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Chronik und Quellen
1939
Januar 1939

Bericht über „Judenvermögensabgabe“

Am 28. Januar 1939 veröffentlicht die „Deutsche Steuer-Zeitung und Wirtschaftlicher Beobachter“ folgenden Artikel:

Die Judenvermögensabgabe

Von Regierungsrat W. Donandt, Berlin, Reichsfinanzministerium

Inhalt:

1. Die Sühneleistungsverordnung vom 12. November 1938,
2. Allgemeines zur Durchführung der Sühneleistungsverordnung,
3. Persönliche Abgabepflicht,
4. Sachliche Abgabepflicht,
5. Bewertung,
6. Entrichtung der Judenvermögensabgabe,
7. Zahlung durch Sachgüter,
8. Inzahlungnahme von Wertpapieren,
9. Inzahlungnahme von Grundstücken,
10. Schlußbemerkung.

1. Die Sühneleistungsverordnung vom 12. November 1938

Nach dem Pariser Mord hat Generalfeldmarschall Göring als Beauftragter für den Vierjahresplan die Verordnung über eine Sühneleistung der Juden vom 12. November 1938 (Sühneleistungsverordnung) erlassen, durch die den Juden eine Kontribution von einer Milliarde Reichsmark auferlegt wird. Diese Verordnung beruht auf dem Recht, die Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Einsatz des Vermögens der Juden in Einklang mit den Belangen der deutschen Wirtschaft sicherzustellen, das sich der Beauftragte für den Vierjahresplan im § 7 der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938 (Anmeldungsverordnung) Vorbehalten hat. Die vor dem 12. November auf Grund dieser Vorschrift getroffenen Maßnahmen dienten in erster Linie der Entjudung der deutschen Wirtschaft. Die Sühneleistungsverordnung vom 12. November hat allein den Zweck, die feindliche Haltung des Judentums gegenüber dem Deutschen Volk und Reich „entschieden abzuwehren und hart zu sühnen“.

Die Sühneleistung konnte im allgemeinen nur denjenigen Angehörigen der jüdischen Rasse auferlegt werden, die als deutsche Staatsangehörige der deutschen Staatshoheit unterworfen sind (Hinweis auf Abschnitt 3). Hätte das Deutsche Reich auch die in seinem Gebiet ansässigen Juden ausländischer Staatsangehörigkeit zur Sühneleistung herangezogen, so wären außenpolitische Schwierigkeiten die Folge gewesen. Wenn die Sühne daher auch nur einen beschränkten Kreis innerhalb des Judentums treffen konnte, so ist sie doch die wirksamste Abwehrmaßnahme gegenüber der feindlichen Haltung des Judentums überhaupt. Sie zeigt dem Judentum der Welt, daß das Deutsche Reich seine Angriffe nicht hinzunehmen gewillt ist und Vergeltung an denjenigen Angehörigen der jüdischen Rasse nehmen wird, die seinem Zugriff unterliegen.

2. Allgemeines zur Durchführung der Sühneleistungsverordnung

Der Beauftragte für den Vierjahresplan hat in der Sühneleistungsverordnung den Reichsminister der Finanzen beauftragt, die Durchführungsbestimmungen zur Einziehung der Kontribution im Benehmen mit den beteiligten Reichsministern zu treffen. Der Reichsminister der Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister und den übrigen beteiligten Reichsministern die Durchführungsverordnung über die Sühneleistung der Juden vom 21. November 1938 (DVO) erlassen. Darin wird die Einziehung der Kontribution den Finanzämtern übertragen. Die Finanzämter sind damit im Kampf des nationalsozialistischen Reichs gegen das Judentum in vorderster Front eingesetzt.

Die Kontribution von einer Milliarde Reichsmark soll nach der DVO auf die Juden nach Maßgabe ihres Vermögens umgelegt werden. Das bedeutet, daß der mit einer Milliarde Reichsmark feststehende Betrag nach Maßgabe des Vermögens des einzelnen Abgabepflichtigen zu erheben ist. Hieraus ergab sich die Möglichkeit, die Vorschriften über die Bemessung der Sühneleistung der Einzelnen einfach zu gestalten. Es kann davon ausgegangen werden, daß Beträge, die der Einzelne zu wenig bezahlt, von der Gesamtheit der Beteiligten wieder aufgebracht werden müssen, solange der Gesamtbetrag von einer Milliarde Reichsmark noch nicht erreicht ist.

Die Judenvermögensabgabe ist eine Sühneleistung und keine Steuer. Nur um den Finanzämtern die Arbeit der Einziehung zu erleichtern, sieht die DVO im § 9 Absatz 2 die sinngemäße Anwendung der Reichsabgabenordnung, des Steueranpassungsgesetzes und des Steuersäumnisgesetzes vor. Das Verfahren zur Einziehung der Judenvermögensabgabe soll damit dem Verwaltungsapparat der Finanzämter angepaßt werden. Abgesehen von den bezeichneten Gesetzen sind die Steuergesetze, insbesondere auch das Reichsbewertungsgesetz, unmittelbar nicht anzuwenden (hierzu Hinweis auf Abschnitt 5). Zuständig für die Erhebung der Judenvermögensabgabe ist das Finanzamt, in dessen Bezirk der Abgabepflichtige einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. In Bezirken, in denen auf Grund besonderer Anordnungen der Oberfinanzpräsidenten Steuerpflichtige bei einem anderen Finanzamt als dem Wohnsitzfinanzamt zu ihren persönlichen Steuern veranlagt werden, sind die Oberfinanzpräsidenten ermächtigt, die Zuständigkeit für die Judenvermögensabgaben entsprechend zu regeln. Für Abgabepflichtige, die bei Erlaß der Sühneleistungsverordnung vom 12. November 1938 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatten, ist ausschließlich das Finanzamt Berlin-Moabit-West zuständig.

