Benutzung der Verkehrsmittel durch Juden
Am 18. September 1941 ordnet der Reichsverkehrsminister Folgendes an:
Der Reichsverkehrsminister Berlin, den 18. September 1941.
Betr. Benutzung der Verkehrsmittel durch Juden.
Zum Vollzuge der Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden mit dem Judenstern vom 1. September 1941 (RGBl. I S. 547) und zur Regelung des Personenverkehrs dieser Juden in Eisenbahnen, Straßenverkehrsmitteln und in der Binnen- und Seeschiffahrt wird im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern mit sofortiger Wirkung folgendes angeordnet:
A. Allgemeines
I. Fahrten über die Wohngemeinde hinaus
Juden müssen bei Fahrten über ihre Wohngemeinde hinaus eine schriftliche Erlaubnis der Polizeibehörde zum Verlassen der Wohngemeinde und zum Benutzen des Verkehrsmittels nach anliegendem Muster A bei sich führen. In besonderen Fällen kann eine Sammelerlaubnis erteilt werden.
II. Fahrten innerhalb der Wohngemeinde
Juden können innerhalb der Wohngemeinde Verkehrsmittel benutzen, jedoch müssen sie zur Benutzung von Droschken, Mietwagen und Binnenschiffen eine polizeiliche Erlaubnis nach anliegendem Muster B oder bei geschlossener Beförderung, z. B. zum Arbeitseinsatz und dergl. eine schriftliche polizeiliche Beförderungserlaubnis, die vom Antraggeber herbeizuführen ist, bei sich führen.
III. Polizeiliche Erlaubnis
1) Die polizeiliche Erlaubnis erteilen die Ortspolizeibehörden (für den Reichsgau Wien die Zentralstelle für jüdische Auswanderer Wien) in besonderen Fällen die Dienststellen der Geheimen Staatspolizei oder der Chef der Sicherheitspolizei und des SD (Zentralstelle für jüdische Auswanderung Berlin).
2) Die polizeiliche Erlaubnis und ein amtlicher Lichtbildausweis sind beim Lösen des Fahrausweises - spätestens beim Antritt der Fahrt - und bei der Prüfung der Fahrausweise unaufgefordert vorzuzeigen.
3) Beim Lösen der Fahrausweise oder beim Antritt der Fahrt ist nach Möglichkeit die Ausgabe des Fahrausweises oder die Benutzung des Verkehrsmittels durch Vermerk oder Stempelabdruck auf der Rückseite der polizeilichen Erlaubnis zu bestätigen.
B. Besonderes
I. Ausschluß von der Beförderung
1) Juden dürfen Schlaf- und Speisewagen sowie Ausflugswagen und Ausflugschiffe innerhalb und außerhalb ihrer Wohngemeinde nicht benutzen.
2) Juden dürfen bei starkem Andrang in Straßenbahnen, Omnibussen, Binnenschiffen und im Nahverkehr der Eisenbahn nicht zusteigen, wenn sonst andere Reisende zurückbleiben müßten.
II. Beschränkung in der Benutzung von Klassen und Plätzen
1) Juden dürfen in Eisenbahnen nur die 3. Wagenklasse, in anderen Verkehrsmitteln nur die niedrigste Klasse benutzen.
2) Juden dürfen grundsätzlich nur dann Sitzplätze einnehmen, wenn diese nicht für andere Reisende benötigt werden.