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Chronik und Quellen
1938
Dezember 1938

Zweimonatsbericht des NSDAP-Hauptschulungsamtes

Ende 1938 legt das NSDAP-Hauptschulungsamt seinen Bericht für die Monate November/Dezember vor:

Juden

Gau Sachsen

Der Mord an Pg . vom Rath und die sich daraus ergebenden Folgen beschäftigen auch heute noch die Bevölkerung ziemlich stark. Die gegen die Judenschaft ergriffenen Vergeltungsmaßnahmen sind teils begrüßt, teils mit Kritik aufgenommen worden. Auf alle Fälle bot der Widerstreit der Meinungen eine vortreffliche Gelegenheit, die Wirkung der weltanschaulichen Erziehungsmaßnahmen der Partei zu erproben. Eindeutig ist festzustellen:

a) die Parolen der liberalistischen Erziehung der Vergangenheit konnten nicht ausgelöscht werden;

b) die nationalsozialistische Propaganda hat sich zum Teil so ausgewirkt, daß ein gewisses Angstgefühl erzeugt wurde, gipfelnd in der Überzeugung, daß gegen die jüdische Weltmacht am Ende eben doch kein Kraut gewachsen sei.

Vor allem im sogenannten Bürgertum haben die spontanen Abwehrmaßnahmen Unwillen erregt. Die Redensart vom ''anständigen Juden'' erweist sich dabei als unsterblich. In einem Bericht eines sächsischen Kreises wird sogar die Annahme vertreten, daß die zweite Eintopfsammlung offenbar unter dieser kritisch-ablehnenden Haltung der Bevölkerung gelitten habe. Auch ist es vorgekommen, daß der Beitrag zur Eintopfspende mit dem Hinweis auf die ''Zerstörung deutschen Volksgutes'', verursacht durch Einzelaktionen , abgelehnt wurde. Dabei fehlte der entsprechende Hinweis auf den Vierjahresplan nie. Selbstverständlich haben die Gegner des Nationalsozialismus alles getan, um die kritische Stimmung noch zu steigern. Welches Maß der Selbstzucht aber umgekehrt der Parteigenossenschaft auch noch heute fehlt, geht leider aus der Tatsache hervor, daß auch hier die Meinung durchaus nicht einhellig war. In einem Kreis mußte bedauerlicherweise ein Kreisamtsleiter der Gerichtsbarkeit übergeben werden, weil er unter dem dringenden Verdacht steht, sich bei einer Haussuchung am Eigentum von Juden persönlich bereichert zu haben.

Zusammenfassend kann gesagt werden:

a) Es gelingt entweder, durch eine nachdrückliche Aufklärungsarbeit eine einheitliche Volksmeinung in der Judenfrage zu schaffen, oder aber wir konservieren die Humanitätsphrasen der Vergangenheit für die kommende Generation; die die Judenfrage aus eigener Anschauung gar nicht mehr kennt. Damit aber wäre es nur eine Frage der Zeit, wann das Judentum wieder in Deutschland eindringen kann.

b) Die Aufklärung muß zweierlei zerstören: Mitleid und Angst. Auf keinen Fall darf sie den Eindruck erwecken, daß das Judentum mit absoluter Folgerichtigkeit und dauerndem Erfolg seinem Ziele zustrebt und daß doch jeder Widerstand vergeblich sei, ja die Lage nur verschlimmern könnte. Es muß darauf geachtet werden, daß die Angst vor der Rache der Juden nicht zur Psychose wird.

 

Gau Halle-Merseburg

Ein Pfarrer aus dem Kreise Wittenberg sagte am 2. Weihnachtsfeiertag in der Kirche folgendes: ''Es wird jetzt viel das Lied gesungen, das aus einer Diesseitsstimmung heraus geschaffen wurde und von dem Juden Heinrich Heine gedichtet wurde: Freut Euch des Lebens.'' Der Berichterstatter sagt dazu: ''Dabei lag dem geistlichen Handwerker die nicht ausgesprochene Absicht zugrunde, unser Vorgehen gegen die Juden in Mißkredit zu bringen. Es sollte wohl heißen: An einem der größten Feiertage (1. Mai) des Dritten Reiches singt man jüdische Lieder und verfolgt andererseits die Juden.''

 

Gau Baden

Aus dem Kreis Freiburg ging folgender Bericht ein:

In der von der kirchlichen Seite betriebenen Flüsterpropaganda wurde im Zusammenhang mit unserem Vorgehen gegen die Juden die folgenden Behauptungen in Freiburg wieder aufgewärmt und eifrig verbreitet, um der Partei völlige Inkonsequenz vorzuwerfen:

''Alfred Rosenberg selbst stamme von Juden ab'', ''Frau Emmy Göring sei mit einem Juden verheiratet gewesen'', ''Frau Magda Goebbels sei mit einem Juden verheiratet gewesen''.

In den vergangenen Wochen haben zahlreiche reisende Geschäftsvertreter es sich wieder einmal zur Aufgabe gemacht, für die ''armen Juden'' ein gutes Wort einzulegen und bei den Geschäftsfreunden zu verbreiten, an welchen Orten unseres Gaues ''Ausschreitungen'' vorgekommen sind.

 

Gau Düsseldorf

Aus dem katholischen Lager hört man immer wieder die Ansicht, daß, nachdem die Judenaktion jetzt vorbei sei, der Kampf gegen die katholische Kirche beginnen würde. Diese Gerüchte werden von den Gegnern der nationalsozialistischen Weltanschauung bewußt ausgestreut, um die oppositionelle Haltung der Katholiken zu bestärken.

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