Erklärung des Central-Verein
Am 31. März 1933 veröffentlicht das Gemeindeblatt der Synagogengemeinde Köln folgende Erklärung des CV:
Vorbemerkung: Nachstehend bringen wir die Erklärung des Centralvereins zu den Greuelnachrichten der ausländischen Presse in der unverkürzten Form, wie sie dem offiziellen Nachrichtenbüro übergeben worden ist. Wie ersichtlich ist, hat die Tagespresse den für die innerdeutsche Stellung der Juden wichtigen Schlußabsatz mit seiner Rechtsverwahrung weggelassen.
Der Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, der die größte Organisation der 565.000 deutschen Juden ist und der auf vaterländischem Boden steht, erklärt zu den Vorgängen der letzten Tage folgendes:
Nach Mitteilungen deutscher Blätter werden von verschiedenen ausländischen Zeitungen Meldungen verbreitet, etwa, daß regelmäßig verstümmelte Judenleichen vor dem Eingang des jüdischen Friedhofes Berlin-Weißensee lägen, daß jüdische Mädchen auf öffentlichen Plätzen gewaltsam zusammengetrieben worden seien, daß hunderte deutscher Juden in Genf einträfen, von denen neun Zehntel, darunter zahlreiche Kinder, schwer mißhandelt seien. Alle derartigen Behauptungen sind frei erfunden. Der Centralverein stellt mit allem Nachdruck fest, daß das deutsche Judentum für solche unverantwortlichen Entstellungen, die aufs schwerste zu verurteilen sind, nicht verantwortlich gemacht werden kann.
Das deutsche Volk befindet sich seit Wochen in einem politischen Umschwung gewaltigen Ausmaßes. Hierbei ist es zu politischen Racheakten und Ausschreitungen auch gegen Juden gekommen. Die Reichsregierung wie die Länderregierungen haben sich mit Erfolg bemüht, möglichst schnell Ruhe und Ordnung wieder herzustellen. Der Befehl des Reichskanzlers, Einzelaktionen zu unterlassen, hat seine Wirkung getan.
Gewiß erfüllen uns gerade in letzter Zeit deutlich erkennbare antisemitische Zielsetzungen auf den verschiedensten Wirtschafts- und Lebensgebieten mit schwerer Sorge. Ihre Bekämpfung sieht der Centralverein nach wie vor als eine innerdeutsche Angelegenheit an. Wir sind überzeugt, daß die Gleichberechtigung der deutschen Juden, die sie sich in Krieg und Frieden durch Hergabe von Blut und Gut auch innerlich verdient haben, nicht wieder aufgehoben wird, und daß sie wie bisher, unlösbar verbunden mit dem deutschen Vaterlande, mit allen anderen Deutschen guten Willens am Aufstieg des Vaterlandes werden mitarbeiten können.