Danzig bald „judenfrei“
Der Reichsstatthalter informiert am 29. Mai 1940, die reichsweite Judengesetzgebung werde in Danzig nicht übernommen, da es dort ohnehin bald keine Juden mehr geben werde:
Betr.: Geltung der reichsdeutschen Judengesetzgebung in Danzig.
Nach § 4 des Gesetzes über die Wiedervereinigung der Freien Stadt Danzig mit dem Deutschen Reich vom 1. September 1939 (Reichsgesetz-Blatt I S. 1547) ist in der bisherigen Freien Stadt Danzig am 1. Januar 4940 das gesamte Reichsrecht und Preußische Landesrecht in Kraft getreten, soweit nicht durch die zuständigen Reichsminister bestimmt worden ist, daß im einzelnen zu bezeichnendes Reichsrecht oder Preußisches Landesrecht nicht in Kraft tritt. Da auf dem Gebiet der Judengesetzgebung, soweit es sich um die Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben und ihre Heranziehung zu Sonderleistungen handelt, die reichsdeutsche und die Danziger Regelung weitgehend übereinstimmen und die Einführung der reichsdeutschen Regelung vielfach Übergangs- und Überleitungsvorschriften notwendig machen würde, habe ich bei dem Herrn Reichswirt-schaffsminister angeregt, im Verordnungswege zu bestimmen, daß die reichsdeutschen Bestimmungen nicht in Kraft treten und daß die Danziger Verordnungen weiter in Kraft bleiben. Der Herr Reichswirtschaftsminister hat durch Erlaß vom 16. März 1940 - III L 5/7791/40 - diese Auffassung grundsätzlich gebilligt und ausgeführt, daß es mit Rücksicht auf die fast völlige Durchführung der Ausschaltung der Juden aus dem Danziger Wirtschaftsleben die beteiligten Behörden unnötig belasten würde, wenn sie für die verhältnismäßig kurze Zeit, die für die restlose Säuberung Danzigs von den Juden noch benötigt wird, die im übrigen Reichsgebiet geltenden Vorschriften nebst den zahlreichen Durchführungsverordnungen und -erlassen anwenden müßten. Der Herr Reichswirtschaftsminister hat jedoch im Einvernehmen mit dem Herrn Beauftragten für den Vierjahresplan es nicht für erforderlich erachtet, auf dem formellen Weg der Gesetzgebung mit rückwirkender Kraft zu verordnen, daß die in Betracht kommenden Bestimmungen in Danzig zum 1. Januar 1940 nicht in Kraft treten. Es soll vielmehr dabei belassen bleiben, daß die fraglichen Vorschriften zusammen mit dem übrigen Reichsrecht in Danzig in Kraft getreten sind und den besonderen Verhältnissen auf dem Gebiete der Entjudung in Danzig lediglich durch entsprechende Regelung der Durchführung Rechnung getragen wird.
Diese Regelung wird sodann im einzelnen in dem Erlaß vom 16. März 1940 angeordnet; es verbleibt danach im wesentlichen bei einer Weiteranwendung der Danziger Vorschriften. Mit Rücksicht darauf, daß der Erlaß in erster Reihe nur für den Beauftragten zur Förderung und Sicherstellung der jüdischen Auswanderung von Bedeutung ist, wird davon abgesehen, ihn in Abschrift mitzuteilen; es wird jedoch - insbesondere in Zweifelsfällen - anheimgestellt, bei der Abteilung I der Behörde des Reichsstatthalters Rückfrage zu halten.