„Arisierung“ durch Reichsbahn
Die Reichsbahn möchte am 26. März 1941 ein Grundstück in Frankfurt am Main erwerben, das zuvor den jüdischen Gebrüdern Kaufmann gehörte:
Unmittelbar!
Betrifft: Veräußerung des aus jüdischem Besitz (Salli und Leopold Kaufmann) von der Geh. Staatspolizei beschlagnahmten Hausgrundstücks in Frankfurt a. M., Poststr. 8. Anlagen: 3 (Grundbuchauszug, Wertberechnung des Pr. Staatshochbauamtes in Bad Homburg v.d.h. vom 18.1.41,1 Lageplan.) Berichterstatter: Regierungsrat Dr. Müller.
Ohne Erlaß.
Das vorbezeichnete Grundstück liegt gegenüber dem Hauptpersonenbahnhof in Frankfurt a. M. und unmittelbar neben einem Ämtergebäude der Deutschen Reichsbahn. Die Reichsbahndirektion in Ffm ist an dem Erwerb dieses Grundstücks insofern interessiert, als sie infolge größeren Raumbedarfs in der Nähe der Bahnanlagen zu räumlichen Erweiterungen gezwungen ist.
Aus diesem Grunde verhandelte die Reichsbahndirektion bereits am 10.2.39 m>t dem Finanzamt Berlin-Moabit, das damals mit der Ausbürgerungssache Salli Kaufmann befaßt war. Die Übereignung des Grundstückes wurde der Reichsbahndirektion in Aussicht gestellt.
Da sich das Einziehungsverfahren in unerwarteter Weise verzögerte, stellte der Treuhänder des Grundstücks, Rechtsanwalt Göllner in Ffm, zunächst freigewordene Räume im I. Stock des Grundstücks mietweise für Zwecke der Reichsbahn zur Verfügung. Es machte sich im Laufe der Zeit auch notwendig, die Sammelheizungsanlage instand zu setzen und eine größere Dachreparatur vorzunehmen. Diese Arbeiten wurden im Hinblick auf den künftigen Erwerb von der Reichsbahn und auf deren Rechnung durchgeführt. Auch die Beheizung des Grundstücks erfolgt seit dem 9.12.39 auf Kosten der Reichsbahn.
Der Einheitswert des Grundstücks beträgt 52700,- RM. Die vom Preuß. Staatshochbauamt aufgestellte Wertberechnung vom 18.1.41 nebst Lageplan wird vorgelegt. Hiernach beträgt der Wert des Grundstücks rd. 85 000,- RM. Das Anwesen ist nach dem anliegenden Grundbuchauszug belastet mit einer Hypothek, umgewandelt in eine Grundschuld, zu Gunsten der Frankfurter Sparkasse 1822 (Sparkasse der Polytechnischen Gesellschaft) in Höhe von 84 000,- RM. Die Reichsbahndirektion ist bereit, das Grundstück zum Preise von 84 000,- RM zu erwerben. Sie hat bis jetzt ziemliche Aufwendungen für das Anwesen zur Durchführung gebracht. Weitere bauliche Veränderungen an dem Grundstück sind noch nötig.
Ich möchte daher die Übereignung des Grundstücks an die Reichsbahn befürworten und bitten, baldmöglichst zu entscheiden, g.F. auch darüber, ob nicht der Verkaufswert gemäß der Wertberechnung auf 85 000,- RM festzusetzen ist. Die Reichsbahn legt Wert darauf, sobald wie möglich in den Besitz des Grundstücks zu kommen.