Ein Veranlagungsverfahren ist in der DVO nicht vorgesehen. Die Erfahrungen bei der Erhebung des ersten Teilbetrags der Judenvermögensabgabe zeigen aber, daß die Arbeit der Finanzämter bei der Bemessung der Judenvermögensabgabe oft einem Veranlagungsverfahren gleichkommt. Wenn auch z.B. die DVO im § 4 Absatz 3 anordnet, daß die Zahlungen auf die Judenvermögensabgabe ohne besondere Aufforderung zu leisten sind, so hat es sich doch besonders im Interesse einer geordneten kassenmäßigen Behandlung als zweckmäßig erwiesen, einen Abgabebescheid zu erteilen. Eine Verpflichtung zur Erteilung des Bescheids besteht für das Finanzamt allerdings nur, wenn der Abgabepflichtige es beantragt (§ 9 Absatz 3 DVO).

Dem Erfordernis der Beschleunigung des Einziehungsverfahrens entspricht es, daß § 9 Absatz 5 DVO gemäß gegen die Entscheidung der Finanzämter nicht das Berufungsverfahren, sondern lediglich das Beschwerdeverfahren zugelassen ist. Ebenso wird § 9 Absatz 6 DVO gemäß zur Beschleunigung des Beitreibungsverfahrens von den allgemeinen Vorschriften der Reichsabgabenordnung über die Zwangsvollstreckung die Ausnahme gemacht, daß mit der Zwangsvollstreckung begonnen werden darf, auch ohne daß dem Abgabepflichtigen eine Zahlungsaufforderung zugestellt und seitdem die Frist von einer Woche verstrichen ist.

Die Verfahrensvorschriften über Stundung und Erlaß von Steuern sind bei der Judenvermögensabgabe sinngemäß anwendbar. Um den Finanzämtern die Frage, wann Billigkeitserwägungen am Platz sind, zu erleichtern, hat der Reichsminister der Finanzen in Verwaltungsanweisungen einzelne Anordnungen erlassen (Hinweis auf Abschnitt 4). Darüber hinaus hat sich der Reichsminister der Finanzen den Billigkeitserlaß der Judenvermögensabgabe in den einzelnen Fällen selbst Vorbehalten. Bei Billigkeitserwägungen auf dem Gebiet der Judenvermögensabgabe muß maßgebend sein, daß die Abgabe eine Sühne darstellt und daß jede Sühne den Betroffenen hart treffen soll. Anderseits ist zu beachten, daß der Betrag, der dem einzelnen Abgabepflichtigen erlassen wird, von der Gesamtheit der übrigen Abgabenpßichtigen aufgebracht werden muß. Eine Ermäßigung der Judenvermögensabgabe im einzelnen Fall geht daher nicht zu Lasten des Deutschen Reichs. Eine Stundung wird das Finanzamt im allgemeinen gewähren können, wenn sie rechtzeitig beantragt ist und zwingende Gründe für eine verspätete Zahlung nachgewiesen werden. Mit Rücksicht darauf, daß die Anordnungen für die Teilzahlung am 15. Dezember erst kurz vor dem Fälligkeitstag getroffen werden konnten, wird in einzelnen Fällen auch nachträglich noch Stundung gewährt werden können, wenn die Verspätung der Zahlung entschuldbar erscheint.

Auf die Judenvermögensabgabe finden auch die Strafvorschriften der Reichsabgabenordnung Anwendung. Ein Abgabepflichtiger, der sich seiner Abgabepflicht entzieht oder sich nicht gerechtfertigte Vorteile erschleicht, ist daher wegen Hinterziehung der Judenvermögensabgabe § 396 AO gemäß zu bestrafen (Hinweis auf Abschnitt 7). Eine Bestrafung im Verwaltungsstrafverfahren ist zulässig.

3. Persönliche Abgabepflicht

Abgabepflichtig sind alle Juden deutscher Staatsangehörigkeit, gleichgültig ob sie im Inland oder im Ausland wohnen. Nicht abgabepflichtig sind nach den Ausführungen im Abschnitt 1 alle Juden ausländischer Staatsangehörigkeit. Da die Sühneleistung das gesamte Judentum treffen will und von seiner Heranziehung nur insoweit absieht, als der einzelne Jude der Staatshoheit einer ausländischen Macht untersteht, war es folgerichtig, den Kreis der Abgabepflichtigen in der DVO auch auf die staatenlosen Juden auszudehnen. Aus Zweckmäßigkeitsgründen ist von der Heranziehung eines staatenlosen Juden jedoch dann abzusehen, wenn er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hat.

