Empörung über Kennzeichnung
Erwin Garvens aus Hamburg empört sich am 21. September 1941 in seinem Tagebuch über die Einführung des gelben Sterns:
Sonntag, 21. September (1941) vormittags wie die letzten Tage [ ] und wir hatten infolgedessen nicht viel von der „Alten Liebe“. Aber mittags klarte es sich, und wir konnten nach dem Essen mit Oldenburgs noch einen netten Spaziergang am Deich machen. Um 5.16 fuhren wir dann ab; zunächst war es ganz gemütlich, ab Stade wurde es aber unheimlich voll mit Sonntags-Ausflüglern, so daß wir ziemlich gerädert um 9.29 in Hamburg ankamen. Glücklicherweise kriegten wir schnell ein Auto, das uns - schon im Dunkeln -eiligst nach Hause fuhr. Wir konstatierten am Abend, daß wir beide etwa 3 Pfd. zugenommen hatten, und [...] an, daß uns diese unsere dritte Reise 1941 von allen am meisten befriedigt und erfrischt hat, obwohl das Wetter ja nicht günstig gewesen war.
Es war nur schade, daß das wirklich gute Herbstwetter erst jetzt einsetzte - wieder a tempo mit Beginn der jüdischen Feiertage. Die bescherten den Juden diesmal eine besondere Aufmerksamkeit seitens unserer glorreichen Regierung: seit dem 19. September müssen alle Volljuden, sofern sie nicht arisch versippt sind, einen großen gelben Stern mit der Aufschrift „Jude“ tragen. Von unseren Bekannten sind, wegen der erwähnten Ausnahmevorschrift, verhältnismäßig wenige betroffen, was aber nicht hindert, daß sich alle anständig denkenden Menschen über diese barbarische Maßnahme im tiefsten Herzen schämen. Ich persönlich finde darin eine eklige Verschandelung des Straßenbildes, zumal die Sterne grell und häßlich sind. Gerade jetzt während der Feiertage sieht man in unserer Gegend (Rotherbaum) besonders viele solcher Sterne und sieht sich natürlich unwillkürlich die Menschen darauf an, mit dem Ergebnis, daß man ohne die Kennzeichnung nie darauf gekommen wäre, es mit Juden zu tun zu haben, so „neutrale“ Gesichter haben sie.