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Chronik und Quellen
1938
November 1938

Bericht aus Peckelsheim

Am 17. November berichtet der Bürgermeister des Amtes Peckelsheim Folgendes über die „Judenaktion“:

Zu der Aktion gegen die Juden berichte ich wie folgt:

zu 1) Die hies. Synagogeneinrichtung ist beschädigt und unbrauchbar gemacht. Der Schaden ist auf ca. 300,- RM zu beziffern.

zu 2) Das Geschäft des jüdischen Kaufmanns Karl Sostheim - hiers. ist beschädigt. Die Ladeneinrichtung ist teilweise beschädigt. Der Schaden beträgt ca. 200,- RM.

Personalien des Sostheim:

Sostheim, Karl
Kaufmann
Wohnort Peckelsheim Hs. No. 69
geboren 22. Februar 1872
in Peckelsheim
jüd.
verh.
4 Kinder
z. Zt. ortsabwesend, hält sich vermutlich in Schwerte/Ruhr auf. Anschrift ist nicht bekannt und auch nicht zu ermitteln.

zu 3) Arbeiter und Angestellte wurden nicht beschäftigt.

zu 4) Fortführung des Geschäftes ist jedenfalls nicht beabsichtigt. Ein Beauftragter oder Treuhänder ist nicht eingesetzt.

zu 5) Das Haus Peckelsheim No. 69 wurde beschädigt (Fenster und Türen). Der Schaden beträgt ca. 800,- RM. Eigentümer des Hauses ist: Witwe Sophie Löwenstein in Köln Marsplatz 10-14 II.

zu 6) Die im gleichen Hause befindliche Wohnungseinrichtung des zu 2 genannten Sostheim wurde durch Einschlagen beschädigt. Der Schaden beträgt schätzungsweise 3.000,- RM.

zu 7) Personenschäden sind in keinem Falle eingetreten.

zu 8) Nach der Beschädigung des Ladenlokals Sostheim wurden Diebstähle bezw. Plünderungen ausgeführt. Die Vorgänge sind bereits am 12. des Monats eingereicht.

zu 9) Waffen wurden nicht sichergestellt.

zu 10) Archivmaterial wurde nicht sichergestellt.

zu 11) Die entwendeten Gegenstände (s. zu 8) wurden sichergestellt; sie befinden sich noch in Polizeigewahrsam. Eine Rückgabe konnte nicht erfolgen, weil der Eigentümer sich ohne Angabe seiner neuen Wohnung von hier entfernt hat. Die sichergestellten Manufakturwaren haben einen Wert von schätzungsweise 2.500,- RM.

zu 12) Sostheim war gegen Diebstahl bei der Agrippina-Versicherungs-Aktien-Gesellschaft-Berlin mit 8.000,- RM versichert. Er hat hier vor seinem Fortzug erklärt, er würde Versicherungsansprüche stellen. Ob dies geschehen ist, konnte nicht ermittelt werden.

zu 13) Juden wurden hier nicht festgenommen.

zu 14) In der Bevölkerung ist man im allgemeinen mit den Maßnahmen der Regierung einverstanden, lehnt aber teilweise die vorgekommenen Beschädigungen ab, weil dadurch angeblich Volksvermögen zerstört sei. Man hätte an Stelle der Zerstörung lieber eine Beschlagnahme der Werte für die NSV oder das WHW gesehen. Besonders abfällige Bemerkungen sind nicht bekannt geworden. In einzelnen Fällen wird sich die Aktion dahin auswirken, daß eine Minderung der Spenden zum WHW eintritt, doch ist das zu erwartende Mindererträgnis nicht bedeutend.

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