Übergriffe der SA in Breslau
Am 11. März 1933 geht bei der Politischen Polizei Preußens folgender telefonischer Bericht des Breslauer Polizeipräsidenten ein:
Der Polizeipräsident Breslau teilt mit:
In Breslau ist heute früh die Ruhe gestört worden durch die SA , welche in jüdische Warenhäuser und Geschäfte eingedrungen ist.2 Es ist Schutzpolizei eingesetzt worden, die in aller Ruhe die SA abgedrängt hat. Zu Zwischenfällen ist es dabei nicht gekommen. Die Warenhäuser haben nunmehr ''freiwillig'' bis Montag geschlossen. Ferner ist die SA in das Land- und Amtsgericht eingedrungen und hat jüdische Rechtsanwälte und Richter aus ihren Amtszimmern herausgeholt. Wiederum ist Schutzpolizei eingesetzt worden, die mit Energie, aber ohne Zwischenfälle die SA herausgedrängt hat. Die Festgenommenen sind, soweit übersehen werden kann, wieder frei. Jedenfalls ist ein Fall von Freiheitsberaubung nicht gemeldet. Die SA versucht nun, auch das Warenhaus Wertheim zu schließen, deshalb ist vorsorglich die Schutzpolizei dort eingesetzt. Die SA beruft sich auf die gestrige Essener Rede des Herrn Reichsministers Göring , wonach polizeilicher Schutz für Warenhäuser nicht zur Verfügung stehen soll.3
Der Polizeipräsident hat die SA-Führung auf die Kundgebung des Herrn Reichskanzlers4 verwiesen und mit Nachdruck erklärt, daß keine weiteren Ruhestörungen zugelassen würden, vielmehr mit allem Nachdruck eingeschritten werden würde. Wenn es bisher auch nicht zur Gewaltanwendung zwischen SA und Schutzpolizei gekommen sei, so müsse man diesen Augenblick doch ins Auge fassen. Der Polizeipräsident fühle sich vor allem verantwortlich dafür, daß die Arbeitslosigkeit nicht vermehrt werde durch die Schließung der Warenhäuser und Geschäfte. Die Schwierigkeit liege darin, daß mit dem SA-Führer Heines im Verhandlungswege nichts zu erreichen sei. Dieser berufe sich auf eine Unterredung zwischen dem Herrn Minister und ihm und sage, er müsse die nationale Welle vorwärts treiben.5
Außerdem sind heute sämtliche großen Autostraßen um Breslau herum von der SA abgesperrt worden. Die Breslau verlassenden Autos sind von der SA angehalten und durchsucht worden, anscheinend um zu verhindern, daß Juden Breslau verlassen.
Die SA weigere sich außerdem, heute abend die Hakenkreuzfahne, wie vom Herrn Minister angeordnet, auf den öffentlichen Gebäuden einzuziehen. Der Polizeipräsident hat diese Angelegenheit dem Oberpräsidenten gemeldet. Er schlägt vor, wenn dieser nicht andere Weisung gibt, die Sache auf sich beruhen zu lassen und neben den vorhandenen Flaggen die schwarz-weiße6 mit dem Trauerwimpel zu hissen.
Ich habe den Herrn Polizeipräsidenten gebeten, schwere Zusammenstöße zwischen Schutzpolizei und SA, namentlich solche, die öffentlich auffallen könnten, nach Möglichkeit zu vermeiden. Der Polizeipräsident hat mir erklärt, daß er entsprechende Weisung schon gegeben habe.