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Chronik und Quellen
1939
September 1939

Bericht aus Ansbach

Am 6. Oktober 1939 erstattet der Regierungspräsident Ober- und Mittelfranken in seinem „Monatsbericht“:

Juden

1) Versammlungen und sonstige Veranstaltungen jüdischer Vereine und Organisationen haben im Berichtsmonat nicht stattgefunden.

2) Auf Grund des Erlasses des Chefs der Sicherheitspolizei vom 7.9.39 wurden alle männlichen Juden polnischer Staatsangehörigkeit festgenommen. Ihre Zahl war 28. Gleichzeitig wurde den Familienangehörigen dieser Juden die Auflage erteilt, den Wohnort nicht ohne Zustimmung der Geheimen Staatspolizei zu verlassen. Das Vermögen der Juden polnischer Staatsangehörigkeit wurde sichergestellt.

3) Durch Erlaß des Chefs der Sicherheitspolizei vom 9.9.1939 wurde den Juden der Ausgang nach 20 Uhr verboten, außerdem war den jüdischen Gemeinden mitzuteilen, daß sie sich selbst Luftschutzräume zu bauen haben.

4) Ab 25.9.1939 wurden die in den Städten Nürnberg und Fürth wohnhaften Juden für den Bezug von Lebensmitteln (Brot, Fleisch, Milch, Kolonialwaren, Obst und Gemüse) bestimmten Einzelhandelsgeschäfte zugeteilt. Diese Regelung wurde im Benehmen [sic] mit der Gauleitung Franken der NSDAP und dem Wirtschaftseinzelhandelsverband getroffen. Grundsätzlich dürfen die Juden von Montag bis Freitag jeder Woche in der Zeit von 15 bis 17 Uhr Einkäufe in den ihnen bezeichneten Geschäften tätigen, Milch kann außerdem am Samstag und Sonntag jeweils in der ersten Geschäftsstunde am Vormittag eingekauft werden. Insgesamt sind in Nürnberg 60 und in Fürth 20 Einzelhandelsgeschäfte für die Abgabe der Lebensmittel an Juden bestimmt worden. Durchschnittlich ist jedes solches Geschäft für die Belieferung von 150 bis 200 namentlich bezeichneten Juden zuständig.

5) Auf Grund eines Erlasses des Chefs der Sicherheitspolizei vom 20.9.1939 wurden am 23.9.1939 die Rundfunkapparate der Juden beschlagnahmt. Durch diese Maßnahme wurden ca. 400 Rundfunkapparate im Regierungsbezirk erfaßt und bei der Geheimen Staatspolizei Nürnberg-Fürth, bezw. bei den Landratsämtern sichergestellt.

6) Die noch im Regierungsbezirk wohnhaften Juden benehmen sich im allgemeinen unauffällig und kommen den gegen sie getroffenen Anordnungen nach. Die jüdischen Kultusgemeinden und die ihnen angeschlossenen Auswanderungsberatungsstellen waren auch im Berichtsmonat bemüht, im Rahmen der ihnen zukommenden Aufgabe, die Auswanderung der noch im Inland befindlichen Juden zu fördern. Schwierigkeiten in der Auswanderung ergaben sich dadurch, daß die Schiffahrtslinien in der Nord- und Ostsee ihren Betrieb wegen des Kriegszustandes einstellen mußten. Das Bestreben der Juden ist neuerdings darauf gerichtet, über neutrale Staaten, insbesondere über Italien und Ungarn, aus Deutschland auszuwandern. Allerdings sind auch von diesen Ländern aus die Reisemöglichkeiten nach Afrika und Übersee noch sehr beschränkt. Trotzdem hat die Zahl der Auswanderer im Berichtsmonat, im Vergleich zum Vormonat, eine kleine Steigerung erfahren. Im September 1939 sind 164 Personen (Juden) ausgewandert, während es im August 1939 nur 102 Juden waren.

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