Anordnungen gegen jüdische Arbeiter
SS-Sturmbannführer Heckmüller wehrt sich am 3. Mai 1940 dagegen, von ihm erlassene Anordnungen gegenüber jüdischen Arbeitern in Eisenerz rückgängig zu machen:
Betr.: Beschäftigung von jüdischen Arbeitern.
Mehrere Tage vor Eintreffen der jüdischen Arbeiter in Eisenerz wurde dieses allen möglichen Dienststellen mitgeteilt. Es wurde verschiedentlich gebeten, so schnell wie möglich Anordnungen, die für die Sicherheit von Eisenerz notwendig sind, zu betreffen. Auch wurde gebeten, die Anordnungen so zu treffen, daß eine Beleidigung seitens der jüdischen Arbeiter gegenüber deutschen Volksgenossen vermieden wird. Denn jeder anständige Deutsche muß es als eine Ehrverletzung betrachten, wenn Juden in demselben Wartezimmer beim Arzt, in derselben Krankenstube im Krankenhaus oder in derselben Gastwirtschaft sind wie er. Ebenfalls kann man den deutschen Volksgenossen nicht zumuten, sich hier in Eisenerz dasselbe Standkonzert anzuhören und dieselbe Promenade zu benutzen wie die Juden, zumal diese nicht einzeln, sondern in Massen auftreten. Wir haben in Eisenerz nur eine Straße, und es ist unvermeidlich, daß hier die deutschen Volksgenossen mit den Juden Zusammenstößen und es zu Raufereien kommt.
Da wir bis jetzt 340 Juden beschäftigen und jeden Tag neue Transporte bekommen (im ganzen 750 Juden) und bisher trotz unserer mehrmaligen Bitten an verschiedene Dienststellen keine Anordnungen erlassen wurden, sah ich mich gezwungen, mich direkt mit Ihrer Dienststelle in Verbindung zu setzen. Ich habe auf Grund dessen eine fernmündliche Genehmigung erhalten, für die Juden Übergangsbestimmungen herauszugeben. Ich habe dieses, siehe Durchschrift, auch sofort veranlaßt und den einzelnen zuständigen Dienststellen eine Durchschrift der Bestimmungen zugeschickt. Am 3.5.1940 wurde mir telefonisch mitgeteilt, daß diese Bestimmungen rückgängig zu machen sind. Ich sehe mich daher dringend veranlaßt, Ihnen mitzuteilen, daß ich jegliche Verantwortung für die Betriebssicherheit und Arbeitsordnung in Eisenerz grundsätzlich ablehne. Die Verantwortung muß ich denen zuweisen, die es stets verstehen, querzutreiben. Hätte der Herr Landrat auf Grund der Durchschrift, die er gleich nach dem Erlaß erhielt, sich mit mir in Verbindung gesetzt, so wäre bestimmt ein besserer Ausgang zu erzielen gewesen. Auf jeden Fall muß ich den jetzt beschriebenen Weg als gänzlich falsch bezeichnen, da hierdurch nur eine große Unordnung geschaffen wird, die sich für uns katastrophal auswirken kann. Denn wenn die Juden von Anfang an merken, daß wir in ihrer Behandlung nicht einig gehen und nicht direkt streng durchgreifen, werden sie uns bestimmt bald auf dem Kopf herumtanzen. Sie nachträglich wieder in strenge Hand zu bekommen, wird auf jeden Fall schwierig sein.
Bei der Zurückziehung der von mir erlassenen Anordnung wurde mir noch mitgeteilt, ich solle die Lager durch den Werkschutz bewachen lassen. Ich muß Ihnen aber mitteilen, daß dieses unmöglich ist, denn der Werkschutz ist nicht dazu da, andere Firmen zu bewachen, da er 1. nicht stark genug zu einer solchen Aufgabe ist, 2. finanziell nicht zuständig, und 3. wäre eine Bewachung ohne irgendwelche Anordnungen auch unmöglich, wenn nicht in jede Lagerecke ein Maschinengewehr gestellt wird. Man kann, rein militärisch gesehen, nie ein Lager bewachen, ohne die nötige Lagerordnung herauszugeben. Meine Anordnungen waren nicht für Eisenerz, sondern rein als Lageranordnungen gedacht. Mit dieser Lageranordnung könnte ich eine lose Überwachung der Lager durch die Prebichl-Streife Werkschutz und durch die Prebichl-Streife Polizei gut durchführen. Eine Lagerbewachung ohne Lagerordnung ist jedoch unmöglich. Ebenso ist es unmöglich, die Bewachung eines Lagers durchzuführen, in dem auch Deutsche sind, ohne daß die zu Bewachenden nach außen gekennzeichnet sind.
Ich habe bis heute immer dafür gesorgt, auch in den einzelnen Betrieben, daß Ruhe und Ordnung in Eisenerz herrscht, ganz gleich, ob es direkte Alpine Betriebe oder Firmen waren, die für die Alpine arbeiten. Da aber ein Zusammenarbeiten zwischen den einzelnen behördlichen Stellen fast unmöglich erscheint, weil alles, was von der Alpine in Vorschlag gebracht wird, grundsätzlich abgelehnt wird, bin ich in Zukunft gezwungen, mich nur noch rein um den Bergbetrieb zu kümmern. Ich muß aber auch für die Zukunft die Verantwortung dem Herrn Landrat in Leoben zuweisen. Hiermit fällt ihm aber auch ein Großteil der Verantwortung für die Betriebssicherheit zu, da sich der größte Teil unserer Lager und Arbeiter in Eisenerz befinden und mit Polen und Juden Tuchfühlung haben. Es wäre angebracht, endlich einmal für Eisenerz eine grundsätzliche Regelung durchzuführen und dieser Frage nicht immer auszuweichen. Denn entweder ist man mit der gesamten Betriebssicherheit beauftragt und dafür verantwortlich, dann benötigt man allerdings auch entsprechende Befugnisse, oder aber es wird ein Staatsbeamter hier eingesetzt, der dann die Verantwortung übernimmt. Aber seit 1 Jahr arbeite ich hier in Eisenerz (und kann wohl mit ruhigem Gewissen behaupten, daß in diesem Jahr etwas geleistet worden ist), ohne daß ich auch nur die geringsten Befugnisse erhalten habe. Bis heute hat man alle meine Arbeiten gutgeheißen, und es ist das erstemal, daß ich eine Verordnung zurückziehen muß. Ich muß für die Zukunft gezwungenermaßen die Verantwortung für derartige Arbeiten ohne die nötigen Vollmachten ablehnen, denn ich habe keine Lust, mich lächerlich zu machen. Die Verantwortung fällt dann, wie schon einmal erwähnt, auf die zurück, die dafür verantwortlich sind.
Heil Hitler!