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Chronik und Quellen
1937
Dezember 1937

Bericht der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung

Am 7. Dezember berichtet die Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung an das Auswärtige Amt, dass seit 1933 etwa 120.000 Juden aus Deutschland ausgewandert seien, davon jeweils 40.000 nach Palästina und nach Übersee.

Die in den ersten Jahren unter Berücksichtigung der damaligen Devisenlage noch verhältnismäßig großzügig zugelassene Mitnahme von Waren und die ursprünglich unbeschränkte Mitnahme von ausländischen Wertpapieren soweit sie Altbesitz waren, sowie die Zuteilung von Bardevisen ist inzwischen fast völlig unterbunden worden.

Im Gesamtdurchschnitt entfielen auf jeden Auswanderer nicht viel mehr als 3.000 RM Devisen. Die Bereitstellung von Devisen ist im Laufe der Zeit immer stärker eingeschränkt worden und seit einiger Zeit so gut wie völlig ausgeschlossen. Die Verfügung über Grundstücke oder Rechte aus Grundstücken war bis zum Erscheinen der zehnten Durchführungsverordnung genehmigungsfrei möglich. Der Grundstücksverkehr kann wegen der aufgetretenen Mißstände jetzt nur noch in ganz beschränktem Maße der Auswanderung nutzbar gemacht werden.

Insgesamt zeige sich, daß die Judenauswanderung in dem erwünschten Maße mit den geschilderten Möglichkeiten nicht mehr bewerkstelligt werden kann.

Es werden weitere Einzelheiten erwähnt, aus denen hervorgeht, daß die deutsche Politik zu einer äußerst schnell voranschreitenden Verarmung der jüdischen Gemeinden führt, die daher sehr bald nicht mehr in der Lage sein werden, vermögens- und arbeitslose Juden zu unterstützen. Daher müsse damit gerechnet werden, daß sich in verhältnismäßig kurzer Zeit der Anteil der Juden wesentlich vergrößern wird, die der Wohlfahrt zur Last fallen und für die es praktisch kaum eine Auswanderungsmöglichkeit geben wird.

Die vom Hilfsverein der Juden in Deutschland gezahlten Unterstützungen für Ausreisen u.a. seien von 1932 bis 1936 um das 18fache gestiegen. Es müsse erreicht werden, daß unter Anwendung des Haavara-Verfahrens eine günstigere Verteilung auf ärmere Judenschichten und eine jährliche Einwanderung von 20.000 bis 25.000 Juden nach Palästina erfolgt. Zur Zeit steht die Beschränkung der Zertifikate durch die englische Mandatsregierung diesem entgegen. Am 4. November 1937 hat aber der englische Kolonialminister Ormsby-Gore erklärt, daß es sich bei dieser Beschränkung nur um eine rein zeitweilige Maßnahme (bis März 1938) handelt. Ein zukünftiger Judenstaat würde die Einwanderung von Juden nach seinem eigenen Willen gestalten können.

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