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Chronik und Quellen
1942
Juni 1942

Ankunft in Majdanek

Robert Eisenstaedt
P. O. Box 404
Washington Bridge Sta.
New York, N. Y. 10033
U.S.A.                
             , den 12. Maerz 1972

Internationaler Suchdienst
des Roten Kreuzes
3548 Arolsen
Deutschland

Sehr geehrte Herren!

Ich, Robert Eisenstaedt, geb. 25.7.1919 in Frankfurt/Main lebte bis zu meiner Deportation in Hanau am Main, Nuernbergerstr. 3.

Die Personalien meiner Familie, die mit mir zusammen deportiert wurden, gebe ich an der 2. Seite dieses Schreibens an.

Wir erreichten damals am Donnerstag, den 4. Juni 1942 Lublin in Polen. Die SS forderte alle Maenner von 15 bis 50 auf den Zug verlassen und half denen, die durch geschwollene Beine und Fuesse nicht in die Schuhe hineinkamen, mit den Gewehrkolben aus.

Es waren za. 250 bis 300 Maenner, die dann rennend von der SS in das Lager Majdanek getrieben wurden.

Mein Bruder Wilhelm war mit mir. Za. vier Wochen spaeter wurde uns gesagt, dass mein juengerer Bruder Heinrich auch in das Lager gebracht wurde. Heinrich war nicht in demselben Feld mit uns. Wir waren in Feld # 1. Das Lager wurde staendig vergroessert und neue Felder gebaut. Jedes Feld bestand aus zwei Reihen Baracken und einem grossen Apellplatz. Es war uns nicht bekannt, wieviel Felder zur Zeit fertig waren oder wieviel Insassen jedes Feld hatte. Ich schaetze die Insassen in Feld # 1 auf za. 8000.

Die Krematorium Gebaeude nahmen den Raum eines Feldes ein und wurden Tag und Nacht in Betrieb gehalten.

Wir hatten schon bald Opfer unter unseren Bekannten, die mit uns kamen.

Neben den Reichsdeutschen Juden waren auch Polen, Tschechen, und einige Russische Kriegsgefangene, die angeblich von Tausenden uebrig sein sollten, da das Lager urspruenglich nur fuer Kriegsgefangene war.

Ich weiss nicht, ob weitere Angaben von Wichtigkeit fuer Sie sind.

Bitte sehen Sie, ob Sie irgendwelche Nachricht ueber meine auf Seite 2 angefuehrte Familie haben.

Personalien meiner Familie, die mit mir am 30. Mai 1942 von Hanau am Main nach Polen verschleppt wurden:

1) Henriette Eisenstaedt, geb. Lefkovitz, geb. 14.11.1890 in Buswiler, Frankreich.
2) Martha Eisenstaedt, geb. 6.19.1915 in Strassburg, Frankreich
3) Wilhelm Eisenstaedt, geb. 28.6.1917 in Strassburg, Frankreich
4) Rosa Eisenstaedt, geb. 4.11.1924 in Hanau am Main
5) Heinrich Eisenstaedt, geb. 18.5.1928 in Hanau am Main
6) Heinz-Helmut Eisenstaedt, geb. 8.5.1938 in Hanau am Main, Sohn meiner Schwester Martha und eines Hans Waider. Die Ehe konnte nicht stattfinden wegen den Nuernberger Gesetzen. Hans Waider war Offizier in der Deutschen Luftwaffe und kam nicht aus dem Ostkriege zurueck.

Ich selbst fluechtete am 11. Juli 1942 aus Majdanek und kam nach 12 Tagen nach Frankfurt zurueck, wo ich mich fuer sieben Monate versteckt hielt und meine Wunden zu heilen versuchte.

Meine abendteuerlichen Erlebnisse endeten mit meiner Flucht in die Schweiz am 28. Februar 1943.

Sollten Sie weitere Nachricht von mir erwarten betr. Namen von mit mir zusammen Deportierten Personen, so bitte ich Sie mir dies mit zuteilen.

Fuer Ihre Bemuehungen nach meiner Familie zu forschen danke ich Ihnen im Voraus und sehe Ihrer Nachricht entgegen.

Mit vorzueglicher Hochachtung
Robert Eisenstaedt

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