Jeder Jude ist für sich allein abgabepflichtig. Entsprechend ist bei Mischehen § 2 DVO gemäß nur der jüdische Ehegatte heranzuziehen (Hinweis auf Abschnitt 4).

Der Begriff Jude ergibt sich aus den bekannten Bestimmungen des Reichsbürgergesetzes und der dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen. Hiernach ist das jüdische Glaubensbekenntnis nur bei Mischlingen und auch dann nur in ganz besonderen Fällen ausschlaggebend. Ein Nichtjude, der das jüdische Glaubensbekenntnis hat, ist dadurch niemals Jude. Danach ist z.B. die nichtjüdische Ehefrau, die der jüdischen Glaubensgemeinschaft beigetreten ist, nicht abgabepflichtig.

Maßgebend für die persönliche Abgabepflicht ist der 12. November, der Tag, an dem die Sühneleistungsverordnung erlassen worden ist. Als genauen Zeitpunkt, der für die persönliche Abgabepflicht maßgebend ist, wird man das Ende des 12. November anzusehen haben. Ein Jude, der im Lauf des 12. November gestorben ist oder am 12. November eine ausländische Staatsangehörigkeit erworben hat, ist daher nicht abgabepflichtig.

4. Sachliche Abgabepflicht

Die Sühneleistung wird als Vermögensabgabe erhoben. Maßgebend ist der Gesamtwert des Vermögens - und zwar des inländischen und des ausländischen Vermögens - nach dem Stand vom 12. November 1938. Der genaue Ermittlungszeitpunkt ist, wie bei der persönlichen Abgabepflicht, das Ende des 12. November. Das Vermögen des Ehegatten und der Kinder ist dem Vermögen des Abgabepflichtigen nicht hinzuzurechnen. Die Abgabepflicht entfällt, wenn das abgabepflichtige Vermögen den Betrag von 5000 Reichsmark nicht übersteigt (§ 3 Absatz 4 DVO).

Um den Finanzämtern ein schwieriges Ermittlungsverfahren zu ersparen (Hinweis auf Abschnitt 2), ist im § 3 Absatz 2 DVO bestimmt, daß für die Ermittlung des Gesamtwertes des Vermögens, von dem Vermögen auszugehen ist, das der Abgabepflichtige auf Grund der Anmeldungsverordnung vom 26. April 1938 angemeldet hat. Verbindlichkeiten und die bis zum 12. November eingetretenen Veränderungen sind zu berücksichtigen. Bei Erlaß der DVO ist man davon ausgegangen, daß die Juden im wesentlichen ihrer Verpflichtung auf Grund des § 5 der Anmeldungsverordnung nachgekommen seien, wonach sie ohne Aufforderung alle eingetretenen Veränderungen des Vermögens anzuzeigen hatten, mit Ausnahme der Veränderungen, die durch eine angemessene Lebensführung oder den regelmäßigen Geschäftsverkehr verursacht werden. Diese Annahme hat sich allgemein als unrichtig erwiesen. Nach den bisherigen Erfahrungen hat der größte Teil der Abgabepflichtigen erst nach Erlaß der DVO eine oder sogar mehrere Veränderungsanzeigen erstattet. In den Veränderungsanzeigen wird der Wert des Gesamtvermögens gegenüber dem Stand vom 27. April 1938 zum Teil erheblich niedriger angegeben (Hinweis auf Abschnitt 5). Um den Finanzämtern endlich die Möglichkeit zu geben, die Bemessungsgrundlage der Judenvermögensabgabe endgültig festzustellen, hat der Reichsminister der Finanzen die Finanzämter angewiesen, nur noch diejenigen Veränderungsanzeigen bei der Judenvermögensabgabe zu berücksichtigen, die bis zum 31. Dezember 1938 eingegangen sind. Beweisen die eingegangenen Veränderungsanzeigen, daß der Abgabepflichtige in der Anmeldung seines Vermögens auf Grund der Anmeldungsverordnung bewußt falsche Werte angegeben hat, so wird das Finanzamt die Sache an die Staatsanwaltschaft abzugeben haben zur Durchführung des Strafverfahrens nach § 8 der Anmeldungsverordnung.

Die Anmeldungen und die Veränderungsanzeigen der Juden auf Grund der Anmeldungsverordnung sind erstmals für die Erhebung der Judenvermögensabgabe verwendet worden. Es ist aber zu beachten, daß die Anmeldungsverordnung nicht zum Zweck der Erhebung einer Abgabe der Juden erlassen worden ist, sondern daß sie ganz allgemein den Einsatz des jüdischen Vermögens im Interesse der deutschen Wirtschaft ermöglichen soll. Daher sind für die Entgegennahme der Anmeldungen und der Veränderungsanzeigen nicht die Finanzämter, sondern nur die höheren Verwaltungsbehörden zuständig. An dieser Zuständigkeit muß festgehalten werden. Der einzelne Jude soll sich bei der Abgabe seiner Anmeldung oder einer Veränderungsanzeige darüber im klaren sein, daß das Deutsche Reich den Stand seines Vermögens dauernd überwacht und sich weitere Maßnahmen vorbehält. Er darf nicht glauben, daß seine Erklärungen etwa Steuererklärungen seien. Hierauf beruht die off nicht verstandene Anordnung, daß Veränderungsanzeigen, die beim Finanzamt eingehen, dem Abgabepflichtigen zurückzugeben sind mit der Weisung, die Veränderungsanzeige bei der höheren Verwaltungsbehörde zu erstatten.

