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Chronik und Quellen
1938
Juni 1938

Bericht aus Ansbach

Der Regierungspräsident Ober- und Mittelfranken berichtet am 7. Juli 1938 für den Monat Juni aus Ansbach:

Juden

1) Die Abwanderung der Juden dauert an. Im Berichtsmonat haben 47 den Regierungsbezirk verlassen.

Aus Hof allein sind sieben Juden verzogen. Nach dem Bericht der Polizeidirektion Hof fällt es auf, daß neuerdings München als Wohnort bevorzugt wird.

In Schopfloch, BA Dinkelsbühl, teilte der Vorstand der jüdischen Kultusgemeinde Herz dem Bürgermeister Hähnlein mit, daß sämtliche Juden mit Ausnahme von zwei alten Frauen, die in ein Heim eingeschafft würden, am 4.7.1938 Schopfloch verlassen werden. Bürgermeister Hähnlein hatte den Juden nahegelegt, aus sicherheitspolitischen Gründen die Gemeinde sobald als möglich zu verlassen.

2) In Gunzenhausen ging ein Manufakturwarengeschäft, in Burgkunstadt, BA Lichtenfels eine Darmhandlung in arischen Besitz über. In Altenmuhr, BA Gunzenhausen, haben zwei Juden ihre Häuser verkauft.

3) Am 15.6.1938 hielt die israelitische Kultusgemeinde in Nürnberg eine außerordentliche Sitzung der Mitglieder ihrer Gesamtverwaltung ab, in der mitgeteilt wurde, daß im Vollzug des Gesetzes über die Neugestaltung deutscher Städte die Hauptsynagoge in Nürnberg abgebrochen werden müsse. Diese Mitteilung wirkt auf die dort anwesenden Juden niederschmetternd; man war sich jedoch allgemein darüber klar, daß Einwendungen gegen diese Maßnahme zwecklos seien.

4.) Am 19.6.1938 fand in Nürnberg eine Sitzung der ''Freie Konferenz der Rabbiner in Bayern'' statt, die von 14 Rabbinern besucht war. Im Mittelpunkt der Verhandlungen stand die im Vollzuge des Gesetzes vom 28.3.1938 notwendige Umgestaltung der israelitischen Kultusgemeinden in eingetragene Vereine. Die Rabbiner brachten insbesondere ihre Sorge über ihre Rechtsstellung und Besoldung zum Ausdruck; sie wollen beim Landesverband der bayerischen Israelitischen Gemeinden in München anregen, daß zur Sicherstellung der Besoldung der Rabbiner Lebensversicherungen abgeschlossen werden, da zu befürchten ist, daß bei zahlenmäßigen Rückgang der Gemeindemitglieder die Besoldung des Rabbiners nicht mehr gewährleistet ist. Außerdem wurde eine Mustersatzung für jüdische Kultusvereinigungen, die allgemein zur Einführung kommen soll, beraten. Des weiteren wurde mitgeteilt, daß in München und in Nürnberg je eine Synagoge abgebrochen werden muß. Um den liberalen Juden , die bisher diese Synagogen benützten, eine Möglichkeit zur Abhaltung von Kultushandlungen zu schaffen, müßten die noch bestehenden Synagogen der orthodoxen Richtung geteilt werden. Es würde dann ein Teil dieser Synagogen den Liberalen und der andere Teil den Orthodoxen zur Benützung zur Verfügung stehen. Dieser Vorschlag wurde allgemein gutgeheißen. Abschließend wurden noch Kultusangelegenheiten, wie Bestattung von Halbjuden , Abhaltung von Kursen, usw. beraten.

5.) Am 26.6.1938 hielt der jüdischen Jugendbund ''Habonim '' in Nürnberg für seine Mitglieder einen Vortrag ab, der als Einführungslehrkurs gedacht war. Den Vortrag hielt Dr. Ludwig Feuchtwanger - München. Die Ausführungen über das Thema ''Jüdische Geschichte'' hatten religiösen Inhalt und waren nicht zu beanstanden. An der Veranstaltung nahmen 25 Personen teil.

6) Im Zuge der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung hat das Bezirksamt Dinkelsbühl drei erheblich vorbestrafte Juden festgenommen. Zwei wurden ins Konzentrationslager Dachau eingeschafft.

7) Der einstige Leiter des jüdischen Kaufhauses Tietz in Bamberg Siegfried Simon in Berlin wurde wegen Verdachts großer Devisenschiebungen in Untersuchungshaft genommen.

8) [N.N.] von Nürnberg erhielt wegen Rassenschande mit einer Jüdin drei Jahre Gefängnis.

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