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Chronik und Quellen
1938
September 1938

Bericht aus Burgkunstadt

Am 29. September 1938 erstattet die Gendarmerie Burgkunstadt folgenden Bericht über das „Verhalten des Juden Max Nebel in Burgkunstadt“:

Am 28.9.38 teilte mir der prakt. Arzt Dr. [N.N.a] in Burgkunstadt mit, daß der im Betreff genannte Nebel seinem Sohn [N.N.b] und dem Schüler [N.N.c] gegenüber in der Schule dahier in einer belehrenden Art und Weise geäußert habe, daß zuerst die Juden dagewesen seien, dann erst seien die Katholiken und Protestanten gekommen. Eine derartige unverschämt freche Auslassung eines Juden, noch dazu in der gegenwärtig gespannten Zeit, gehöre entsprechend bestraft.

Hauptlehrer Christian Schmiedel in Burgkunstadt gab mir auf Befragen an: ''Der 9jährige Schüler [N.N.], der neunjährige Schüler [N.N.c] und der 12jährige Sohn des Juden Nebel, Günter Nebel, waren mit ihren Arbeiten nicht ganz fertig geworden und arbeiteten deshalb gegen 12.45 Uhr (28.9.38) in meiner Abwesenheit noch etwas nach. Max Nebel hat sich nach seinem Sohn, da dieser noch nicht heimgekommen war, umgesehen und ging deshalb in das Schulzimmer, wo er sich, wie erwähnt, geäußert hat. [N.N.b] und [N.N.c] können den Vorgang näher schildern.''

[N.N.b] gab an: ''Am 28.9.38 hatte ich in der Schule noch etwas nachzuarbeiten, da ich nicht ganz fertig geworden war. Im Klassenzimmer war außer mir noch der [N.N.c] und der Günther Nebel. Ich wollte am Platz des Nebel mit meinem Messer das Tintenfaß herausnehmen, wogegen sich Nebel wehrte. Gegen 12.45 Uhr kam dessen Vater ohne anzuklopfen in das Zimmer, um sich nach seinem Sohn umzusehen. Günther Nebel erzählte seinem Vater, was er mit mir gehabt habe. Der alte Nebel sagte dann zu mir, ob ich denn anderes Blut hätte. Zuerst seien die Juden auf der Welt gewesen, dann die Katholiken und dann die Evangelischen.''

Der 9jährige Schuhfabrikarbeitersohn [N.N.c] in Burgkunstadt 260, der ebenfalls noch im Klassenzimmer nachgearbeitet hat, gab an: ''[N.N.b] wollte bei Nebel das Tintenfaß mit dem Messer herausnehmen und redete davon, daß er ihn stechen wolle, er habe auch rotes Blut. Dies hat der Günther Nebel seinem Vater erzählt, als dieser in das Klassenzimmer gekommen ist. Der alte Nebel hat dann wegen des Blutes etwas gesagt und hat dabei erwähnt, daß zuerst die Juden dagewesen seien, dann erst seien die Katholiken und dann die Evangelischen gekommen. Sie, die Juden seien vielleicht schon eher dagewesen als diese.''

Der Jude Max Nebel wurde wegen seines Verhaltens zur Rede gestellt. Er gab an, daß ihm sein Sohn erzählt habe, daß ihn der junge [N.N.b] mit dem Messer stechen habe wollen. Er habe deshalb die angeführte Äußerung gebraucht, sich aber weiter nichts dabei gedacht. Er habe sich in der Schule lediglich nach seinem Jungen umsehen wollen, da dieser nicht nach Hause gekommen sei.

Nebel Vorname Max, jüdischer Metzger in Burgkunstadt 196, geboren am 2. Oktober 1900 zu Rosdin, Kreis Kattowitz, Sohn des Simon und der Henriette Nebel geb. Nebel, verheiratet mit Henriette, geb. Nebel, beschäftigungslos, ist am 26.3.38 hier zugezogen, hat drei Kinder im Alter bis zu zwölf Jahren.

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