Für die Frage, was dem einzelnen Abgabepflichtigen als Vermögen zuzurechnen ist, gelten allein die Vorschriften des Steueranpassungsgesetzes, insbesondere die Vorschriften in den §§ 1,6,11 und 12 StAnpG. Um den Finanzämtern aber schwierige Ermittlungen zu ersparen, wird zunächst von der Rechtsgestaltung nach außen hin auszugehen sein. Hat ein Jude sein Vermögen vor dem Ende des 12. November formgültig auf seine nichtjüdische Ehefrau übertragen und besteht kein Anlaß, die Übertragung für ein Scheingeschäft zu halten, so wird die Veräußerung des Vermögens bei der Bemessung der Judenvermögensabgabe zu berücksichtigen sein. Das gilt selbst dann, wenn der Jude diese Vermögensübertragung in Erwartung einer Verschärfung der Judengesetzgebung vorgenommen hat. Allerdings wird ein solcher Fall off zu Zweifeln Anlaß geben, ob nach den Grundsätzen des Steueranpassungsgesetzes das Vermögen nunmehr auch tatsächlich der Ehefrau zuzurechnen ist. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn der Jude die Leitung des Unternehmens, das er nach außen hin auf seine nichtjüdische Ehefrau übertragen hat, im Innenverhältnis weiterhin in der Hand behält. In manchen Fällen ist die an sich nicht zu beanstandende Übertragung vielleicht unter Zusage eines Entgelts, z.B. in Form einer Rente, vorgenommen worden. Dann wird man den Anspruch auf Gewährung des Entgelts dem Vermögen des Juden zurechnen müssen.

Nichtjuden, die auf Grund rechtlicher oder tatsächlicher Verhältnisse ein Anrecht oder die Hoffnung auf den Erwerb von Vermögensgegenständen eines Juden haben, können ihre Interessen nicht zur Geltung bringen. Was nach dem 12. November 1938 mit dem Vermögen geschehen ist oder geschehen soll, kann bei der Bemessung der Judenvermögensabgabe nicht berücksichtigt werden. Wenn allerdings Verträge, Abkommen und dergleichen kurze Zeit nach dem 12. November zum Abschluß gekommen sind, wird zu prüfen sein, ob die Abreden der beiden Parteien am Ende des 12. November bereits soweit festgestanden haben, daß man von einem, wenn auch noch nicht formgültigen, Abschluß sprechen kann. Entsprechendes gilt für einseitige Schuldverpflichtungen eines Abgabepflichtigen. Nach der Anmeldungsverordnung ist im allgemeinen das gesamte Vermögen eines Juden anmeldepflichtig. Die Vorschriften des §§ 67 und 68 RBewG, wonach gewisse Wirtschaftsgüter bei der Veranlagung zur Vermögensteuer nicht zum sonstigen Vermögen zu rechnen sind, finden auf die Anmeldungsverordnung keine Anwendung. Lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen sind nach der Anmeldungsverordnung Hausrat und diejenigen beweglichen Gegenstände nicht zum Vermögen zu rechnen, die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch des Anmeldepflichtigen bestimmt sind. Diese Ausnahme gilt nicht für solche Hausratsgegenstände und Gegenstände des persönlichen Gebrauchs, die Luxusgegenstände sind. § 3 Absatz 2 DVO gemäß ist der Judenvermögensgabe das anmeldepflichtige Vermögen zugrunde zu legen.

Daraus ergibt sich, daß der kapitalisierte Wert auch derjenigen Rentenansprüche, die im § 68 RBewG aufgeführt sind (Ansprüche aus Sozialversicherung, Pensionsansprüche, Ansprüche auf Kriegsbeschädigten- und Versorgungsrenten, Ansprüche, die auf gesetzlicher Unterhaltspflicht beruhen), der Judenvermögensabgabe unterliegt. Mit Rücksicht darauf, daß in den meisten Fällen die Bezahlung einer Abgabe von einem Fünftel des Kapitalwerts für die Empfänger solcher Renten unmöglich gewesen wäre, ist aus Billigkeitsgründen allgemein angeordnet worden, daß die Vorschriften des in § 68 Ziffern 1 bis 6 RBewG bei der Judenvermögensabgabe entsprechend anzuwenden sind. Das gilt auch bei der Entscheidung darüber, ob der Gesamtwert des Vermögens die Freigrenze von 5000 Reichsmark übersteigt. Wenn ein solcher Rentenanspruch aber nachträglich durch eine Kapitalabfindung abgelöst werden sollte, so erscheint es berechtigt, von dem Betrag der Kapitalabfindung ein Fünftel als Judenvermögensabgabe einzuziehen, da die ange-stellten Billigkeitserwägungen sich als gegenstandslos erwiesen haben.

