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Chronik und Quellen
1933
November 1933

Bericht aus Württemberg

Am 30. November 1933 erstattet des württembergische Innenministerium folgenden „Lagebericht“:

Zionismus, der Repatriierung der Juden in die jüdische Heimstätte, sein Haupthemmnis finden, da die Aufnahmefähigkeit Palästinas keinesfalls ausreicht. Abgesehen von der Unmöglichkeit sofortiger Lösungen, scheitern derartige Vorschläge infolge gewisser Widerstände sowohl innerhalb der Palästinajudenschaft selbst, wie vor allem in der arabischen Bevölkerung, die mehr wirtschaftliche und politische Hintergründe haben. Der erweiterte, verwässerte zionistische Plan, geschlossene jüdische Kolonien auch außerhalb Palästinas zu errichten, ist über den Zustand der Erörterung kaum hinausgekommen und zeigt praktisch nur ganz bescheidene Ansätze. Auch hierzu wäre zu sagen, daß eines Tages der Zusammenprall mit den nationalen Interessen des jeweiligen Gastlandes erfolgen kann.

Die Bewegung des Zionismus ruht auf der Tätigkeit der ''Jewish Agency'' in London, die unter einem Verwaltungsrat intelligenter Führer, beraten von einem Stab Sachverständiger, die ''zu den besten Fachmännern der vorgeschrittensten [sic] Staaten rechnen'' steht. Die finanzielle Ausrüstung dieser Bewegung ist außerordentlich gut, sie verfügt gleichzeitig über die aktive Unterstützung der englischen Regierung, die ihr nach dem Krieg Palästina unter dem Protektorat Englands auf der Grundlage der bekannten Balfour-Erklärung , als ''Heimstätte'' verschafft hat. Die neue Judenpolitik in Deutschland hat dieser Bewegung, der der größte Teil der deutschen Juden seither ablehnend gegenüber gestanden hatte, natürlichen Auftrieb gegeben. Es ist bekannt geworden, daß die zionistische Aktivität sich in letzter Zeit besonders in Berlin zu entfalten vermochte. Eine Auslassung von ausländisch-jüdischer Seite stellt fest, daß ''die zionistische Bewegung'' in Deutschland sich der weitesten Sympathie erfreut und ihre Aktivität sich von Tag zu Tag vergrößert. Im Büro der Bewegung, im sogenannten ''Hechaluz '' in Berlin, ließen sich bis August d. J. über 16.000 Personen beraten, es wurden 3.500 Gesuche für ''Vorbereitung'' auf die landwirtschaftlichen Arbeiten eingereicht. Während der ersten Juliwoche allein sollen 14 Vorträge und Versammlungen stattgefunden haben, die von über 5.000 Personen besucht waren. Der Hechaluz in Berlin hat besondere neuhebräische Kurse eingerichtet, die steigenden Zuspruch finden. Die in Frankreich aufgezogene Hechaluz-Organisation, über die hier nähere Berichte vorliegen, zeigt in welcher Richtung etwa die Tätigkeit dieser Organisation gehen soll. Die ihr eingegliederte zionistische Arbeiterbewegung hat dort neben jüdisch-kulturellen Bestrebungen ein System entwickelt, das die Ausbildung von Anwärtern auf landwirtschaftlichen Gütern vorsieht. Durch persönliche Verbindungen sind in Frankreich und im Elsaß diese Anwärter in der Landwirtschaft untergebracht worden, obwohl sich auch hier Reibungen nicht vermeiden ließen ''da durch das häufige Wechseln von Stellen und unverantwortliches Benehmen eines großen Teils der 'Chawerim' Plätze verloren wurden und sogar alle Möglichkeiten für die Zukunft an bestimmten Orten'' versperrt wurden. Die einzelnen Mitglieder der Organisation stehen in ständiger Verbindung untereinander, sie treffen sich zu Besprechungen und haben besondere Mitgliedsbeiträge in eine gemeinsame Kasse zu entrichten. ''Die 'Chawerim' arbeiten bei einzelnen Bauern, essen aber gemeinsam Mittag und leben natürlich koscher . Sie werden finanziell von der Agudah unterstützt. Außer der Ausbildung in Landwirtschaft, Gärtnerei und Viehzucht lernen sie Schreinerei und Maurerei, rationelle Wirtschaftsführung und Traktorfahren''. Zu bemerken ist, daß diese Hechaluz-Bewegung in vielen Ländern in Wirksamkeit getreten ist. So in Polen, wo eine besondere Tageszeitung ''Dos Wort'' in jiddischer Sprache herauskommt. Gewisse Ansätze zeigen sich bereits in den skandinavischen Ländern, Dänemark und Schweden, wo auch Schulungskurse für deutsche Juden eingerichtet worden sind.

