Die SD-Außenstelle Minden berichtet:
Der SD berichtet am 26. September 1941 aus Minden zum Thema Kennzeichnung der Juden“:
Über die Ausführung der Kennzeichnung der Juden wird in der Bevölkerung in erheblichem Maße Klage geführt. Nach der Anordnung ist es z.B. bei Mischehe nicht erforderlich, daß der jüdische Eheteil das Abzeichen trägt. Man ist dadurch zu der Ansicht gekommen, daß dies eine absolute Unmöglichkeit ist. Entweder haben wir Juden, dann sind sie es auch, wenn sie mit Ariern verheiratet sind, oder wir haben sie nicht. Im Volksmunde wird gesagt, wir haben jetzt zwei Sorten Juden, die arischen und die nichtarischen.
In einem besonders krassen Einzelfall mag dieser Zustand beleuchtet werden. In Minden wohnt der Polsterer Bradtmüller. Er ist mit einer Jüdin verheiratet. Dieser Mann macht überall nun damit Propaganda, daß er als zweifacher Kriegsteilnehmer, er hat 14/18 mitgemacht und über ein Jahr in diesem Krieg, bezüglich seiner Frau besondere Rechte habe. Es wäre ja auch noch schöner, ein Staat der Pflichten verlangte, müsse auch Rechte zubilligen. So könnte seine Frau sich überall frei bewegen. Selbst ins Kino könne er mit ihr gehen. Den Judenstern brauche seine Frau ebenfalls nicht zu tragen. Das ganze Verhalten dieses Mannes wirkt in der Öffentlichkeit derartig provozierend, daß damit zu rechnen ist, daß man ihn demnächst einmal gehörig zurechtweisen wird. Immerhin scheint es aber so zu sein, als wenn er tatsächlich die geschilderte Sonderstellung einnimmt. Die Bevölkerung kann eine solche Anordnung einfach nicht verstehen. Es ist z.B. bekannt, daß dieser B. vor hatte, mit seiner Frau ins Ausland zu gehen. Aus irgendwelchen Gründen ist ihm dies bisher nicht geglückt. Man sagt sich aber jetzt, wie dieser Mann sich wohl jetzt wenn er wirklich im Ausland wäre, gegen Deutschland wenden würde. Sicher würde gerade er als ehemaliger Kriegsteilnehmer und jetziger Judenknecht in gröblichster Weise gegen Deutschland hetzen.
Ein weiterer Fall ist die jüdische Frau eines Arztes. Auch sie führt sich in der Öffentlichkeit derartig unverschämt auf, daß die Bevölkerung immer wieder daran Anstoß nimmt. Gerade dadurch, daß diese Juden nicht gekennzeichnet sind, werden sie ja auch immer unverschämter. Die Leute sagen, wie sie sich wohl verhalten würden, wenn alle deutsche Menschen gekennzeichnet werden müßten, dann würden sich diese Juden sicher, wenn es für sie besser wäre, nicht als Deutsche kennzeichnen.
Es wird daher in allen Kreisen die Forderung erhoben, sämtliche Juden ohne Vorbehalt zu zwingen, das Judenabzeichen zu tragen. Seitens der Kreisleitung wird aus der Stimmung der Bevölkerung heraus in dergleichen Weise an die Gauleitung berichtet. Man betrachtet es als völlig unmöglich, unter diesen Umständen noch eine einwandfreie Feststellung zu treffen, ob es sich um einen Juden handelt oder nicht. Diese Tatsache würde sich auf allen Gebieten des täglichen Lebens immer mehr nachteilig auswirken.