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Chronik und Quellen
1940
Januar 1940

Witze über Antisemitismus

Alfred Rosenberg hält am 27. Januar 1940 in seinem Tagebuch fest, wie er mit Hitler über den Antisemitismus in Russland gewitzelt habe:

Heute zu Mittag war der Führer wieder sehr aufgeräumt. Die unvorsichtigen Eingeständnisse Lord Lloyds, daß Polen nur ein Vorwand für die britische Kriegspolitik gewesen war, haben ihn sehr befriedigt. Auch die sonstigen, sehr verwirrten Stimmen zeigten, wie er sagte, daß es den Engländern schlecht gehe. 60 % ihrer Futtereinfuhr hätten sie verloren, sie wollten diesen Verlust auf 40 % herunterdrücken.

Während des Essens sprach der Führer über Polen. Die kleine früher herrschende Schicht habe das Land als eine Plantage betrachtet, selbst aber mehr in Paris als auf dem Lande gewohnt. Ich bemerkte, daß die Gegenreformation hier nur eine bewußte Ausrottungsarbeit geleistet habe; es sei als herrschend eine mit Gesellschaffskultur übertünchte Schicht übriggeblieben, fähig zu einigen tapferen Ausbrüchen, aber für konstruktiven Bau unfähig. In Polen wäre ein wirklicher Widerstand nicht zu erwarten, meinte der Führer, klopfte mir auf den Arm und sagte lachend; Widerstand sei nur noch bei den Balten. Ja, wenn man ihnen ein Geschäft gebe, wollten sie das nächste usw. Ich sagte: Das ist wohl nicht ganz so. Denn z. B. soll der Besitzer einer Lederfabrik eine Schuhreparaturwerkstatt erhalten, einem Hotelbesitzer bietet man eine Stellung als Kellner an usw. Und da meinen die Betroffenen, das sei doch wohl nicht der Zweck der Übung gewesen. Ich hatte gerade eine Stunde vorher Himmler einen sachlichen Brief nebst Anlagen zugesandt. Die Balten sind sicher nicht so bequem zu behandeln wie die Wolhynien-Deutschen, die wenig aufgaben u. stets Kleinbauern waren. Das Baltentum weiß natürlich, daß es ein Kulturbegriff gewesen ist, u. starke Individualitäten wollen sich nicht so einfach von Beamten wie eine Herde Flüchtlinge hin- u. herschieben lassen. Himmler hat nun einmal eine Abneigung gegen die Balten, es ist also anzunehmen, daß er einige Deutlichkeiten angesichts der Kälte, des nicht aufzufindenden Wintergepäcks usw. dem Führer in bestimmter Form berichtet hat.

Zum Schluß bat ich den Führer, Dr. Lammers und mich zu empfangen, um den Auftragsentwurf vorzulegen. Da Heß gerade daneben stand, so fragte der Führer, ob dieser einverstanden sei. H[eß]: Er habe die letzte Fassung noch nicht gelesen. Ich: Es ist bei der von Ihnen verwandten geblieben. Führer: Dann ist es gut, wenn Heß einverstanden ist, können Sie die Sache fertigmachen. Nach allen Hinzögerungsversuchen bin ich aber noch nicht ruhig, als bis wirklich die Unterschrift vorliegt.

Heß gab übrigens noch dem Führer einen Bericht eines deutschen Kapitäns, der nach vielen Jahren wieder in Odessa gewesen war. Dieser erklärte, im Gegensatz zu früher hätte er keinen einzigen Juden mehr in den Behörden getroffen. Dies gab Anlaß zu den jetzt häufigen Betrachtungen, ob sich in dieser Hinsicht in Rußland wirklich ein Wandel vorbereite. Ich meinte, wenn wirklich diese Tendenz beginne, würde sie mit einem furchtbaren Judenpogrom enden. Der Führer sagte, vielleicht würde das dann verängstigte Europa ihn bitten, für die Humanität im Osten zu sorgen ... Alle lachten. FJührer]: Und Rosenberg müßte der Schriftführer eines von mir präsidierten Kongresses zur humanen Behandlung der Juden sein. Im übrigen sei ein neuer russ. Film erschienen, der frühere polnisch-russische Auseinandersetzungen behandle. Ich: Ja, ich hörte davon, auch die Politik des Vatikans dieser Zeit werde behandelt. F [ührerj: Ob man diesen Film vielleicht einmal zeigen könnte? Ich, kummervoll: Wo vom Vatikan die Rede ist, kann man bei uns doch nichts zeigen. Das gab natürlich wieder Gelächter. Bormann stieß mich lachend an: So was kann man nur in Rußland sehen, - leider.

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