Autonomietheorie

Die vierte Lösung ist die Zuweisung der deutschen Juden in eine besondere staatsbürgerliche Daseinsform, die der einer nationalen Minderheit ähnlich ist; und in dieser Richtung dürfte sich die Vollendung der Judenpolitik Deutschlands bewegen.

Im Rahmen der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit ist u.a. bestimmt, daß die Reichsangehörigkeit, die Ostjuden insbesondere seit 1918 erworben haben, widerrufen werden kann. Daneben gibt diese Verordnung auch die Handhabe ''Reichsangehörige die sich im Auslande aufhalten'', unter bestimmten Umständen der deutschen Staatsangehörigkeit verlustig zu erklären. Bezüglich der Ostjudenfrage und der Judenemigrantenfrage als Sonderprobleme, ist also durch diese Verordnung bereits ein Teil des Gesamtproblems vorweg gelöst worden. - Im Rahmen einer Gesamtreform des Reichs- und Staatsbürgerrechts, deren Vorarbeiten bereits stattgefunden haben und das voraussichtlich die Bezeichnung ''Gesetz über das Reichsbürgerrecht'' tragen wird, soll nicht nur das Durcheinander der seitherigen Reichs- und Staatsangehörigkeitsfragen beseitigt werden, sondern auch die Frage der staatsbürgerlichen Stellung der Juden mit geklärt werden. Nachdem, was über die Richtlinien dieses Gesetzes bis jetzt bekannt ist, soll in Zukunft das ''Reichsbürgerrecht'', dessen Verleihung an besondere Vorbedingungen geknüpft wird, nur arischen Volksgenossen verliehen werden, während Nicht-Arier in die sogenannte ''Reichsangehörigkeit'' einzuweisen wären.

Diese Reichsangehörigkeit würde den deutschen Juden von dem Gebrauch gewisser politischer Staatsbürgerrechte ausschließen, wie sie der ''Reichsbürger'' in vollem Umfang besitzen würde. Diese Stellung der deutschen Judenschaft, der ''Reichsangehörigen nichtarischer Abstammung'' würde damit die staatsrechtliche Form der deutschen jüdischen Minderheit abgeben. Praktische Schwierigkeiten würden sich aber durch die Konkurrenz der Gesetzeskraft besitzenden völkerrechtlichen und zwischenstaatlichen Vereinbarungen bezüglich der Behandlung der innerhalb der deutschen Grenzen befindlichen nationalen Minderheiten, wie in Oberschlesien oder in Nord-Schleswig, ergeben. Es könnte alsdann der Fall eintreten, daß ein in Oberschlesien ansässiger Jude, der sich zur polnischen Minderheit bekannt hat, im Sinne dieser Minderheitenschutzverträge die ausdrücklich gleiche staatsbürgerliche, kulturelle und wirtschaftliche Rechte mit den eigenen Vollbürgern verbürgen, besser gestellt wäre, als ein anderer Jude, der sich in der gleichen Lage für Deutschland bekennt. Noch weiter kompliziert sich die Sachlage bei Zugrundelegung der vor einiger Zeit ergangenen Entscheidung des Völkerbundsrates, die besagt, daß auf Grund dieses Minderheitenschutzprinzips ein in Oberschlesien ansässiger Jude schlechthin den Schutz der Minderheitenverträge in Anspruch nehmen kann, so daß die in Oberschlesien ansässigen deutschen Juden eine bessere Rechtsstellung innehätten als die durch die Reichsangehörigkeit bestimmten nichtarischen Deutschen im übrigen Reich. Da durch ein eventuelles Übergehen der Minderheitenschutzbestimmungen in der Verwaltungspraxis u. U. Repressalien bezüglich der Beobachtung der Minderheitenvorschriften für die außerhalb der deutschen Grenzen befindlichen deutschen Minderheiten in Kauf genommen werden müßten, stellt die Auflösung dieses Sonderkomplexes sich als sehr schwer erreichbar dar. Diese Schwierigkeiten könnten nur dann restlos ausgeräumt werden, wenn bezüglich der Auffassung der Judenfrage selbst in den in Frage kommenden Nachbarländern des Reiches eine Wandlung eintreten würde.

