Gestapa-Bericht aus Berlin
Am 12. Juli 1938 berichtet das Berliner Gestapa (II A 2) über „Judenbewegung in Berlin“:
Gegenwärtig haben sich die Berliner Juden in zwei Gruppen geteilt. Während sich die eine Gruppe für die jüdischen Terroristen in Palästina einsetzt, schlägt die andere Gruppe vor, den Ausgang der in Evian /Frankreich tagenden Konferenz abzuwarten. Der Konferenz wurde ein Auswanderungsplan vorgelegt, der auf Anregung des amerikanischen Präsidenten Roosevelt und seines Sekretärs Hull sich mit der Auswanderung der Juden aus Großdeutschland befaßt. Der Plan sieht vor, daß in ca. fünf Jahren die Auswanderung der Juden aus Deutschland und Österreich vollzogen ist. Amerika erklärt sich bereit, 1/3 der Auswanderer aufzunehmen, während 2/3 in den englischen Besitzungen untergebracht werden müßten.
Die allgemeine Stimmung der Juden steht weiter unter dem Eindruck der letzten Boykottmaßnahmen. So erklärt der Jude Fritz Gelbart, Berlin, Lindauerstraße 12 wohnhaft:
Die durch die letzten Maßnahmen hervorgerufene Spannung ist keinesfalls gewichen, sondern durch die Meldepflicht auf wirtschaftlichen Gebieten noch bedeutend verschärft worden. Die nach außen sichtbare Beruhigung ist keinesfalls echt. Besonders die erfolgten Festnahmen und die der SS -Justiz zum Opfer gefallenen Sanitätsrat Dr. Leopold, Berlin, Tile-Wardenbergstraße, Steinsetzmeister Simon, Berlin, Lothringer Straße, und Direktor Dr. Arnstein, Davoser Straße, haben dem europäischen Judentum gezeigt, daß nunmehr der Abwehrkampf unvermeidlich geworden ist, wenn nicht die vollständige Unterdrückung des gesamten Judentums erfolgen soll.
Über Dr. Bruno Glaserfeld wird bekannt, daß er sich gegenwärtig in der Nähe von Potsdam in einer Sommerwohnung aufhält.