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Chronik und Quellen
1938
April 1938

Bericht aus Speyer

Am 10. Mai 1938 gab der Pfälzer Regierungspräsident seinen Bericht für April ab:

Juden

Vereinzelte Vorkommnisse lassen erkennen, daß sich das Judentum nur schwer mit der erforderlichen Zurückhaltung abfinden kann. Wie bereits unter Ziffer 2a) ausgeführt wurde, konnten Zusammenkünfte von Juden und einem ehemaligen Kommunisten im Jagdhaus Hubertushütte bei Obermoschel (Bezirksamt Rockenhausen) beobachtet werden.

Bei einer Versammlung des Synagogenrates der jüdischen Kultusgemeinde in Ludwigshafen a.Rh. am 13. April wurde das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der jüdische Kultusvereinigungen vom 28.3.1938 (RGBl . I A. 338) bekanntgegeben. Dabei führte der Versammlungsleiter aus, die Versicherungsgesellschaft Patria habe der jüdischen Kultusgemeinde Ludwigshafen a.Rh. mitgeteilt, daß sie von nun an jeden Versicherungsschutz für die Synagoge ablehne.

Gegen den ledigen, stellenlosen jüdischen Kaufmann [N.N.a], geb. am [...] zu Weinheim a.d.B., wohnhaft in Ludwigshafen a.Rh., Steinstr. 16, wurde wegen Rassenschande Strafanzeige erstattet. Er wird beschuldigt, er habe mit der deutschblütigen [N.N.b], Ehefrau des [N.N.c], Ludwigshafen a.Rh., [...], in der Zeit von September 1936 bis Februar 1938 intime Beziehungen unterhalten.

Die scharfe Ablehnung des Judentums, die immer mehr sämtliche Bevölkerungskreise durchdringt, macht sich neuerdings durch das Vorgehen Einzelner bemerkbar. In der Nacht vom 1. zum 2. April wurde durch unbekannte Täter nachts gegen 1 Uhr ein Sprengkörper in die Toreinfahrt der Behausung des Juden Richard Mayer in Böchingen (Bezirksamt Landau i.d. Pfalz) gelegt und zur Entzündung gebracht. Durch den Luftdruck wurden am Wohnhaus des Mayer 15 und an drei Nachbarhäusern 5 Fensterscheiben zertrümmert. Das Hoftor wurde aus den Angeln gehoben und beschädigt, Holzteile flogen 20 Meter weit. Die Tat wird von der Staatspolizeistelle Neustadt a.d. Weinstraße als grober Unfug gewertet.

Am Wahltag haben zwei Burschen aus Weisenheim a. Sand den jüdischen Getreidehändler David Mayer aus Weisenheim a.S. (Bezirksamt Neustadt a.d. Weinstraße) mit Halsabschneiden bedroht und das Hoftor und die Fensterläden seiner Wohnung mit einem schweren Hammer beschädigt.

Die Kopfstärke der jüdischen Bevölkerung hat sich um einen Zugang erhöht und sank durch 11 Abgänge auf 179 in Neustadt a.d. Weinstraße. Fünf Personen sind nach USA ausgewandert.4 Von den 179 Juden sind 53 im jüdischen Altersheim untergebracht. Neun Personen sind Ausländer.

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