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Chronik und Quellen
1936
Mai 1936

Beschäftigung von Juden in der Landwirtschaft

Am 6. Mai 1936 teilt die Kreisbauernschaft Köln dem Reichsbauernführer Folgendes mit:

I „Blutsfragen”/VII 7                                            6. Mai 1936

Betr.: Jüdische Betriebe und Beschäftigung von Juden in der Landwirtschaft zu
           Ausbildungszwecken.
           Dort. Schrb. v. 11.2.36 I B 10611/36.

Auf obiges Schreiben gebe ich Ihnen nachstehenden Bericht:

Im Bereich der Landesbauernschaft Rheinland befinden sich insgesamt 18 jüdische Betriebe. Von diesen sind jedoch 11 so klein, daß sie als Ausbildungsstätten von vorneherein wegfallen und 5 sind an deutsche Landwirte verpachtet. Außerdem besitzen 27 Viehjuden noch einiges Weideland. Bei diesen kann aber von einem landwirtschaftlichen Betrieb wohl nicht die Rede sein. Nach den Berichten der Kreisbauernführer könnten in diesen Betrieben 9-10 Lehrstellen besetzt werden.

Im Betrieb des Juden Kaufmann in Hostel b./Mechernich Krs. Schleiden, der eine Größe von ca. 200 Morgen hat, oder auf dem Gut Hoverhof b./Odenthal/Rhein. Berg. Krs. (Besitzer: Jude Silverberg, Köln, der z. Zt. in der Schweiz wohnen soll), soll evtl., an Stelle der jüdischen Ausbildungsstätte Urfeld, eine solche eingerichtet werden. Diese Regelung wäre wohl zu begrüßen, da es so möglich wird, die jungen Juden durch ihre eigenen Rassege-

                                     b. w.

nossen ausbilden zu lassen.

Seit dem Jahre 1934 besteht in der Gemeinde Urfeld, KBSch. Bonn, eine Ausbildungsstätte zur Umschulung von Juden in der Landwirtschaft als Vorbereitung für ihre Auswanderung nach Palästina. Eingerichtet wurde diese Ausbildungsstätte vom Prov.-Verband für jüdische Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz. Sie ist untergebracht in der Besitzung des Architekten Döring. Die Ausbildung erfolgt teilweise im Gartenbaubetrieb des Herrn Döring und zum überwiegenden Teil in den landwirtschaftlichen Betrieben der Umgegend. Die Teilnehmerzahl schwankt zwischen 40-60 männlichen und weiblichen jugendlichen Juden. Diese Einrichtung ist nach einem Aktenvermerk des zuständigen Bürgermeisters von dem zuständigen Gauleiter genehmigt worden. Auch hat der Landesbauernführer am 17.4.34 seine Zustimmung gegeben.

Die Verhältnisse, welche sich im Laufe der Zeit durch diese jüdische Umschulungseinrichtung entwickelten, veranlaßten die Gauleitung, die Gauwaltung der DAF, das Landesarbeitsamt und andere Stellen zu Beschwerden, die alle an die Landesbauernschaft gerichtet wurden, da diese für die Einrichtung der Ausbildungsstätte verantwortlich gemacht wurde, trotzdem sie mit der Errichtung an und für sich nichts zu tun gehabt hatte. Um den dauernden Vorwürfen zu begegnen, hat sich dann die LBSch. entschlossen, die Umschulung der in dem jüdischen Ausbildungslager untergebrachten Kräfte in den benachbarten landw. Betrieben zu untersagen. Mit Schreiben vom 5.7.35 Gesch.Z. LBF 406 sind alle Landwirte, die jüdische Gefolgschaftsmitglieder aus dem Ausbildungslager Urfeld beschäftigen, aufgefordert worden, diesen Mitarbeitern zum nächst zulässigen Zeitpunkt zu kündigen und keine Juden mehr in ihren Betrieben zu beschäftigen. Die Umschulung in dem Betrieb des Architekten Döring wurde von dieser Maßnahme nicht berührt.

Die Erfahrungen, welche ich mit der jüdischen Ausbildungsstätte Urfeld gemacht habe, sind derart, daß ich die vor kurzem beantragte Neueinrichtung einer zweiten Ausbildungsstätte abgelehnt habe.

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