen. Hilfsmöglichkeiten:

a.) Verpflegung der Versteckten durch Unterstützung und Paketsendungen,
b.) Unterstützung an den Judenrat für die genannten Waisenhäuser und für die Lagerinsassen ( vor Deportation) in Mechelin,
c.) Unterstützung für den dort existierenden Selbstschutz (Störungen im Abtransport der Züge mit den zur Deportation Verurteilten),
d.) Mittel für die Rettungsaktion (Flucht),

e.) südamerikanische Dokumente und Austauschzertifikate.

M.) Holland: Außer den deportierten jüd. holl. Massen nach Polen usw. befinden sich heutzutage nur noch 4000 Juden in Westerbork und einige Tausend versteckt in den Städten und Dörfern. In der letzten Zeit ist es einer größeren Anzahl von Juden, die Austauschzertifikate für Palästina und andere Dokumente besaßen, gelungen, in das Lager Celle bei Hannover zu kommen. Von dort sind nur ganz spärliche Nachrichten eingetroffen. Sie leiden Hunger und unter der schlechten allgemeinen Behandlung. Hilfe:

a.) an die Versteckten via Sonderboten sowie nach Westerbork,
b.) Mittel für Rettung via Frankreich,
c.) Dokumente und Zertifikate,
d.) Intervention wegen Celle.

N.) Frankreich: Laut einem letzten Bericht unserer Freunde befinden sich heute nach der Deportation in Frankreich 150 000 Juden, davon über 40 000 in Paris. Die meisten müssen zerstreut im Versteck leben, was mit großen Mitteln und Organisationsschwierigkeiten verbunden ist. In der letzten Zeit gelang es einigen Hundert Jugendlichen, sich nach Spanien zu retten. Es existiert hier über ein Jahr ein jüd. Selbstschutz, der einige Beziehungen mit der illeg[alen] franz. Bewegung pflegt. Sie könnte aber seitens der franz. Bew[egung] mehr unterstützt werden. - Hilfe:

a.) Mittel für die Versteckten,
b.) Mittel für Rettung und Weiterwanderung,
c.) Mittel für Selbstschutz und Ausbau der Beziehungen mit der allgemeinen illeg[alen] Bewegung,
d.) Mittel für die Familien der Geiseln und besonders der schon Füsilierten,
e.) Mittel für die Kinderheime und Waisenhäuser (inwieweit sie noch existieren können.)

O.) Italien: Nur einige Tausend sind in verschiedenen Städten und Dörfern mit der Hilfe der Kirche zerstreut untergebracht, Familien in Klöstern. Hunderte irren im Gebirge [umher], besonders in den Provinzen Modena, Cuneo und Firenze. Die Letzteren konnten sich mangels Mittel nicht retten. Letztens kamen direkte Nachrichten aus Rom usw. Neben dieser kurzen Beschreibung über die Situation in den einzelnen Ländern und die zu benötigende Hilfe an diese gestatten wir uns, Ihnen in der Beilage die unten aufgeführten Tatsachenberichte beizufügen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Beilagen:

Tatsachenbericht aus Warschau

Tatsachenbericht eines aus der Slowakei deportierten und zurückgekehrten Juden Tatsachenbericht eines Juden aus Lodz Tatsachenbericht über Bendsburg, Sosnowitz, Schrodel Über die Lage der Juden in der Slowakei

Unser Bericht über die Umschichtungstätigkeit der Hechaluzzentralen für die Jewish Agency, Jerusalem vom Jahre 1941

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