Bericht aus Berchtesgaden
Am 5. Dezember 1938 verfasst das Bezirksamt Berchtesgaden folgenden Bericht über den Monat November:
Aus Anlaß des feigen Mordanschlags auf Botschaftsrat vom Rath in Paris wurden auch in Bad Reichenhall vom 9. auf 10.11.38 die Fenster der zwei jüdischen Anwesen von unbekannten Tätern eingeschlagen. Die Schüsse in Paris dürften wohl auch dem letzten Volksgenossen die Augen über den Kern der Judenfrage geöffnet haben. Die Entrüstung war ganz allgemein. Auf Anordnung des Kreisleiters mußten die wenigen im Bezirk ansässigen Juden binnen 1 Stunde abreisen. Sie sind inzwischen zurückgekehrt. Die jüdische Ehefrau des rechtskundigen 2. Bürgermeisters Weiss in Bad Reichenhall erhielt von der Kreisleitung, soviel mir bekannt, ein 14tägiges Ausgehverbot.
Die Vergeltungsmaßnahmen gegen die Juden werden lediglich von ganz eingefleischten Anhängern der kath. Kirche kritisiert. Überrascht ist man in Kreisen, die sich bisher nicht mit der Judenfrage befaßten darüber, daß die Juden in Deutschland so reich sind. Gelegentlich wurde vorgebracht, man hätte anstatt der Vergeltungsmaßnahmen die Juden eine Milliarde mehr zahlen lassen sollen.