5. Bewertung

Für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter des abgabepflichtigen Vermögens ist der gemeine Wert vom 12. November 1938 maßgebend. Wenn auch die Vorschriften des RBewG nicht auf die Judenvermögensabgabe anwendbar sind, so wird man doch den gemeinen Wert der Wirtschaftsgüter für die Judenvermögensabgabe in Anlehnung An die Bewertungsgrundsätze des Reichsbewertungsgesetzes ermitteln müssen. Danach ist im allgemeinen der gemeine Wert nach dem Preis zu bestimmen, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für das betreffende Wirtschaftsgut zu erzielen wäre (Verkehrswert). Für die Bewertung von Wertpapieren und Anteilen und von Kapitalforderungen und Schulden ist der gemeine Wert nach den Maßstäben zu bemessen, die in den Vorschriften des §§ 13 und 14 RBewG festgelegt sind.

Tatsächliche Verkaufserlöse sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt worden sind. Die Verkäufe, die in den letzten Monaten im Zuge der Entjudung der deutschen Wirtschaft zahlreich vorgekommen sind, wird man nicht als gewöhnlichen Geschäftsverkehr bezeichnen können. Bei diesen Verkäufen haben in hohem Maß persönliche Verhältnisse mitgesprochen, nämlich die für den Juden bestehende Notwendigkeit, innerhalb kurzer Zeit zu verkaufen. Das gilt besonders beim Grundbesitz. In den Anmeldungen auf Grund der Anmeldungsverordnung, in denen das Vermögen nach dem Stand vom 27. April 1938 anzugeben war, erscheinen die Grundstücke der anmeldepflichtigen Juden vielfach mit einem Wert, der weit über dem Einheitswert vom 1. Januar 1935 liegt. Das wird zum Teil damit zu erklären sein, daß die Juden eine Enteignung ihres Grundbesitzes erwarteten und hofften, daß ihre Angaben bei der Bemessung der Entschädigung berücksichtigt würden. Oft aber entsprach der angesetzte Wert nach Auffassung des anmeldepflichtigen Juden der Wertsteigerung, die sein Grundbesitz erfahren hat. Daß eine allgemeine Wertsteigerung des Grundbesitzes seit 1935 tatsächlich in gewissem Maß eingetreten ist, beweisen die Maßnahmen, die der Reichskommissar für die Preisbildung auf dem Gebiet des Grundstücksmarktes ergriffen hat. Besonders für den Grundbesitz in den Großstädten, auf die das Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte Anwendung findet, ist eine solche Wertsteigerung seit 1935 festzustellen. Wenn daher für die Judenvermögensabgabe Veränderungsanzeigen erstattet werden, in denen der Wert von Grundstücken unter dem Einheitswert von 1935 angegeben wird, wird diesen Angaben mit äußerster Vorsicht zu begegnen sein. Nur dann, wenn sich aus Kaufpreissammlungen oder dergleichen einwandfrei ergeben sollte, daß in der betreffenden Gegend eine Entwertung des Grundbesitzes eingetreten ist, wird für die Judenvermögensabgabe ein Grundstückswert angesetzt werden können, der unter dem Einheitswert von 1935 liegt. Das können aber nur ganz wenige Ausnahmefälle sein. Im allgemeinen liegt der gemeine Wert des Grundbesitzes vom 12. November 1938 über den Einheitswerten von 1935.

Zur Berechnung des Kapitalwerts von Lebens- und Kapitalversicherungen wird von den Vorschriften im § 14 Absatz 4 RBewG ausgegangen werden können. Ebenso wird der Kapitalwert von Renten und anderen wiederkehrenden Leistungen nach den Vorschriften der §§ 15 bis 17 RBewG zu berechnen sein. Wenn auch seit Erlaß der Durchführungsbestimmungen für die Bewertung vom 1. Januar 1935 der Zinssatz allgemein herabgesetzt worden ist, so wird bei der Berechnung des Kapitalwerts dennoch aus Vereinfachungsgründen vom Zinssatz 5,5 v.H. und von dem im § 76 RBewDB 1935 festgesetzten Vervielfacher ausgegangen werden können.

6. Entrichtung der Judenvermögensabgabe

Die Verpflichtung zur Zahlung der Judenvermögensabgabe ist einen Tag nach der Verkündung der DVO im Reichsgesetzblatt, also am 23. November 1938, in voller Höhe entstanden. Der Anspruch des Reichs ist daher, soweit es erforderlich erscheint, auch in voller Höhe zu sichern. Die Vorschrift im § 4 Absatz 1, Satz 2 DVO, nach der Judenvermögensabgabe in vier Teilbeträgen zu bezahlen ist, regelt nur die Entrichtung.

§ 7 DVO gemäß sollen Zahlungen aus Versicherungsansprüchen, die auf Grund der Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen Gewerbebetrieben vom 12. November 1938 zugunsten des Reichs beschlagnahmt worden sind, an die zuständigen Finanzämter geleistet werden. Sie sollen auf die Judenvermögensabgabe desjenigen Juden angerechnet werden, der aus dem Versicherungsvertrag berechtigt war. Die Durchführung dieser Vorschrift wird erst in einiger Zeit geregelt werden können. Deshalb ist angeordnet worden, daß die Judenvermögensabgabe im Hinblick auf einen angeblich bestehenden Versicherungsanspruch nicht gestundet werden darf.

