Menü
Chronik und Quellen
1938
März 1938

Bericht aus Heidelberg

Am 23. März 1938 erstattet der Oberstaatsanwalt Heidelberg seinen Bericht für Februar und März 1938:

Anzeigen wegen Hochverrats gingen ein zwei, in der Berichtszeit des Vorjahres sechs, wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz1 elf, im Vorjahr 15, wegen Vergehens gegen das Gesetz zum Schutz von Volk und Staat keine, im Vorjahr und wegen Vergehens gegen das Blutschutzgesetz (Beschäftigung von Dienstboten) zwei, die gleiche Zahl im Vorjahr. [...]

Beanstandet werden die Strafen, die von den Gerichten wegen Verbrechen gegen § 5 Abs. 2 Blutschutzgesetzes ausgesprochen werden. Es läßt sich nicht bestreiten, daß die Gerichte mitunter in zu weitgehendem Maße Milderungsgründe anerkennen und die ausgesprochenen Strafen dem Zweck des Gesetzes, die Reinerhaltung der Rasse zu sichern, nicht entsprechen. Zu einem sehr erheblichen Teil trägt aber das Gesetz selbst Schuld daran. Durch wahlweise Zulassung von Gefängnis und Zuchthaus bringt der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck, daß er zwischen leichten und schweren Fällen unterscheidet und er verzichtet sogar auf Festlegung von Mindeststrafen, sodaß theoretisch Strafen von 1 Tag Gefängnis an zulässig sind. Daß in schweren Fällen von Rassenschande , insbesondere bei Verführung, Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen, Vorspiegelung arischer Abstammung und dergleichen, unnachsichtlich auf Zuchthaus zu erkennen ist, ist selbstverständlich und ich glaube, daß sich die Gerichte auch dieser Aufgabe nicht verschließen, wie aus einer Aufstellung in der Sondernummer acht des ''Stürmer '' vom Januar 1938 über Gerichtsurteile auf Grund des Blutschutzgesetzes zu ersehen ist. Aber es bleiben die zahlreichen Fälle, in denen weitgehende Milderungsgründe vorliegen. Der weibliche Teil ist eine Dirne oder Halbdirne, er ist dem Jud nachgelaufen und hat ihn nicht mehr losgelassen oder es kam überhaupt nicht zum Beischlaf, sondern nur zu unzüchtigen Handlungen anderer Art und dergleichen. Es wäre denkbar, daß der Gesetzgeber auch solche Fälle ohne weiteres mit Zuchthaus oder hohen Mindestgefängnisstrafen bedroht. Daran wäre der Richter gebunden. Solange dies nicht zutrifft, werden die Gerichte in den milder gelagerten Fällen je nach Lage des Einzelfalls Abstufungen in den auszusprechenden Strafen eintreten lassen, deren Begründetheit sich weniger nach dem Inhalt der Akten, als dem Ergebnis der Hauptverhandlung, namentlich dem persönlichen Eindruck der Beteiligten, beurteilen läßt. Soweit sich die Gerichtsurteile im gesetzlichen Strafrahmen halten, scheint mir eine Revision aussichtslos.

Baum wird geladen...