Diese rechtlichen Schwierigkeiten dürften jedoch geringer anzuschlagen sein, als die anderen Konsequenzen, die sich aus der Zusammenfügung der deutschen Juden zu einer völkischen Minderheit ergeben könnten. - Es ist nämlich für Außenstehende erstaunlich, mit welch verhältnismäßiger Wärme der Gedanke einer solchen jüdischen Autonomie , die die natürliche Folge der in eine besondere staatsrechtliche Form gebrachten Judenschaft sein würde, von jüdischer Seite selbst aufgenommen worden ist. Eine derartige zwangsweise Autonomie würde naturgemäß selbst eine Rettung der Judenschaft und des Judentums in religiöser und kulturellem und rassenmäßigem Sinne bewirken. ''Die jüdische Emanzipation mußte scheitern, weil der deutsch-jüdische Damm in seinen jüdischen Positionen morsch wurde und der deutsche Stützpunkt allein den jüdischen Menschen nicht mehr zu tragen wußte... Aus den deutschen Positionen gedrängt, will heute das deutsche Judentum sich im Bewußtsein seiner Wertigkeit zu jüdischem Inhalt bekennen... die alte Emanzipation ist gescheitert, weil die Menschen ihr jüdisches Gleichgewicht verloren haben ...'' (CV-Zeitung ). Innerhalb der deutschen Judenschaft ist eine sehr starke Bewegung im Gange im offenen Bekenntnis zu jüdischer Rasse und jüdischer Religion, die in Dissidententum und geistigem Liberalismus bzw. Libertinismus zersplitterten Kräfte wieder zu sammeln und so die auf der einen Seite in erstarrter Orthodoxie auf der anderen Seite in jüdisch-völkischer Desinteressiertheit Beiseitestehenden zu einer Reform des Judentums selbst zu vereinen. Die Assimilationsversuche sind nämlich naturgemäß dem Judentum selbst schlecht bekommen, ähnlich schlecht wie dem Deutschtum selbst; sie haben, vom religiös und rassemäßig positiv eingestellten Juden aus gesehen, selbst Zersetzung des Judentums und der ihm eigenen jüdisch-kulturellen Elemente bedeutet. Bei ungestörtem Ablauf der Entwicklung wäre es mit der Zeit dahin gekommen, daß eine Bevölkerungsschicht entstanden wäre, die in ihrem Inneren Bewußtseinsbruch sich weder als Juden noch als Deutsche gefühlt hätten. Die Reformation hat die Rettung des Katholizismus bedeutet, ähnlich könnte die Beendigung der Judenemanzipation, die ''Reformation der Rasse'', die Rettung der deutschen Judenschaft bewirken. Es darf auch darauf hingewiesen werden, daß durch die klare Abgrenzung der Judenschaft innerhalb des deutschen Volkes von jüdischer Seite selbst nicht etwa eine wirtschaftliche Vernichtung, sondern eher eine relative Verbesserung erwartet wird, - was allerdings noch dahingestellt bleiben kann - da es in diesem Falle nicht mehr möglich sei, ''die Agitation über die sachliche Grenze hinaus'' selbst zu treiben. ''Heute, solange das Wesen, die Aufgabe und das Ziel des jüdischen Volkes verborgen scheinen, solange ... Versammlungen mit dem Thema 'Das Geheimnis des Juden' abgehalten werden können, - heute noch kann der Ruf 'Kauf nicht bei Juden!' verbreitet und gehört werden.'' Es wird von jüdischer Seite auf das in Estland durchgeführte Beispiel der Autonomie der jüdischen Minderheit hingewiesen, die sich in wirtschaftlicher Richtung günstig bewährt habe, wie im übrigen auch Polen und die Tschechoslowakei ihren Judenschaften mehr oder weniger vollständige Autonomie gewährt hätten. Das rassische Programm des Nationalsozialismus geht nun ausdrücklich darauf hinaus, die Trennung zwischen Juden- und Deutschtum so vollständig als möglich herzustellen. So lautet u.a. eine Forderung, daß von Juden geschriebene Bücher und Zeitungen auch in hebräischer Sprache zu erscheinen hätten. Die Tendenz zur jüdischen kulturellen Autonomie ist damit schon vorgezeichnet. Tatsächlich wird nun auch der Erlernung der hebräischen Sprache (Neu-Hebräisch, insbesondere für jüdische Kreise, die nach Palästina auszuwandern beabsichtigen) erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet. Besonders die junge jüdische Generation ist der Träger des rassischen und kulturellen jüdischen Gedankens, durch den man sich eine Renaissance des Judentums erhofft. So wird in der Praxis, auf der einen Seite durch die besondere staatsbürgerliche Stellung der Juden, auf der anderen Seite aus der Hinausweisung der jüdischen Staatsmitglieder aus der kulturellen Mitarbeit und Kultursphäre automatisch die Judenschaft zu einem Körper eigener Art innerhalb des deutschen Volkes zusammengeschlossen; die weitere logische Folge müßte die Sanktionierung und Verankerung dieses Zustandes durch Gewährung eines öffentlichen Selbstverwaltungsrechts in aller Form sein. Es fragt sich nun, ob eine derartige kulturell und religiös festgefügte Minderheit - ähnlich wie das Zentrum von 1870-1918 - eines Tages nicht wiederum zur politischen Betätigung gelangen müßte.

