Menü
Chronik und Quellen
1938
Juli 1938

Zunahme von Fluchtversuchen

In ihrem „Lagebericht“ für Juli 1938 berichtet die Oberstaatsanwaltschaft Konstanz am 23. Juli:

Der Stand der im hiesigen Gerichtsgefängnis untergebrachten Gefangenen hat in den letzten Wochen auffallend zugenommen und beträgt heute 120. Er hat somit die höchst mögliche Belegungsfähigkeit erreicht. Diese hohe Zahl wurde zum Teil dadurch herbeigeführt, daß in den letzten Wochen eine große Anzahl von Juden aus Wien versuchten, hier schwarz über die Grenze zu kommen. Nach ihren Aussagen wurde in ihrem Kreise anscheinend das Gerücht verbreitet, daß ein schwarzer Grenzübertritt in Konstanz sehr leicht möglich sei und daß ihnen, wenn sie erst Schweizer Boden erreicht hätten, durch ein Flüchtlingskommitee in Zürich weitergeholfen werde. Auf die Ausstellung ordnungsgemäßer Ausreisepapiere hätten sie angeblich nicht warten können, weil dies zu lange dauern würde und sie in Wien keinerlei Arbeit und Existenzmöglichkeit mehr gehabt hätten. Nach Bestrafung wegen Paßvergehens wurden diese Juden jeweils von der Gestapo in Schutzhaft behalten. Die Zahl dieser in Haft befindlichen Wiener Juden betrug in den letzten Wochen durchschnittlich 10-15; sie bedeutet eine recht erhebliche Belastung des Gefängnisses.

Baum wird geladen...