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Chronik und Quellen
1940
Juli 1940

Kündigung von Telefonanschlüssen

Der Reichspostminister ordnet am 29. Juli 1940 an, Juden die Telefonanschlüsse zu kündigen:

Ausschluß der Juden vom Fernsprechverkehr

Die Juden sollen künftig als Fernsprechteilnehmer ausgeschlossen werden. Ausnahmen sind nur zugelassen für:

1. jüdische Rechtskonsulenten,
2. jüdische Krankenbehandler und Krankenhäuser,
3. die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland einschließlich ihrer Unterorganisationen,
4. privilegierte Mischehen; das sind Mischehen,
a) aus denen Kinder hervorgegangen sind, die nicht als Juden im Sinne des § 5 der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14.11.1935 gelten, einerlei, ob der Vater oder die Mutter jüdisch ist,
b) die kinderlos sind und bei denen der Mann deutschblütig ist.
5. Juden fremder Staatsangehörigkeit.

Im einzelnen ist wie folgt zu verfahren:

Fernsprechteilnehmern, von denen bekannt ist, daß sie Juden sind oder nach § 5 der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14.11.1935 (Reichsgesetzblatt I S. 1333) als Juden gelten, sind, soweit sie nicht unter die Ausnahme zu 5.) fallen, alle Hauptanschlüsse sogleich zum Ende des nächsten Monats zu kündigen, auch wenn die Mindestüberlassungsdauer noch nicht abgelaufen ist. Da nach AB 1 zu § 18 Fernsprechordnung bei einer Nebenstellenanlage die Kündigung aller Hauptanschlüsse auch die Kündigung aller Nebenanschlüsse und anderer Einrichtungen umfaßt, bedarf es keiner besonderen Kündigung der mit den gekündigten Hauptanschlüssen verbundenen Nebenstellenanlage. Bei privaten Nebenstellenanlagen ist es Sache der Teilnehmer, sich mit den privaten Unternehmern auseinanderzusetzen. Ferner sind die Nebenanschlüsse zu kündigen, die ein Teilnehmer Juden zur ständigen Benutzung überlassen hat (FO § 15 Abs. 2). Die Eintragung von Juden, die nicht unter Nr. 1) bis 5) fallen, als Mitbenutzer (AB 2 zu § 40 FO) in amtliche oder private Fernsprechbücher (ÖFB, HGBV) ist unzulässig. Bestehen Zweifel darüber, ob ein Fernsprechteilnehmer Jude ist oder als Jude gilt, so ist zunächst bei der zuständigen Staatspolizei-(leit)stelle Nachfrage zu halten. Zutreffendenfalls sind auch diesen Fernsprechteilnehmern die Anschlüsse zu kündigen. Juden fremder Staatsangehörigkeit sind, soweit dies bekannt ist, die Anschlüsse usw. nicht zu kündigen, wohl aber staatenlosen Juden.

In allen Kündigungsschreiben ist auf die Ausnahmen hinzuweisen. Beantragen Juden eine Ausnahmebehandlung im Sinne der Ziffern 1. bis 4., so haben sie diesen Antrag durch eine von der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland ausgestellte und von der örtlich zuständigen Staatspolizei(leit)stelle mit dem Vermerk „Einverstanden“ versehene Bescheinigung zu belegen. Juden fremder Staatsangehörigkeit haben eine Bescheinigung ihres Konsulats beizubringen. Beim Vorliegen solcher Bescheinigungen sind die Kündigungen zurückzunehmen.

Neuanschlüsse für Juden dürfen nur noch in den Ausnahmefällen zu 1) bis 5) und bei Vorlage einer gemeinsamen Bescheinigung der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland und der örtlich zuständigen Staatspolizei(leit)stelle oder bei Vorlage einer Bescheinigung des Konsulats eingerichtet werden.

Sämtliche posteigenen Apparate sind nach Ablauf der Kündigungsfrist mit Beschleunigung auszubauen; auf Erhebung der Restgebühren für die etwa noch nicht abgelaufene Mindestüberlassungsdauer wird verzichtet.

Bei Unternehmungen, die in der Entjudung begriffen sind, ist die Übertragung des Fernsprechanschlusses vom Treuhänder oder, falls der Betrieb bereits von dem voraussichtlichen nicht jüdischen Erwerber geführt wird, von diesem zu veranlassen.

Bei Schwierigkeiten wäre zu berichten.

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