Razzien und Verhaftungen in Berlin
Hermann Samter schreibt Lisa Godehardt am 5. August 1941 über Razzien und Verhaftungen in Berlin:
Lisa,
für die schönen Sachen vielen Dank! Es hat geschmeckt und schmeckt noch sehr gut. -Meinen Urlaub habe ich um 4 Wochen verschoben. Na, bis September kann noch viel geschehen. Vorigen Donnerstag fanden abends zwischen 9 und ½ 12 bei über 1000 jüdischen Familien in Berlin Haussuchungen statt. Man suchte nach Geld, Gold, Tomaten, Obst, Rotwein und was sonst ein Jude heute nicht besitzen darf. Wer nicht zu Hause war, wurde notiert. Wer in einer ändern Wohnung angetroffen wurde, wurde gleich mitgenommen, dieweil ein Jude ab 9 Uhr abends in der eigenen Wohnung zu sein hat. (Gesagt hat das einem aber niemand vorher!) Es wurden auch solche Leute gleich mitgenommen, die arbeitsfähig sind, aber noch nicht im Arbeitseinsatz. Im ganzen gab es an dem einen Abend 70 Verhaftungen. Jetzt geht das Rätselraten los: Darf man in den Wald gehen? usw. Übrigens, wie sich auch schon gezeigt hat, gar nicht so eine lächerliche Frage. Sie sehen, man hat hier große Sorgen. Vielleicht zeigen aber bald die britischen Luftpiraten, daß es noch schlimmere Sorgen gibt.
Herzlichen Gruß
auch an Ihre Mutter u. Roswitha!