Bericht aus Leipzig
Am 25. September 1939 erstattet der SD-Abschnitt Leipzig folgenden „Inlandslagebericht“:
Gegnerarbeit jeder Art - II 112
Die jüdische Auswanderung liegt infolge des Krieges vollständig darnieder. Jede Auswanderung in die kriegsführenden Staaten ist unmöglich geworden. So entfällt insbesondere England, das in letzter Zeit als Zwischenwanderungsland eine gewisse Rolle spielte. Aber auch eine Einwanderung nach den neutralen Staaten ist nur in ganz wenigen Einzelfällen möglich.
Soweit sich bisher übersehen läßt, erteilen die Konsulate der neutralen Staaten zwar hier und da noch Einwanderungvisen, diese sind aber wesentlich schwieriger als früher zu erhalten.
Die Einwanderungvisen nach den Vereinigten Staaten werden in dem gleichen beschränkten Umfange weiterentwickelt. Auch die süd- und mitteleuropäischen Länder arbeiten anscheinend in der bisherigen Weise weiter.
Die Durchführung der Auswanderung wird aber durch den erheblichen Mangel an Schiffspassagen infolge Ausfalles oder Einschränkung vieler Schiffahrtslinien fast vollständig unterbunden. Erschwerend tritt hinzu, daß es unmöglich ist, Schiffspassagen gegen Reichsmarkzahlung zu erhalten.
Dieser Umstand wirkt sich umso hinderlicher aus, als durch die Einführung der Devisenbewirtschaftung in England und Frankreich Devisenbeträge für die Schiffspassagen aus diesen Ländern nicht mehr zu erhalten sind. Ebenso wird infolge der schlechten Postverbindungen nach den überseeischen Ländern für die Beschaffung von Devisenbeträgen von dort ansässigen Verwandten oder Freunden erhebliche Zeit beansprucht.
Auch die Möglichkeit einer Zwischenwanderung nach Italien ist in Wegfall gekommen.