Bericht aus Detmold
Am 17. Juli 1942 berichtet die SD Außenstelle Detmold zum Thema „Kennzeichnung der Juden mit dem gelben Judenstern“:
Wie schon im obigen [nicht überlieferten] Schreiben erwähnt, wird von der Bevölkerung durchaus kein Verständnis dafür aufgebracht, daß Juden die in einer Ehegemeinschaft mit einem Arier leben, gesetzlich nicht verpflichtet sind, den Davidstern zu tragen. Daß das Gesetz diese Juden ausnimmt, ist den meisten Volksgenossen bezw. Parteigenossen überhaupt nicht bekannt. Es wird immer häufiger die Frage gestellt, aus welchem Grunde noch Vollblutjuden ohne Davidstern herumlaufen. Gerade diese Ausnahme, so sagt man, sei eine besondere Gefahr, die darin bestehe, daß der ungekennzeichnete Jude heute viel leichter als Arier auftreten könne als früher und daß er auch unverdächtiger horchen und spionieren könne, weil man allgemein nur noch den gekennzeichneten Juden als solchen auf der Straße sieht. Mit den ungekennzeichneten Juden träfe man bei jeder Gelegenheit z.B. auf der Straße, in den Lokalen und vor allem in den Straßen- und Eisenbahnen zusammen. In diesem Zusammenhang wird nachstehend folgender Fall angeführt:
Auf der Reichsbahnstrecke Altenbeken-Herford stieg der Jude Eichmann, Schötmar, Walhallastr., in den Zug. Auch dieser Jude ist mit einer Arierin verheiratet und nicht verpflichtet den Davidstern zu tragen. Der ehemalige SS -Mann, jetzt politischer Leiter, Bü., der bereits in dem Abteil Platz genommen hatte, bot dem Juden beim Betreten des Abteils höflich seinen Platz an, indem er auf der besetzten Bank noch ein Stück weiter rückte, sodaß sich alle auf der Bank befindlichen Fahrgäste mit ihrem Sitzplatz behelfen mußten. Nach einem augenblicklichen Zögern des Juden setzte sich dieser auf den ihm freundlich von dem ehemaligen SS-Mann zur Verfügung überlassenen Platz. Ein weiterer Fahrgast macht den Parteigenossen B. darauf aufmerksam, daß es sich bei E. um einen Juden handele. Durch diese Mitteilung war B. derart überrascht und verärgert, daß er die Frage stellte: ''Was meinst du, soll ich ihn jetzt in den A... treten?'' B. beherrschte sich jedoch und ließ den Juden ungehindert auf dem Platz sitzen.
Es steht fest, daß sich derartige Fälle täglich wiederholen können. Aus diesem Grunde sei es an der Zeit, daß auch in den Eisenbahnen eine völlige Trennung von Juden durchgeführt würde. Es konnte häufiger beobachtet werden, daß gutmütige oder ahnungslose Naturen den Juden beim Ein- und Aussteigen in die Verkehrsmittel behilflich waren. Besonders in Fällen, in denen der wohltätige Helfer nicht wußte, daß es sich um einen Juden handelte, sondern erst nach seiner Hilfeleistung hiervon Kenntnis erhielt, lasse diese Erkenntnis einen halbzornigen und beschämenden Eindruck zurück.