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Chronik und Quellen
1933
September 1933

Bericht aus Ansbach

Der Regierungspräsident Ober- und Mittelfranken berichtet am 6. Oktober 1933 für die zweite Hälfte Septemberhälfte aus Ansbach:

Wegen Judenehen machten verschiedene Standesämter Schwierigkeiten. In der Erkenntnis der völkischen Bedeutung der Judenmischehen und im Einblick auf die Stimmung weiter Bevölkerungskreise lehnen manche Standesämter die Erlassung des Aufgebotes ab. Verschiedene Beschwerden hierüber sind dem Staatsministerium bereits zur grundsätzlichen Stellungnahme vorgelegt worden. In nicht wenigen Fällen handelt es sich um die Ehe von Juden, die im Felde standen und zum Teil hohe Tapferkeitsauszeichnungen erhalten haben. Meist sind Kinder schon vorhanden; bei Versagung des Aufgebots (zu der nach dem Wortlaut des Personenstandsgesetzes ein gesetzlicher Grund nicht vorliegt) drohen der öffentlichen Fürsorge mitunter nicht unbedeutende Belastungen. Andererseits haben Kinder aus Judenmischehen ebenfalls schwere Nachteile für ihr Fortkommen zu erwarten. Eine vorläufige Regelung dieser Verhältnisse schon vor Erlaß des neuen Rassegesetzes erscheint angezeigt.

Eingriffe in die Wirtschaft finden leider immer noch statt. Das Reichswirtschaftsministerium nahm in einem Falle Stellung gegen das ortspolizeiliche Verbot des Anhaltens von jüdischen Lieferautos innerhalb bestimmter Ortschaften und gegen Presseartikel der Provinzpresse, in denen der Juden-Boykott verherrlicht und zu entsprechendem weiteren Vorgehen aufgefordert wurde. Das Vorgehen gegen die jüdische Papierfabrik Heroldsberg (BA Erlangen) und die kreditgefährdenden Presseartikel über dieses Werk birgt die Gefahr des Erliegens des mehrere hundert Arbeiter beschäftigenden Unternehmens, seine Verlegung nach London in sich. Umgekehrt kann die vom I. Bürgermeister der Stadt Fürth im Interesse der Erhaltung der großen (jüdischen) Konservenfabrik Bauernfreund A.G. unternommene Aktion möglicherweise als ein taktischer und wirtschaftlicher Fehlgriff sich erweisen.

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