Bericht aus Karlsruhe
Am 30. Oktober 1938 gibt die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe ihren „Lagebericht“ für die Monate August und September 1938 ab:
Über besonders bemerkenswerte Straftaten ist jeweils gemäß § 7 der Mitteilungen in Strafsachen berichtet worden. Im folgenden wird deshalb nur über die Entwicklung der Rassenschande im Oberlandesgerichtsbezirk berichtet.
Es ist hier im ganzen betrachtet eine weitere Abnahme der Neuanzeigen zu beobachten. Die Oberstaatsanwälte in Konstanz, Waldshut, Freiburg, Offenburg und Mosbach berichten für die Berichtsmonate keine Neuanzeigen wegen Rassenschande. Der Oberstaatsanwalt in Karlsruhe berichtet von drei Neuanzeigen wegen Rassenschande gegenüber einer in der Vorberichtszeit. Der Erste Staatsanwalt in Pforzheim hat das einzige bei ihm in der Berichtszeit anhängige Verfahren wegen Rassenschande zuständigkeitshalber an den Oberstaatsanwalt beim Landgericht in Heidelberg abgegeben, der nichts von weiteren Neuanzeigen wegen Rassenschande berichtet. Der Oberstaatsanwalt in Mannheim berichtet auch diesmal (vgl. den letzten Lagebericht vom 13. September 1938 ) nur von einem neuen Verfahren wegen Rassenschande, das allerdings wegen der Hartnäckigkeit des rasseschänderischen Willens bemerkenswert ist. Der 49jährige deutschblütige Schuhmacher [N.N.a] wurde durch Urteil der Strafkammer Mannheim vom 17. August 1936 wegen Rassenschande mit einer Jüdin, zu der er bereits seit Frühjahr 1934 Beziehungen unterhielt, sowie wegen Beamtenbeleidigung und Widerstands zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und sieben Monaten, abzüglich zwei Monaten Untersuchungshaft, verurteilt. Er hatte diese Strafe am 17. Januar 1938 verbüßt. Nach der Entlassung aus der Strafhaft hat er sofort wieder seine Beziehungen zu der Jüdin, wegen deren er bereits verurteilt worden war, aufgenommen und mit ihr in den Monaten Juni und Juli 1938 von neuem wiederholt geschlechtlich verkehrt (Verfahren Js 238/38). Abschrift der Anklage ist bereits dorthin unterm 19. September 1938 vorgelegt worden. Inzwischen ist [N.N.a] durch Urteil der Strafkammer Mannheim vom 4. Oktober 1938 (I Kls. 26/38) wegen Rassenschande zu zwei Jahren sechs Monaten Zuchthaus, abzüglich sieben Wochen Untersuchungshaft und zu fünf Jahren Ehrverlust verurteilt worden. Der im letzten Lagebericht vom 13. September 1938 erwähnte jüdische Rassenschänder [N.N.b] hat sich nach Zustellung der Anklageschrift am 22. August 1938 durch Selbstmord der Aburteilung entzogen (6 Js 205/38).