Bericht aus Forchheim
Am 30. September 1941 erstattet der Forchheimer Bürgermeister folgenden Bericht:
Der Bürgermeister der Stadt Forchheim sah sich aus den nachstehend aufgeführten Gründen veranlaßt, einen Wohnungswechsel der noch in Forchheim verbliebenen Juden herbeizuführen. Dabei ist gleich eingangs festzustellen, daß dieser Wohnungswechsel keine Verschlechterung der bisherigen Wohnverhältnisse der Juden nach sich zieht. Es ist eine politische Notwendigkeit, die Juden aus dem Hauptverkehr unserer Stadt herauszunehmen, denn sie wohnen noch zum Großteil gegenüber dem Paradeplatz, dem verkehrsreichsten Platz unserer Stadt, in der Adolf Hitlerstraße. Beim Verlassen der Wohnung treten sie unmittelbar mit unserer Bevölkerung in Berührung, einer Bevölkerung, die antisemitisch eingestellt ist und aus dieser Einstellung auch kein Hehl macht. Daß die Juden sich noch im Stadtkern aufhalten, bedeutet allein schon eine ständige Herausforderung. Die Ortsgruppenleiter der NSDAP in Forchheim haben wiederholt auf diesen Zustand hingewiesen und einen Wohnungswechsel angeregt,[1] weil es sich nicht mit ihrer Verantwortung vereinbaren läßt, daß durch die Anwesenheit und das Auftreten der Juden die Stimmung in unserer Bevölkerung immer und immer wieder beeinträchtigt wird. Auch den Gefühlen der Eltern und Frauen, die ihre Söhne und Männer draußen an der Front im Kampfe gegen das Weltjudentum und den Bolschewismus wissen, muß unbedingt Rechnung getragen werden. Ich habe deshalb veranlaßt, daß den Juden nahegelegt wird, Wohnungen an der Stadtgrenze zu beziehen. Die Juden haben widerspruchslos dieser Notwendigkeit Rechnung getragen. Lediglich ein Rechtskonsulent, Israel Baum aus Bambert, hat wegen dieser Angelegenheit bei mir vorgesprochen. Ich habe diesem Juden bedeutet, daß der von uns gewünschte Wohnungswechsel keinerlei Wohnungsverschlechterung bringt, daß es aber zweckmäßigerweise und im Interesse der Beteiligten vorzunehmen ist. Ich betonte, daß durch diese Erledigung weder gesetzliche Maßnahmen noch sonstige Anordnungen berührt werden. Inzwischen haben die Juden in Forchheim sich in die neuen Verhältnisse eingeordnet und bereits Schritte unternommen, wonach der Umzug bis zum 1. Oktober ds. Jrs. hätte durchgeführt werden können.
Die Stadt hat übrigens auch Interesse, die durch den Umzug freiwerdenden zwei Judenhäuser zu erwerben, damit nunmehr die Arisierung des jüdischen Besitzes restlos abgeschlossen werden kann. Ich benötige das Haus am Paradeplatz 4 vordringlich für Geschäftsräume des Hitlerjugendbannes und des Untergaues des Bundes deutscher Mädel. Das Haus Wiesenstr. 16 soll von einer deutschblütigen Familie bezogen werden. Ich finde es anmaßend, daß der jüdische Rechtskonsulent Israel Baum aus Bamberg aus dieser für uns und für die Juden in Forchheim selbstverständlichen Angelegenheit nun eine Maßnahme gegen die Juden ableiten will und ich muß dieses Bestreben entschieden zurückweisen. Die Juden haben bereits ihre Wohnungen an der Stadtgrenze tünchen lassen, die Reinigungsarbeiten besorgt und den Umzug so vorbereitet, daß er jederzeit erfolgen kann.
Ich bitte meine Maßnahmen zu billigen und den Erwerb der beiden Judenhäuser für die Stadt Forchheim zu genehmigen.
Fußnoten
[1] Am 24.9.1941 sandten die Ortsgruppenleiter der beiden NSDAP Ortsgruppen in Forchheim (Altstadt und Bahnhof) einen [hier nicht abgedruckten] Brief an den Bürgermeister (StA BA , K 8/8704), in dem sie diesen aufforderten, die Juden aus dem Haus Paradeplatz 4 zwangsweise zu räumen.