Nach den Ausführungen im vorletzten Absatz ist gegen die Entrichtung der Judenvermögensabgabe vor Fälligkeit in einer Zahlung nichts einzuwenden. Auswandernden Juden ist vom Finanzamt die für die Erteilung des Passes notwendige Unbedenklichkeitsbescheinigung sogar nur dann zu gewähren, wenn die Judenvermögensabgabe voll geleistet ist. Mit Rücksicht darauf, daß die Veränderungsanzeigen von den Finanzämtern noch nicht vollständig bearbeitet werden konnten, ist es in einzelnen Fällen vorgekommen, daß das Soll der Judenvermögensabgabe nach Entrichtung des ganzen Betrages herabgesetzt worden ist. Gegen eine Erstattung der Überzahlung wird in einem solchen Fall nach dem bestehenden Rechtszustand nichts einzuwenden sein (Hinweis auf Abschnitt 8).

7. Zahlung durch Sachgüter

§ 8 DVO gemäß trifft der Reichsminister der Finanzen im Verwaltungsweg Bestimmungen darüber, inwieweit die Finanzämter in geeigneten Fällen Wertpapiere und Grundbesitz in Zahlung nehmen können. Diese Vorschrift beruht auf der Erwägung, daß den Juden gesetzlich die Verfügung über Grundbesitz und Wertpapiere verboten worden ist, eine Maßnahme, die aus wirtschaftspolitischen Gründen erforderlich war. Auf Grund dieses Verbots ist den abgabepflichtigen Juden die Möglichkeit genommen, ihr Vermögen, soweit es in Wertpapieren und Grundbesitz besteht, flüssig zu machen und die Judenvermögensabgabe in barem Geld zu entrichten.

Der Reichsminister der Finanzen hat mehrere Verwaltungsanordnungen über die Inzahlungnahme von Wertpapieren und Grundbesitz auf den ersten Teilbetrag der Judenvermögensabgabe getroffen. Es wird angenommen werden können, daß diese Anordnungen bis auf weiteres auch in den Fällen anzuwenden sind, in denen die Judenvermögensabgabe im ganzen entrichtet wird. Allerdings ergeben sich für die Annahme von Wertpapieren zu einem anderen Zeitpunkt als zum Fälligkeitstermin gewisse Abweichungen hinsichtlich des Annahmewerts und der Berechnung von Stückzinsen (Hinweis auf Abschnitt 8).

Gemeinsame Voraussetzung für die Inzahlungnahme von Wertpapieren und Grundstücken ist die Feststellung, daß es dem Abgabepflichtigen unmöglich ist, den geschuldeten Betrag der Judenvermögensabgabe in gesetzlichen Zahlungsmitteln zu entrichten. Von dieser Feststellung darf in keinem Fall abgesehen werden, weil nach den bestehenden Anordnungen die Judenvermögensabgabe in erster Linie in gesetzlichen Zahlungsmitteln entrichtet werden muß. Bei der Feststellung, ob eine Zahlung in Geld unmöglich ist, wird dem Abgabepflichtigen ein beschränkter Bestand an Zahlungsmitteln belassen werden müssen mit Rücksicht darauf, daß er für sich und seine Familie den Lebensunterhalt zu bestreiten hat. Das kommt selbstverständlich dann weniger in Betracht, wenn der Abgabepflichtige laufende Geldeingänge, z. B. Pensionszahlungen, zu erwarten hat, oder wenn bei Mischehen der jüdische Ehegatte von dem nichtjüdischen Ehegatten unterhalten werden kann. Der zu belassende Bestand wird so bemessen sein, daß der Abgabepflichtige für sich und seine Familie in den nächsten Monaten, etwa für ein Vierteljahr, den angemessenen Lebensunterhalt daraus bestreiten kann. Ebenso müssen dringende Verpflichtungen des Abgabepflichtigen berücksichtigt werden, damit durch die Judenvermögensabgabe nicht etwa deutsche Volksgenossen in Schwierigkeiten geraten, die gegen den Abgabepflichtigen fällige Forderungen haben. Trägt der Abgabepflichtige sich mit Auswanderungsabsichten, so sind diese Absichten dadurch zu fördern, daß im Bestand an Zahlungsmitteln auch die Kosten der Ausreise belassen werden. Im übrigen wird verlangt werden müssen, daß der Abgabepflichtige Kostbarkeiten, z. B. Schmuck und Kunstgegenstände, veräußert, um mit dem Erlös die Judenvermögensabgabe in bar zu bezahlen. Dabei wird aber auf die Veräußerung solcher Gegenstände, deren Erinnerungswert für den Abgabepflichtigen höher ist als der Erlös, der bei einem Verkauf erzielt werden könnte, verzichtet werden können. Der Reichswirtschaftsminister hatte in einer Pressenotiz angekündigt, daß bei der Industrie- und Handelskammer Berlin eine Ankaufstelle für Juwelen, Schmuck und Kunstgegenstände eingerichtet werden sollte. Die Einrichtung dieser Ankaufstelle ist bisher nicht möglich gewesen, weitere Mitteilungen hierzu sind zu erwarten.

