März 1945
Die westalliierten Truppen drangen im Norden wie im Süden weiter vor. So wurden am 3. März sowohl Xanten von kanadischen und Trier von US-amerikanischen Truppen besetzt. Zwei Tage später war - mit Ausnahme eines deutschen Brückenkopfes bei Wesel - das gesamte linksrheinische Reichsgebiet befreit worden. Der Brückenkopf wurde von der Wehrmacht schließlich am 10. März aufgegeben.
Am 6. März war zwar das linksrheinische Köln befreit worden, doch hatten deutsche Pioniere dort nur zwei Stunden zuvor die letzte nutzbare Rheinbrücke gesprengt. Umso wichtiger war es, dass es amerikanischen Einheiten am 7. März gelang, bei Remagen eine unzerstörte Eisenbahnbrücke über den Rhein in Besitz zu nehmen, um umgehend auf dem Ostufer einen Brückenkopf einzurichten.
Es ging Schlag auf Schlag weiter: Koblenz wurde am 17. Marz erobert, fünf Tage später stieß die US-Armee bei Oppenheim über den Rhein und dann auf Frankfurt und Darmstadt vor. Am 25. wurden Worms und Ludwigshafen, am 26. Darmstadt, vier Tage darauf Frankfurt, Wiesbaden und Mannheim wurden am 29. März besetzt.
Am 23. und 24. überquerten alliierte Truppen ebenfalls den Rhein bei Wesel und richteten am Ostufer mehrere Brückenköpfe ein, um dann zum einen ins Emsland, zum anderen Richtung Lippstadt vorzurücken, um so das Ruhrgebiet einzukesseln. Dabei erfuhren sie große Hilfe aus der Luft, denn am 24. März setzten britische und US-amerikanische Luftlandeeinheiten im Raum nördlich der Lippe mit etwa 1.670 Transportflugzeugen und rund 1.320 Lastenseglern starke Fallschirmjägerverbände ab.
Am 15. März trat die Rote Armee im Raum von Ratibor in Oberschlesien, einen Tag später in Ungarn zu einer Offensive gegen die Wehrmacht an. Am 18. März wurde die symbolträchtige Stadt Kolberg an der pommerschen Ostseeküste, die namensgebend für einen aufwändig produzierten Durchhaltefilm gewesen war, von sowjetischen Truppen erobert. Zuvor war es deutschen Marineeinheiten gelungen, rund 68.000 Bewohner der Stadt und über 5.000 Soldaten auf dem Seeweg zu evakuieren. Am 25. März verließ dann das deutsche Passagierschiff „Ubena“ mit mehr als 4.000 Menschen an Bord als letztes deutsches Schiff den Danziger Hafen. Drei Tage später wurde Gotenhafen (Gdingen), am 30. März dann Danzig von sowjetischen Truppen erobert.
Die Flächenbombardements der alliierten Luftstreitkräfte wurden unvermindert fortgesetzt, wobei sie aufgrund gänzlich fehlender deutscher Flugabwehr mehr und mehr am Tage stattfanden. So flogen am 2. März rund 400 US-Bomber erneut einen schweren Luftangriff auf das fast vollständig zerstörte Dresden. Auch das ebenfalls komplett in Trümmern liegende Köln erlebte an diesem Tag den vielleicht schwersten Angriff des gesamten Krieges. Obwohl – oder eher wohl: gerade weil – das Ende des Krieges näher rückte, ging das Bomben in extremem Maße weiter. Am 4. war Ulm das Ziel, am 5./6. wurde Chemnitz zu 60 Prozent zerstört, zwei Tag später Dessau. Am 11. März war zum wiederholten Male Essen betroffen, auf das 1.055 Flugzeuge rund 4.700 Tonnen an Bomben abwarfen. Einen Tag später folgte Dortmund mit etwa 1100 Flugzeuge und mehr als 4.800 Tonnen Sprengstoff. Bei einem Angriff auf Eisenbahnanlagen in der Nähe von Bielefeld wurden am 14. März erstmals „Grand Slam“ genannte Bomben mit einem Gewicht von jeweils 10 Tonnen eingesetzt. Auch in der zweiten Monatshälfte ging es in solchem Ausmaß weiter: Zossen bei Berlin (15.), Nürnberg und Würzburg (16./17.), Hamburg (20.) sowie Hannover, Osnabrück und Münster (25.) hießen die Ziele. Berlin war am 18. und 24. März gleich zweimal betroffen, wobei allein beim ersten Angriff rund 4.000 Tonnen an Bomben auf die Stadt fielen.
Das NS-Regime schlug sozusagen in letzten Zuckungen wild um sich. Auf Befehl Hitlers wurde am 8. März allen Familien Sippenhaft für den Fall angedroht, dass sich familienangehörige Soldaten freiwillig dem Fein ergeben würden, ohne bis zum Äußersten gekämpft zu haben oder verwundet worden zu sein. Am 19. März folgte dann sein berüchtigter „Nero“-Befehl, wonach sämtliche Industrie- und Versorgungseinrichtungen im Reichsgebiet bei Heranrücken gegnerischer Kräfte zu zerstören waren. In diesem Zusammenhang war sogar geplant, Städte komplett zu evakuieren, um sie anschließend in Brand zu setzen. Die Alliierten sollen bei ihrem Vormarsch nur noch verbrannte Erde vorfinden. Hieran hielt sich aber kaum noch jemand. Viel zu zerstören hätte es aber ohnehin nicht mehr gegeben, denn einen Tag zuvor hatte Albert Speer als Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion den Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft innerhalb der nächsten Wochen angekündigt.
Das hinderte fanatisierte NS-Anhänger jedoch nicht an letzten Brutalitäten. Am 25. März wurde Franz Oppenhoff, der von den Amerikanern im seit Oktober 1944 besetzten Aachen als Oberbürgermeister eingesetzt worden war, von einem „Werwolf“-Kommando erschossen. Der akribisch geplante Anschlag galt als von Heinrich Himmler initiierter Racheakt.
Am gleichen Tag erließ der Befehlshaber der britisch-kanadischen 21. Heeresgruppe, Feldmarschall Montgomery, für die ihm unterstellten Truppen ein Fraternisierungsverbot mit der deutschen Bevölkerung. Da nicht abzuschätzen war, wer wie reagierte, erschien es ratsam, auf Distanz zu gehen. Und außerdem kam man als Sieger und Feind, nicht als Freund.