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Chronik und Quellen
1938
Dezember 1938

Tagebucheintrag von Cornelius Freiherr von Berenberg-Gossler

Cornelius von Berenberg-Gossler aus Hamburg notiert am 9. Dezember 1938 Gedanken zur unmenschlichen Behandlung der Juden und der Wirkung auf das Ausland:

Freitag, 9. Dez.

Nadia fährt morgens mit mir zur Stadt. Brief von Heinrich aus Buenos Aires vom 3. Dez. Er sucht eine Stellung dort, bisher Schwierigkeiten u. Absagen, so bei den Vertretern von Barings, Roberts, Meynell & Compagnie, die ihn wegen der unsicheren geschäftlichen Zukunft nicht nehmen könnten. Frühstück im Cafe. Nachm. Besprechungen in der Firma Ree mit einem Direktor der Beiersdorf Aktien Gesellschaft Claussen u. Samson. Hellmuth zu Tisch bei Weitzmanns. Vor Tisch in Dunkelheit im Park. Lord Baldwin forderte gestern Abend am Radio die angelsächsischen Staaten auf, den aus Deutschland vertriebenen Juden zu helfen, deren Behandlung er mit Recht als „unmenschlich“ bezeichnete. Der deutsche Arbeiter in seiner überwiegenden Mehrzahl lehne die unanständige Behandlung der Juden ab, das sagte mir heute Claussen von der Beiersdorf-Gesellschaft, die 4000 Arbeiter beschäftigen. Der deutsche Arbeiter sei im allgemeinen anständig. Das ist auch immer mein Eindruck gewesen. Hitler erleidet durch seine unmenschlichen Maßnahmen gegen die Juden, deren zu großer Einfluß in Deutschland vor 1933 gewiß zurückgedrängt werden mußte, aber nicht in den Formen, wie es jetzt geschieht, eine große moralische Niederlage vor der Welt.

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