Die Verwaltungsanordnungen, die der Reichsminister der Finanzen über die Inzahlungnahme von Wertpapieren und Grundbesitz erlassen hat, sind § 8 DVO gemäß rechtswirksam auch nach außen hin. Die Bestimmung, daß eine Inzahlungnahme von Sachgütern nur in Betracht kommt, wenn es dem Abgabepflichtigen unmöglich ist, mit gesetzlichen Zahlungsmitteln zu zahlen, ist zwingend. Wenn ein Abgabepflichtiger dieser Bestimmung zuwider Wertpapiere oder Grundbesitz in Zahlung gibt, obwohl er in Geld bezahlen könnte, so wird er in entsprechender Anwendung des § 396 der Reichsabgabenordnung wegen Erschleichung eines nicht gerechtfertigten Vorteils zu bestrafen sein. Es ist daher für jeden Abgabepflichtigen ratsam, die Entscheidung über die Höhe des zu belassenden Bestandes an Geld und Kostbarkeiten allein dem Ermessen des Finanzamts zu überlassen.

8. Inzahlungnahme von Wertpapieren

Wenn die Voraussetzungen für die Inzahlungnahme von Sachwerten erfüllt sind, ist genau zu prüfen, ob das angebotene Wirtschaftsgut nach den Anordnungen des Reichsministers der Finanzen für eine Inzahlungnahme auch tatsächlich in Betracht kommt. Für die Inzahlungnahme von Wertpapieren ist den Finanzämtern die Prüfung weitgehend von den Banken abgenommen worden. Die abgabepflichtigen Juden sind gesetzlich verpflichtet, ihre sämtlichen Wertpapiere in das Depot einer Devisenbank zu legen. Wenn mit diesen Wertpapieren die Judenvermögensabgabe bezahlt werden soll, so wird das in der Weise durchgeführt, daß die Bank das Depot ganz oder teilweise auf die Preußische Staatsbank (Seehandlung) als dem Treuhänder des Deutschen Reichs umschreibt und über die Umschreibung eine Bescheinigung ausstellt, die dem zuständigen Finanzamt zugeleitet wird. Für die Berechnung des Annahmewerts ist ein Kurszettel herausgegeben worden, in dem diejenigen Wertpapiere aufgeführt sind, die für eine Inzahlungnahme auf den ersten Teilbetrag der Judenvermögensabgabe in Betracht kommen. Die Banken sind vom Reichsminister der Finanzen mit genauen Weisungen über das Verfahren bei der Annahme von Wertpapieren versehen worden, insbesondere auch für die Fälle, in denen durch Wertpapiere die ganze Judenvermögensabgabe bezahlt werden soll. Die Preußische Staatsbank prüft in jedem einzelnen Fall die Bescheinigung, die die Devisenbank dem Finanzamt übersendet hat, nach und verlangt gegebenenfalls eine Verrichtung. Die Finanzämter haben daher nur zu prüfen, ob nach den Steuerakten und den übrigen Unterlagen diejenigen Wertpapiere des Abgabepflichtigen in Zahlung genommen sind, die zunächst für die Inzahlungnahme in Betracht kommen. In Zahlung genommen werden auf den ersten Teilbetrag nur die im Kurszettel aufgeführten Werte in der folgenden Reihenfolge:

In erster Linie Aktien und sonstige Geschäftsanteile,
dann Schuldverschreibungen privatrechtlicher Unternehmungen,
dann Pfandbriefe,
dann Schuldverschreibungen von Hypothekenbanken und öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten,
dann Anleihen des Reichs, der Länder und Gemeinden.

Im Fall einer Erstattung (Hinweis auf Ziffer 6) sind dem Abgabepflichtigen, der seine Judenvermögensabgabe ganz oder zum Teil in Wertpapieren bezahlt hat, in erster Linie seine Wertpapiere zurückzugeben. Übersteigt der Annahmewert der in Zahlung genommenen Wertpapiere den Erstattungsbetrag, so sind zuerst diejenigen Wertpapiere zurückzugeben, die nach der vorstehenden Aufzählung als letzte in Zahlung genommen werden. Das Erstattungsverfahren ist in solchen Fällen formell recht schwierig, weil die Rückübertragung der bei der Devisenbank liegenden Papiere in das Depot des Abgabepflichtigen nur durch die Preußische Staatsbank vorgenommen werden kann, die ihrerseits nur auf Anweisung des Reichsministers der Finanzen handeln darf. Infolgedessen ist es in Fällen, in denen das Soll der Judenvermögensabgabe sich auf Grund von Veränderungsanzeigen vermindern kann, zweckmäßig, den Teil des Solls, der noch nicht endgültig feststeht, gegen Sicherheitsleistung zu stunden.

