„Judenstern“ und Gottvertrauen
Ein Gedicht ruft die Juden am 14. September 1941 dazu auf, den gelben Stern mit Gottvertrauen zu tragen:
Mögen Dovid [Schild Davids]
Ein neuer Stern erscheint am Himmel einer Welt,
die voll von Haß und blindem, blutgem Wüten,
in der der wehe Todesschrei erschütternd gellt,
in der verstummt dein Ruf ist, holder Frieden,
in der die Kriegsfanfare grausam furchtbar schallt,
der Tod versenkt die Welt in blut’ge Fluten.
Und doch der Stern, der neuentdeckte ist uralt:
Er ist der Stern Makkabis, ist der Stern der Juden.
Heut’ soll er strafend lasten auf der Juden Brust,
ein schmähend Mal, das soll er für uns werden;
soll rauben uns am Leben Freud und Lust;
soll drücken uns zu allen den Beschwerden,
die uns erfüllen mit der Sorge Weh und Leid,
die schlimmer ist wie sonst in alten Tagen.
Und doch wir haben uns dem alten Stern geweiht.
Wir wollen ihn mit festem Mut und Gottvertrauen tragen.
Der Mogen David ist’s, der helle heil’ge Stern,
zu dem wir betend in die Höhe schauen,
der ewig wandelt in des weiten Himmels Fern’,
auf den wir seit Jahrtausenden schon bauen.
Er lastet nicht als wehe Schmach auf unserer Brust.
Er wandelt weiter in des Herrgotts Nähe.
Wir müssen immer dessen sein uns fest bewußt:
Der Mögen Dovid bleibt uns leuchtend in der Höhe.
Doch all die ändern, die den heilgen Davidstern
nicht tragen müssen, weil sie nicht verpflichtet,
sie fühlen sich dem Judentume doch nicht fern,
ihr Blick ist doch auf ihren Davidstern gerichtet.
Wenn in den nächsten Tagen hell der Schofarschall erklingt,
dann soll der Mögen Dovid uns die Mahnung geben:
Wozu zu Leid und Schmach uns heut man zwingt,
sei unser Hoffnungsstern in unserm ganzen Leben.
München, den 14. September 1941.
Herrn Direktor Stahl gewidmet und zugeeignet.