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Chronik und Quellen
1940
August 1940

Ausfuhrverbote und Einkaufsbeschränkungen

Am 2. August 1940 berichtet „The New York Times“ über Ausfuhrverbote, Einkaufsbeschränkungen und Sperrgebiete für Juden in Deutschland:

Juden werden im Reich neue Einschränkungen auferlegt. Auswanderer dürfen nur das Allernötigste an Kleidung mitnehmen. Einkaufszeit auf eine Stunde beschränkt. Jüdische Krankenhäuser dürfen Dach nicht mit Rotem Kreuz kennzeichnen.

Berlin, 2. August (AP) Die Einschränkungen, denen Juden in Deutschland unterworfen sind, werden insgesamt verschärft. Heute werden beispielsweise Verordnungen für Auswanderer erlassen, denen zufolge es ihnen untersagt ist, mehr als zwei Garnituren Kleidung, einen Arbeitsanzug, einen Pullover und einen Mantel mit außer Landes zu nehmen. Bislang konnte ein emigrierender Jude die ihm verbliebenen [Reichs-]Mark in seine persönliche Ausstattung investieren, um sich das Leben in seinem Aufnahmeland zu erleichtern. Nun darf er nur noch die allernötigsten Kleidungsstücke mitnehmen.

Nach den neuen Auflagen darf beispielsweise eine erwachsene jüdische Frau zwei Kleider, zwei Stücke Berufsbekleidung, zwei Schürzen, einen Pullover, einen Regenmantel oder ein Stück Regenbekleidung, einen Wintermantel oder ein Wintercape, ein Paar Winterhandschuhe, drei Paar Unterhosen, zwei Nachthemden oder Schlafanzüge, zwei Unterröcke, sechs Paar Strümpfe, zwei Bettlaken, zwei Bettbezüge, zwei Kissenbezüge, ein Kissen, zwei Bettdecken, ein Paar Matratzen oder einen Strohsack, zwei Paar Straßenschuhe, ein Paar Haus- oder Turnschuhe, drei Handtücher, drei Geschirrtücher, zwei Putzlappen und zwei Staubtücher mitnehmen.

Juden, die nicht imstande sind auszuwandern - und nur sehr wenigen gelingt das jetzt noch -, wurden durch lokale Polizeiverordnungen weitere Einschränkungen auferlegt; die in Berlin erlassenen sind dafür typisch.

Jüdischen Inhabern von Telefonanschlüssen wurde heute mitgeteilt, dass ihnen deren Nutzung untersagt ist, mit Ausnahme von Anrufen bei Ärzten, Krankenschwestern und Hospitälern. In Fällen, wo Juden einen Nebenanschluss zu Telefonen haben, deren Inhaber „Arier“ sind, wurden Letztere angehalten, die Verbindung zu kappen. Den jüdischen Krankenhäusern wurde verboten, das Rote Kreuz auf ihre Dächer zu malen. Juden dürfen hier ihre Besorgungen nur noch zwischen 16 und 17 Uhr erledigen. Das gilt nicht nur für alle Geschäfte, sondern auch für private und öffentliche Märkte, und Juden klagen, es sei unmöglich, die Einkäufe in nur einer Stunde zu erledigen, wenn dort lange Schlangen stehen. Nichtjuden ist es untersagt, für Juden außerhalb der Zeit zwischen 16 und 17 Uhr einzukaufen.

Vor Beginn der derzeitigen Kampfhandlungen erklärte Kanzler Hitler öffentlich, dass ein weiterer Krieg die Vernichtung der Juden bedeuten würde. Nun wird systematisch eine Stadt nach der anderen von Juden gesäubert. Der jüngste Fall ist Breslau, wo allen Juden befohlen wurde, die Stadt bis zum Herbst zu verlassen.

Die Unterdrückung der Juden erstreckt sich auch auf den deutsch besetzten Teil Polens, wie eine offizielle Meldung in der Warschauer Zeitung, einer in Warschau auf Deutsch erscheinenden Tageszeitung, zeigt. Dieser Meldung zufolge ist es den Juden verboten, Warschauer Parks zu betreten oder sich auf die Bänke zu setzen, die als Annehmlichkeit für die Bevölkerung in verschiedenen Teilen der Stadt stehen. Eine Reihe von Straßen und öffentlichen Plätzen in Warschau wurde für Juden als verboten deklariert. Juden dürfen diese nicht einmal betreten. Die einzige Ausnahme von dieser Regel sind Bänke in einem begrenzten Gebiet von Warschau, das als jüdisches Reservat vorgesehen ist, mit anderen Worten, als Getto. Wie in Berlin gab es zuvor in den Parks und auf öffentlichen Plätzen ein paar Bänke für Juden, doch seit dem Krieg sind die meisten davon verschwunden. Die Sperrstunde für Juden ist in den meisten deutschen Städten auf 21 Uhr festgesetzt.

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