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Chronik und Quellen
1941
Oktober 1941

Die SD-Hauptaußenstelle Bielefeld berichtet:

Der SD teilt am 7. Oktober 1941 im Rahmen seiner „Lageberichterstattung“ aus Bielefeld mit:

Unwürdiges Verhalten einzelner Händler gegenüber Juden

In letzter Zeit wurde im Hauptaußenstellenbereich mehrfach beobachtet, daß Händler an Juden, die aufgrund des Kennzeichnungszwanges und Marktverbote ihre Einkäufe nicht mehr in dem früher gewohnten Maße durchführen können, direkt beliefern. Diese Tatsache hat in mehreren Fällen dazu geführt, daß Volksgenossen nur mit großer Mühe vom tätlichen Einschreiten gegen die Händler abgehalten werden konnten. In Warburg wurde ein Händler festgestellt, der aus Volkmarsen mit dem Motorrad kommt und den Juden noch Geflügel liefert. Die Polizei habe den Fall aufgegriffen, staatspolizeiliche Maßnahmen sind veranlaßt. Weiter wurde festgestellt, daß der Gemüsehändler Adolf Wedderwille aus Schukenhof b. Leopoldshöhe an folgende Jüdinnen Gemüse und Obst lieferte.

Hedwig Sarah Seelig, Bielefeld, Goldstraße 10,
Minchen Sarah Schlaupitz, Bielefeld, Oberntorwall 2,
Anna Sarah Herzberg, Bielefeld, Mühlenstr. 7.

Der genannte Händler lieferte die Ware in der Nähe der Firma Dargel, bei der die Jüdinnen beschäftigt sind, an diese ab. Vor einigen Tagen kam es zu heftigen Auftritten, da der Händler an die Jüdinnen je 15 Pfd. Zwetschgen, ein ihn hiesiger Gegend nur selten zu habendes Obst, lieferte und die Jüdinnen dieses Obst mit in die Firma nahmen, um es demonstrativ bei den arischen Mitarbeitern herumzuzeigen. Diese Tatsache rief bei den deutschen Volksgenossen, die, wie oben schon erwähnt, dieses Obst kaum bekommen können, erhebliche Erregung hervor. Auch hier sind staatspolizeiliche Maßnahmen eingeleitet. Die angeführten Fälle ließen sich beliebig ergänzen. Es ist in hiesiger Gegend schon ein geflügeltes Wort geworden, daß die Juden trotz aller Einschränkungen immer noch besser lebten als die deutschen Volksgenossen. Immer wieder kann man beobachten, daß vor Häusern in denen Juden wohnen, die Wagen der Gemüsehändler stehen und verdeckte Körbe in die Häuser getragen werden.

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