Die Organisation des Judentums

''Centralverein''

Neben den religiösen israelitischen Organisationen, die im großen und ganzen in die zwei Richtungen der Orthodoxen Synagoge und der liberalen israelitischen Religionsgesellschaften zerfällt, hat das Judentum seither den 'Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens e.V.'' als seine organisatorische Hauptvertretung betrachtet. Die hinter dem Centralverein stehenden Kreise lehnten seither die rassenjüdische Auffassung ab: ''Wir deutschen Juden haben uns bis auf verschwindende Ausnahmen niemals selbst als 'Fremde' betrachtet. Ein Vergleich mit anderen in Deutschland lebenden Ausländern kann schon deshalb nicht zugrunde gelegt werden, weil - abgesehen von unserem deutsch-nationalen Gefühl - diese Ausländer ja Bürger ihres Heimatlandes sind, und dessen Schutz genießen''. In diesem Sinne der Gleichberechtigung und Gleichbewertung des Judentums gegenüber anderen Staatsbürgern, hat der Centralverein seine seitherige Tätigkeit gelenkt. Durch die neue Entwicklung der deutschen Innenpolitik sieht sich der Centralverein in seinen Zielen desavouiert, wozu noch kommt, daß die junge Generation des Judentums die von der deutschen Regierung angestrebte Lösung des jüdischen Problems dem Grundsatz nach restlos bejaht: ''Die Assimilationshoffnung habe sich auch für ihre Träger als ein Trug erwiesen. Für diese Trughoffnung habe der Jude seine Persönlichkeit und seine Wahrhaftigkeit geopfert''. So sah sich der Centralverein gezwungen, seine seitherigen Grundsätze aufzugeben. Er sieht seinen neuen Aufgabenkreis ''in der Erhaltung des Deutschtums der in Deutschland lebenden Juden'' und aber auch gleichzeitig in der Interessierung [sic] der in Frage kommenden Kreise - und das ist insbesondere die jüngere jüdische Generation - an der Auswanderung nach Palästina . Die jüdischen Wohlfahrtsverbände , die sich seither von zionistischen Bestrebungen fernhielten, haben in ihr Programm gleichfalls die finanzielle Hilfe für jüdische Genossen für die Palästina-Auswanderung aufgenommen. In Württemberg befaßt sich mit dieser Aufgabe die ''Jüdische Nothilfe'', die sich die Tätigkeit des jüdischen ''Zentralausschusses für Hilfe und Aufbau '' in Berlin zum Vorbild genommen hat.

Die zionistische Richtung ist durch die Organisation des ''Deutschen Zionistischen Verbandes'' vertreten, dessen Tätigkeit von fast dem gesamten Judentum größte Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. In den Propagandavorträgen des Verbandes, die über ganz Deutschland stattfinden, wurde die Aufnahmemöglichkeit von jüdischen Emigranten in Palästina sehr optimistisch geschildert. Er betrachtet es als seine gegenwärtige Hauptaufgabe, die Jugend für Palästina vorzubereiten, auch wenn ihre Übersiedlung erst in späteren Jahren erfolge. Die Mitwirkung der jüdischen Schule sei hierzu nicht zu entbehren, ihr geistiger Inhalt habe in Verbindung mit Palästina zu stehen. Um die zionistische Lösung der Judenfrage vorzubereiten, und in die Wirklichkeit zu überführen, hat die zionistische Bewegung die Organisationen des 'Hechaluz '' (Der Pionier) gegründet. Der ''Hechaluz'' besteht in 19 Ländern darunter auch in Deutschland. Als vorbereitendes Programm bezeichnet er u.a. Umschichtung (''Hachscharah '') zur körperlichen Arbeit, durch Eingliederung in die organisierte Arbeiterschaft, Übergang zur hebräischen Sprache. Jedes Mitglied muß einen landwirtschaftlichen handwerklichen Beruf ergreifen.

