Verbrechen an Juden und Polen im Warthegau
Mitte Mai 1943 fasst ein SD-Informant aus dem Warthegau die Ansichten von Wehrmachtssoldaten über die Verbrechen an Polen und Juden zusammen:
Betrifft: Stimmungsbericht eines Volksdeutschen Vormannes, der sich seit längerer Zeit bei der Wehrmacht in einer Kaserne im Altreich befindet
Die Stimmung der Soldaten in den einzelnen Kasernen, insbesondere um Berlin, nimmt in letzter Zeit einen ausgesprochenen negativen Charakter an. Ich habe während meiner Soldatenzeit gerade als Volksdeutscher hierüber mir schon meine eigenen Gedanken gemacht. Ich hätte nicht erwartet, daß es in dem Maße unzufriedene Menschen insbesondere auch unter den Soldaten gibt. Zu der allgemeinen Kriegslage hört man in letzter Zeit sehr oft die Meinung vertreten, daß Deutschland wohl kaum in der Lage sein wird, weil es von allen Seiten umkreist ist, den Krieg siegreich zu beenden. Es wurde hier viel Propaganda gemacht, daß in Rußland der Bolschewismus das Volk knechtet, und man zeigte uns nur die schlechten Seiten. Als die Soldaten länger drüben in Rußland waren und sich an das Volk gewöhnt hatten, erzählte die russische Bevölkerung, daß es gar nicht so schlimm sei. Sie hätten immer noch genügend zu essen. Sie wären von den Russen freundlich empfangen worden. Man hätte sie mit Essen versorgt usw. Allem Anschein nach wäre die russische Bevölkerung auch mit dem Bolschewismus zufrieden. Ganz besonders wurde betont, daß sie immer genügend zu essen gehabt hätten. Die Kinder in der Schule lernen Deutsch, ja sie schauen angeblich intelligenter aus als unsere deutschen Kinder. Die Soldaten sagen, es stimmt alles nicht, was uns die deutsche Propaganda über das Leben in Rußland berichtet. In vielen Sachen wäre es bei uns nämlich nicht besser; denn man zieht einen Vergleich zwischen GPU und SS-Sicherheitsdienst. Hier darf ja auch niemand offen seine Meinung sagen, sonst wird er gleich von der SS eingesperrt oder kommt ins KZ. Wenn man die Elendshütten in Rußland sieht, äußert man sich, daß die untere deutsche Bevölkerungsschicht ja ähnliche Hütten bewohnt. Und die russischen Kommissare wohnen dagegen in guten Häusern und Palästen. Und so ist es ja auch in Deutschland. Die Führer und Bonzen wohnen ja auch in Palästen und großen Villen. Die sehen ganz anders aus als wir. Sie haben bestimmt ihre Butter und Wurst, schau nur Göring und Ley an usw. Man macht soviel Lärm über den Fall Katyn. Aber was haben wir uns in Polen geleistet. Die SS soll sogar Kinder erschossen haben, ohne mit der Wimper zu zucken. Wieviel Polen hätten wir erschossen und was möchte die Welt sagen, wenn wir die Massengräber der Juden öffneten. Das wird sich alles noch einmal im Leben unseres Volkes rächen. Wir sind viel zu klein dazu, um eine Großmacht wie Rußland zu vernichten. Der Krieg dauert schon zu lange. Wir haben keine Reserven mehr, und die Zahl der Feinde ist zu groß. Viele Hunde sind des Hasen tot. Alle Länder, die wir besetzen, wie z. B. Holland, Dänemark, Norwegen usw., die alles in Fülle hatten, sind empört, daß wir eindringen und sie unterjochen. „Wir werden von allen Seiten umkreist“, äußert man, und man gibt sich keinen rosigen Hoffnungen hin, auf ein siegreiches Ende. Aussprüche wie „der Blitzkrieg von mindestens 7 Jahren“, „Vorwärts Kameraden, es geht zurück“, „Keiner hat mehr Lust, Soldat zu sein“ sind an der Tagesordnung. Man zieht immer Vergleiche zwischen 1914 und 1918. Man denkt, im vierten Kriegsjahr muß es genauso enden, und man ist ungehalten darüber, daß nichts von einem Kriegsende zu sehen ist. Besser ein Ende mit Schrecken als gar kein Ende, hört man immer wieder sagen. Alle Deutschen werden unsere Gegner ja doch nicht aufhängen.
Was ist Vorsicht? Aus der Partei austreten!
Die große Lüge: Es ist so schön, Soldat zu sein.
Die deutsche Presse verkündet, daß 100 Flugzeuge abgeschossen wären in einem Luftangriff. Wieviel waren es in Wirklichkeit? Erst schreit man „totaler Krieg“ und dann wundert man sich, wenn die Engländer mit Tausenden von Flugzeugen kommen und alles kaputthauen.
Jetzt haben wir den totalen Krieg.