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Chronik und Quellen
1941
März 1941

„Endgültige Judenevakuierung“

Eichmann erwähnt am 20. März 1941 im Propagandaministerium Hitlers Auftrag an Heydrich, die „endgültige Judenevakuierung“ zu planen:

Betrifft: Evakuierung der Juden aus Berlin.

Am 20.3. [1941] fand im Propagandaministerium eine Besprechung bei Pg. Gutterer statt, an der Vertreter des Sicherheitshauptamtes und des Generalbaurats Speer teilnahmen. Pg. Gutterer teilte mit, daß Dr. Goebbels bei einer Unterhaltung an der Mittagstafel des Führers auf die in Berlin noch ansässigen 60 - 70 000 Juden aufmerksam gemacht wurde. Man habe bei diesem Gespräch festgestellt, daß es nicht weiterginge, daß die Hauptstadt des nat.-soz. Reiches auch heute noch eine derartige hohe Zahl Juden beherberge. Ein gewisser Teil der Juden pflege regen Verkehr und vermiete Zimmer an ausländische Studenten, Journalisten, Diplomaten und hätte so Gelegenheit, staatsabträgliche Gerüchte zu verbreiten und stimmungsmäßig Schaden anzurichten.

Der Führer habe bei diesem Gespräch zwar nicht selbst entschieden, daß Berlin sofort judenfrei gemacht werden müsse, aber Dr. Goebbels sei der Überzeugung, daß ein geeigneter Evakuierungsvorschlag sicher die Zustimmung des Führers finden werde.

Pg. Eichmann vom Sicherheitshauptamt sagte, daß Pg. Heydrich - der vom Führer mit der endgültigen Judenevakuierung beauftragt sei - dem Führer vor 8-10 Wochen einen Vorschlag vorgelegt habe, der nur deshalb noch nicht zur Ausführung gelangt sei, weil das Generalgouvernement z. Zt. nicht in der Lage sei, einen Juden oder einen Polen aus dem Altreich aufzunehmen. Es liege allerdings ein schriftlicher Befehl des Führers über die Evakuierung von 60 000 Juden aus Wien vor, die also das Generalgouvernement noch aufnehmen müsse. In Wien seien jedoch vorerst nur 45 000 Juden greifbar, so daß man die restlichen 15 000 Juden möglicherweise aus Berlin entfernen könne.

Man müsse ferner berücksichtigen, daß die Produktion heute jeden arbeitsfähigen Juden brauche, daß arbeitseinsatzfähige Juden, deren Zahl infolge Vergreisung des Judentums auch schon nicht groß sei, zurzeit kaum noch aufzutreiben wären. Man beabsichtige sogar, aus dem Warthegau zeitweilig 42 000 männliche und 30 000 weibliche jüdische Arbeitskräfte ins Reich zu überführen.

In Berlin hätten die Juden bei ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Selbstverwaltung einen Riesenapparat aufgezogen, der allein 2700 jüdische Beamte und Angestellte beschäftigte. Der jüdischen Reichsvereinigung sei daher die Auflage gemacht worden, von ihren 1000 Arbeitnehmern 250 zu entlassen, und die jüdische Gemeinde Berlin müsse 700 entlassen.

Von 22 jüdischen Altersheimen sind die größten und modernsten geräumt worden, so daß augenblicklich noch 15 jüdische Altersheime existieren.

Der Vertreter des Generalbaurats Speer gab bekannt, daß zurzeit in Berlin 20 000 Wohnungen von Juden benützt werden. Diese Wohnungen benötige Speer als Reserve für Freimachungen bei evtl. größeren Fliegerschäden und später für Freimachungen von Wohnungen, die bei der Neugestaltung Berlins abgerissen werden müssen. In Berlin bestehe zurzeit ein Mangel von 160 -180 000 Wohnungen. Das Ergebnis der Aussprache war, daß Pg. Eichmann gebeten wurde, für Gauleiter Dr. Goebbels einen Vorschlag zur Evakuierung der Juden aus Berlin auszuarbeiten.

Bei der Aussprache wurde ferner angeregt, eine polizeiliche Verordnung zu erlassen, wonach es Juden in Berlin verboten ist, Wohnungen an nichtjüdische Ausländer zu vermieten.

Da die Juden sich offensichtlich nicht an die vorgeschriebenen Einkaufszeiten in den Einzelhandelsgeschäften halten und auch wieder Straßen und Lokale besuchen, deren Zutritt ihnen verboten ist, soll eine Razzia im Rahmen der verfügbaren Polizeikräfte vorgeschlagen werden

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