Berichte aus Frankenthal
Die Gendarmerie Frankenthal erstattet am 29. November 1938 folgenden Monatsbericht:
Die Stimmung im Volke kann allgemein als gut bezeichnet werden. [...] Die Maßregelung der frechgewordenen Juden hat im Volke ebenfalls starken Widerhall gefunden. Der größte Teil der Bevölkerung hat die Aktion gegen die Juden als eine gerechte und notwendige Folge ihres herausfordernden Benehmens aufgenommen. Man sieht auch ein, daß das Judentum nur durch eine gründliche Aktion unschädlich gemacht werden kann.
Am gleichen Tag berichtet das Polizeiamt Frankenthal:
Bezüglich der polit. Lage kann berichtet werden, daß die Stimmung unter der Bevölkerung und den Parteigenossen gut ist. Der Mordanschlag auf den Legationsrat von Rath in Paris am 7.11.1938 durch den Juden Herschel Grynspan löste unter der hiesigen Bevölkerung große Verbitterung aus und steigerte sich noch, als bekannt wurde, daß vom Rath am 9.11.1938 seinen schweren Verletzungen erlegen ist. Am 10.11.1938 brannte das Innere der hiesigen Synagoge aus. Am gleichen Tage zog die erregte Menschenmenge vor die jüd. Geschäfte und Wohnungen und zerstörte die Einrichtungsgegenstände und das Wohnungsinventar. Der angerichtete Schaden beläuft sich in Frankenthal etwa [auf] 150.000 RM. Auf Veranlassung der Geheimen Staatspolizei in Neustadt wurden hier 23 Juden in Schutzhaft genommen und anschließend nach dem Konz. Lager Dachau verschubt. 4 männliche Juden wurden wegen ihres hohen Alters wieder aus der Schutzhaft entlassen und am 28.11.1938 wurden aus dem Konz. Lager Dachau auch die Juden [N.N.a], [N.N.b], [N.N.c] und [N.N.d] entlassen.
Die jüd. Frauen und Kinder hatten es vorgezogen am 10.ds.Mts. Frankenthal zu verlassen. Sie hatten sich in das Hochrheinische begeben und hielten sich in der Hauptsache in Mannheim auf. Sie sind nun am 23. und 24.11.1938 zwecks Behebung ihrer Schäden und Instandsetzungen ihrer Wohnungen wieder hier eingetroffen. Nach Erledigung dieser Arbeiten werden die meisten von hier wieder wegziehen, andere auswandern.2 Zwei jüd. Kinder sind bereits nach der Schweiz emigriert.
Im großen und ganzen konnte festgestellt werden, daß die hiesige Bevölkerung mit der Judenaktion einverstanden war. Man hörte jedoch auch Stimmen die mit der Demolierung der Wohnungen und Geschäfte nicht einig gingen, ohne daß diese Leute Gegner des Nationalsozialismus wären.