So schien es, als ob die zionistische Richtung von der deutschen Judenschaft restlos akzeptiert worden wäre, wenigstens hob das Organ des deutschen Zionismus - dieJüdische Rundschau - bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Sieg hervor, den die zionistische Idee gegenüber den seitherigen geistigen Lagern - Assimilations- und Staatsbürgergedanke - der Judenschaft errungen habe. Nicht nur für den Außenstehenden, auch für den Großteil der deutschen Judenschaft, wurde überraschenderweise im November d. J. seitens der Jüdischen Rundschau eine Korrektur dieses integralen zionistischen Standpunktes vorgenommen, die in einem Abrücken von ihm, und in einer Wendung in der Richtung des ''Staatsbürgergedankens'' ihren Ausdruck fand. Es wurde zugegeben, daß die zionistische Idee und die an sie geknüpften Pläne eine restlose Lösung der deutschen Judenfrage ''selbstverständlich'' nicht bringen könne, es dürften deshalb die Hoffnungen in dieser Hinsicht nicht voll auf den Erez-Israelplan zu setzen sein, sondern das deutsche Judentum müsse auch von sich aus, soweit es nicht an der Auswanderung nach Palästina teilnehmen könne, in irgend einer Form sich mit dem Gedanken vertraut machen, in ein Verhältnis zum deutschen Staat zu kommen. Die Gründe für diese Schwenkung dürften vor allem in den Schwierigkeiten zu suchen sein, auf die die jüdische Auswanderung in Palästina stieß: Die ablehnende Haltung der ansässigen arabischen Bevölkerung, die feste Haltung der englischen Protektoratsverwaltung, die trotz aller stürmischen Bitten und Vorstellungen der zionistischen Kreise das Einwanderungskontingent nicht über den von ihr gesteckten Rahmen hinaus erweiterte und schließlich auch die Stimmung, die sich in den Berichten gewisser enttäuschter jüdischer Einwanderer widerspiegelte, werden den Ausschlag gegeben haben. Die sich infolge der allzu optimistischen Darstellung und Propaganda der zionistischen Organisationen bezüglich des Aufbaus ihrer Existenz in der Jüdischen Heimstätte entwickelten übertriebenen Hoffnungen haben sich jedenfalls als falsch erwiesen.

''Reichsvertretung der deutschen Juden''

Eine Zusammenfassung und Spitzenvertretung der innerhalb der deutschen Judenschaft vorhandenen verschiedenen Richtungen vom CV, über den RJF (Reichsbund Jüdischer Frontsoldaten ) bis zum Zionismus stellt die ''Reichsvertretung der deutschen Juden'' dar.

''Reichsverband''

Die praktisch unlösbaren Fragen sind die der Einordnung der jüdischen Assimilanten , die sich weigern, zur jüdischen Rasse und Kulturgemeinschaft zurückzukehren, und die der halbarischen oder nichtarischen Staatsbürger . Durch die neue deutsche Gesetzgebung ist zwar eine Löschung der staatsbürgerlichen Schwierigkeiten nach der dritten Generation vorgesehen, jedoch ist damit die Frage der gegenwärtigen nicht rein arischen Generation nicht gelöst. Für diese Kreise ist der ''Reichsverband christlich-deutscher Staatsbürger nicht arischer und nicht rein arischer Abstammung'' der sich kürzlich in einer Unterorganisation für Württemberg konstituierte, gegründet worden. Aus Zeitungsberichten ist zu entnehmen, daß von behördlicher Seite die Berechtigung einer solchen Organisation anerkannt sei und daß auch bezüglich der leitenden Persönlichkeiten keinerlei Bedenken irgend welcher Art zu erheben seien. Als Ziele des Verbandes werden u.a. genannt: Beibehaltung der Grundlage des positiven Christentums mit Hilfe der Christlichen Kirchen, die Fürsorge für die heranwachsende Jugend. Die Mitglieder des Verbandes sollen ihre Kinder im Christentum erziehen, so daß der Verband hofft, die Kinder seiner Mitglieder der Gesamtorganisation der Deutschen Jugend anschließen zu können. Man glaubt, daß sich die Kirchen einer Mitwirkung an dieser Erziehungsarbeit nicht verschließen werden. Es wird ausdrücklich festgestellt, daß der Verband keinerlei geschäftliche oder politische Zwecke verfolge. Die Mitgliedschaft sollen nur über 18 Jahre alte männliche oder weibliche Reichsangehörige christlicher Konfession nicht arischer oder nicht rein arischer Abstammung erwerben können

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