Bei der Berechnung des Annahmewerts von Wertpapieren, die nach dem Fälligkeitstag in Zahlung genommen werden, ergeben sich gewisse Schwierigkeiten daraus, daß bei festverzinslichen Werten die Berechnung der Stückzinsen eine andere ist, und daß bei Aktien der Kurs durch Dividendenausschüttungen inzwischen erhebliche Veränderungen erlitten haben kann. Das gilt besonders, wenn die Judenvermögensabgabe im ganzen durch Inzahlunggabe von Wertpapieren beglichen werden soll. Hierüber hat der Reichsminister der Finanzen die Banken unterrichtet, da diese den Annahmewert berechnen.

Das Verfahren der Inzahlungnahme von Wertpapieren ist für die Reichsfinanzverwaltung neuartig. Es wird, wie die bisherige Erfahrung lehrt, einige Schwierigkeiten bereiten, die aber im allgemeinen auf bankmäßigem Gebiet liegen und für die Finanzämter von den Banken zu lösen sein werden.

9. Inzahlungnahme von Grundstücken

Über die Inzahlungnahme von Grundstücken sind bisher Zweifelsfragen nur in geringem Umfang entstanden. Das erklärt sich daraus, daß Grundstücke erst in Zahlung genommen werden dürfen, wenn feststeht, daß der Abgabepflichtige die Judenvermögensabgabe weder durch gesetzliche Zahlungsmittel noch durch Wertpapiere zu entrichten in der Lage ist. Da bisher nur der erste Teilbetrag der Judenvermögensabgabe fällig geworden ist, war es im allgemeinen den Abgabepflichtigen möglich, ihre Schuld durch Hingabe solcher Werte zu bezahlen. Im übrigen wird aber das Verfahren zur Inzahlungnahme von Grundstücken nicht so eingehend geregelt werden können wie das Verfahren zur Inzahlungnahme von Wertpapieren. Denn bei Grundstücken bedarf es in jedem einzelnen Fall der Entscheidung, ob das angebotene Grundstück für einen Erwerb durch das Reich geeignet und mit welchem Wert es in Zahlung zu nehmen ist.

Die Entscheidung über diese Fragen trifft nach den Anordnungen des Reichsministers der Finanzen der Oberfinanzpräsident (Gruppe für Liegenschaften), in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Aufgabe der Finanzämter ist es, diejenigen angebotenen Grundstücke, die von vornherein nicht für eine Inzahlungnahme in Betracht kommen, zurückzuweisen. Als Gründe einer solchen Zurückweisung hat der Reichsminister der Finanzen bestimmt: nicht ausschließliches Eigentum des Abgabepflichtigen an dem angebotenen Grundstück. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn sämtliche Miteigentümer ihre Anteile dem Reich übertragen wollen;

Überbelastung des Grundstücks;

offensichtlicher Überwert des Grundstücks, d.h. der Wert des Grundstücks nach Abzug der Belastungen und der Übertragungskosten übersteigt offensichtlich den Betrag, den der Abgabepflichtige als Judenvermögensabgabe schuldet.

Diese Zurückweisungsgründe sollen verhindern, daß sich der Oberfinanzpräsident mit Verhandlungen wegen eines Grundstücks befaßt, das dem Reich rechtlich und finanziell zu einer Last werden kann oder auf das das Reich noch Geld herauszahlen müßte. Wenn im übrigen das Finanzamt weiß, daß das angebotene Grundstück für Zwecke des Reichs unbrauchbar ist, so ist es selbstverständlich verpflichtet, bei der Weitergabe des Angebots an den Oberfinanzpräsidenten seine Auffassung zu erkennen zu geben. Das gilt z.B. für Grundstücke, deren Gebäude sich in verwahrlostem Zustand befinden.

Die weiteren Ermittlungen über das Grundstück trifft allein der Oberfinanzpräsident. Dieser hat, sobald der Annahmewert des Grundstücks festgestellt und die Eintragung des Reichs als Eigentümer im Grundbuch sichergestellt ist, eine Annahmebescheinigung auszustellen. Auf Grund dieser Annahmebesichtigung hat das für den Abgabepflichtigen zuständige Finanzamt den Annahmewert des Grundstücks nach Abzug aller durch den Eigentumsübergang entstandenen Steuern und Kosten als Zahlung auf die Judenvermögensabgabe zu buchen. Der Teil der Judenvermögensabgabe, der durch die Inzahlungnahme des Grundstücks entrichtet werden soll, ist vom Finanzamt bei Weiterbescheinigung zu stunden.

10. Schlußbemerkung

Die Judenvermögensabgabe wird nicht als Ersatz für die Schäden erhoben, die das Judentum dem Deutschen Volk zugefügt hat. Volksgenossen, die persönlich durch einen Juden einen Schaden erlitten haben, können daher keine Ansprüche auf Auszahlung eines Betrags aus dem Aufkommen der Judenvermögensabgabe erheben. Das gilt besonders für diejenigen Volksgenossen, die in früherer Zeit zu Juden vertragliche Beziehungen aufgenommen haben und dabei von ihrem jüdischen Vertragspartner übervorteilt worden sind. Das Aufkommen aus der Judenvermögensabgabe fließt ausschließlich dem Reich zu, das es für seine allgemeinen Aufgaben und damit zum Wohl des gesamten Deutschen Volkes verwenden wird.

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