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Chronik und Quellen
1939
September 1939

Berichte aus Kitzingen

Am 1. September 1939 berichtet die NSDAP Kreisleitung Kitzingen-Gerolzhofen:

Von der Ortsgruppe Kleinlangheim wurde berichtet, daß sich der Jude Ackermann, Kleinlangheim, verdächtig mache dadurch, daß er beständig bei den Juden in Kitzingen, Kleinlangheim und Wiesenbronn ein- und ausgehe und sicherlich Kurierdienste versehe. Beim Landrat haben wir sofort beantragt, daß der genannte Jude durch die Gendarmerie hereingeholt und zunächst einmal vernommen wird. Für den Fall, daß sich Belastendes ergibt, haben wir einstweilige Inhaftnahme beantragt. Die Haltung der Juden erregt in diesen, wie schon in den Tagen vorher, den Unwillen vieler Volksgenossen und hauptsächlich der Parteigenossen, weil sie sehr demonstrativ ihre Freude darüber zur Schau tragen, daß nun der ''Tag der Rache'' doch vielleicht nahe sei.

 

Am 4. September 1939 wird von gleicher Stelle folgender „Stimmungsbericht“ erstattet:

Die Juden im gesamten Kreisgebiet zeigen ein freches Benehmen. Anscheinend hören sie ausländische Sender. Es wäre Zeit, die gesamten Juden in ein Konzentrationslager zu stecken und ihnen die Rundfunkgeräte zu entziehen.

 

Drei Tage später folgt dieser Bericht:

Das Verhalten der Juden erregt nach wie vor größtes Ärgernis. Trotzdem ihnen gestern im Stadtgebiet Kitzingen sämtliche Rundfunkgeräte genommen wurden, besitzen sie die Frechheit, deutsche Volksgenossen, insbesondere Bauern auf der Straße anzusprechen und sich mit ihnen zu unterhalten. In provozierender Weise treiben sie sich insbesondere am Bahnhof und in der Adolf Hitlerstraße vor dem Anwesen der Kreisleitung herum.

 

Die Berichtserie wird am 11. September 1939 wie folgt abgeschlossen:

In Kitzingen und Marktbreit kam es am Wochenende zu Tätlichkeiten gegen die Juden. In Kitzingen wurde der berüchtigte Jude Moses Meier verprügelt. Der Täter wurde in Schutzhaft genommen, jedoch sofort auf Betreiben der Partei wieder auf freien Fuß gesetzt. Eine Anzeige wurde nicht erstattet.

In Marktbreit hat sich vor dem Hause eines Juden eine über 100 Mann zählende empörte Volksmenge versammelt, die des Juden Haushälterin, eine Deutsche aus Veitshöchheim, herausholte. Es gingen ein paar Fensterscheiben und sonstige kleine Bauteile in Trümmer. Der Jude selbst nahm keinen Schaden. Die pflichtvergessene Haushälterin wurde innerhalb 1 Stunde von ihrem Sohn per Kraftwagen abgeholt.

Nichtsdestoweniger muß nach wie vor eine starke Spionagetätigkeit der Juden festgestellt werden. Die Juden treiben sich nach wie vor sehr viel am Bahnhof herum, ebenso an den Hauptverkehrsstraßen, die von durchziehenden Truppen befahren werden. Auch wandern die Juden viel von Dorf zu Dorf und besuchen zum Teil draußen auf dem Land schon wieder die Gastwirtschaften.

So wurde mir aus Großlangheim gemeldet, daß dort der Jude Ackermann in der Wirtschaft ''zum Adler'' getroffen wurde. Diese Wirtschaft wird sehr viel von den in der Nähe liegenden Fliegern aufgesucht. Ich bin überzeugt, daß Ackermann nur um zu spionieren nach Großlangheim kommt. Ackermann selbst stammt aus Kleinlangheim. Wie vor einiger Zeit bereits berichtet, wurde dieser Jude vom Ortsgruppenleiter Fröhlich - Wiesenbronn aus seinem Dorfe gejagt, als er sich gerade auf den Wege nach Rödelsee macht. Es ist auffallend, daß dieser Jude immer die um den Flugplatz in Kitzingen gelegenen Orte aufsucht.

Es ist nach meinem Dafürhalten an der Zeit, endlich sämtliche Juden in einem Konzentrationslager zusammenzufassen, um aber auch wirklich nicht mehr mit deutschen Volksgenossen in Berührung treten zu können. Weiter wurde gemeldet, daß die Juden starke Einkäufe in Lebensmittelgeschäften, besonders bei Kupsch, Backdie usw. tätigen und besonders Waren, die bezugscheinfrei sind, hamstern.

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