Runderlass des Berliner Polizeipräsidenten
Der Berliner Polizeipräsident erlässt am 20. Juli 1938 Richtlinien zur Diskriminierung von Juden:
An Hand der anliegenden erschöpfenden Richtlinien für die Behandlung von Juden und Judenangelegenheiten, welche geeignete Wege aufzeichnen, sollen nunmehr einheitliche und durchgreifende Maßnahmen gegen die Juden Berlins polizeilicherseits durchgeführt werden.
Das Ziel ist, die Juden zur Auswanderung zu bringen, und nicht etwa ohne Aussicht auf diesen Erfolg planlos zu schikanieren. Das Gesetz bietet hierfür solch’ weitgehende Möglichkeiten, daß illegale Wege nicht notwendig und nicht zu beschreiten sind.
Ich erwarte von sämtlichen Dienststellen und Beamten, daß jeder an seiner Stelle unter Einsatz seiner ganzen Kraft das Seine dazu beiträgt, daß der erstrebte Erfolg, Berlin von den Juden und insbesondere dem jüdischen Proletariat weitgehendst zu befreien, auch erreicht wird. Besonders die Beamten, deren Dienststellen fast täglich unmittelbar mit Juden in Berührung kommen oder Judenvorgänge bearbeiten müssen (Reviere, Polizeiämter und Abteilungen), sind mir persönlich dafür verantwortlich, daß das gesteckte Ziel restlos erlangt wird.
Ich ersuche den Kommandeur der Schutzpolizei, die Gruppen- und Abschnittskommandeure und die Leiter der Abteilungen und Polizeiämter persönlich, alle Beamten des Kommandos, der Gruppen und Abschnitte, der Abteilungen und Polizeiämter von sämtlichen Punkten der anliegenden Richtlinien in Kenntnis zu setzen und sie zur genauesten Beachtung derselben anzuhalten. Die Abschnittskommandeure haben alsdann persönlich unverzüglich den Vorstehern der Reviere die Richtlinien bekanntzugeben und jedem derselben ein Exemplar auszuhändigen.
Die Richtlinien sind streng vertraulich zu behandeln, auf die besondere Vertraulichkeit des letzten Satzes der Ziffer 4 weise ich vornehmlich hin. Das jeweilige Exemplar der Richtlinien verbleibt in der Hand des Kommandeurs der Schutzpolizei, des Gruppen-bezw. Abschnittskommandeurs, des Abteilungsleiters, des Polizeiamtsleiters und des Reviervorstehers, wo die sachbearbeitenden Beamten jederzeit Einsicht haben.
Vertraulich
Richtlinien für die Behandlung von Juden und Judenangelegenheiten
I
1.) Sämtliche gegen Juden polizeilicherseits zu ergreifenden Maßnahmen haben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften, jedoch unter weitgehendster Auswertung derselben zu erfolgen.
2.) Die für die Bearbeitung von Judenangelegenheiten gegebenen Richtlinien finden in erster Linie nur auf Juden Anwendung. Die Richtlinien sollen aber auch dann hinreichend berücksichtigt werden, wenn der zunächst Verantwortliche (z.B. der Antragsteller) Arier, aber sein Ehegatte oder ein sonst an dem konkreten Vorgang unmittelbar Beteiligter Jude ist. Zum mindesten ist in den letztgenannten Fällen ein strengerer Maßstab als üblich anzulegen. Des weiteren ist zu berücksichtigen, daß der Arier, der mit einem Juden verheiratet war, dessen Ehe aber durch Tod des jüdischen Eheteils oder durch rechtskräftige Scheidung aufgelöst ist, gegen das Gesetz der Rasse verstoßen hat, es sei denn, daß der Durchbruch des Rassegedankens allein ihn zur Auflösung der Mischehe veranlaßt hat.
3.) Staatenlose Juden sind in gleicherweise wie inländische Juden zu behandeln.
4.) Bei ausländischen Juden ist zur Vermeidung diplomatischer Konflikte bei der Anwendung der Richtlinien eine gewisse Zurückhaltung geboten; von der angezeigten Linie ist jedoch grundsätzlich auch hier nicht abzuweichen. Eine besondere Zurückhaltung ist aus wirtschaftlichen Belangen und im Interesse unserer Ausländsdeutschen bei den jüdischen Staatsangehörigen folgender Nationen zu wahren: USA, England, Niederlande, Frankreich und Schweiz.
5.) Wie in den Verfügungen vom 22. Juni 1938 und 8. Juli 1938 - P.5001 a 38 - bereits angeordnet, ist, um Judenvorgänge als solche einheitlich zu kennzeichnen, von der erstbearbeitenden Dienststelle auf der ersten Seite des Vorgangs oben in der Mitte mit einem Rotstempel ein „J“ zu setzen. Diese Anordnung findet auf alle Schriftstücke, Anmeldungen, Anzeigen, Vorgänge, Anträge usw., die mit einem Juden im Zusammenhang stehen, Anwendung. Hat die erstbearbeitende Dienststelle dies aus Unkenntnis unterlassen, so hat die Kennzeichnung von der nächstbearbeitenden Dienststelle, welche die Judenangelegenheit als solche erkennt, nachgeholt zu werden.
6.) Die Rassezugehörigkeit ist in Zweifelsfällen nachzuprüfen und das Ergebnis der Prüfung zu vermerken. Unberührt hiervon bleiben die bereits bestehenden Vorschriften über die Nachprüfung der Rassezugehörigkeit (z.B. in Paß- und Schanksachen).Gegebenenfalls kann dem Vorgang auch eine schriftliche Erklärung des Antragstellers usw. über seine und seines Ehegatten Rassezugehörigkeit beigefügt werden. Der Vordruck Nr. 2589 wird hierfür empfohlen. Bei den Vorgängen, die durch das Polizeirevier laufen, ist in den noch nicht gekennzeichneten Fällen auf Grund der auf den Meldekarten verzeichneten Religionszugehörigkeit, die ein gewisses Indiz für die Rassezugehörigkeit bildet, festzustellen, ob der Antragsteller usw. Jude ist.
7.) Bei der Abfassung jeder einem Juden ungünstigen Entscheidung, gegen welche die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zulässig ist, ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die Entscheidung einer verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung nach Möglichkeit standhalten muß. Der Leiter der Dienststelle, welcher die Prozeßführung bzw. die Endzeichnung der Schriftsätze obliegt, hat besonders in zweifelhaften Fällen mit dem Berichterstatter oder dem Vorsitzenden des entscheidenden Gerichtes persönlich die Sach- und Rechtslage zu erörtern. Hiermit kann auch von Fall zu Fall der zuständige Polizeiamtsleiter beauftragt werden. In diesem Zusammenhang verweise ich nochmals auf die erfreulichen und in der Praxis verwertbaren Gründe des bereits mitgeteilten Urteils des Bezirksverwaltungsgerichts Schneidemühl vom 14. Dezember 1937. Die grundsätzliche Stellungnahme des Bezirksverwaltungsgerichtes Schneidemühl ist in allen Judenangelegenheiten weitgehendst auszuwerten.
8.) Bei Verwaltungsstreitverfahren gegen Juden ist sowohl schriftsätzlich als auch beim Vortrag in der mündlichen Verhandlung einleitend die Rassezugehörigkeit der jüdischen Gegenpartei deutlich herauszustellen und jeder selbst unbedeutend erscheinende Angriffspunkt gegen den Juden schonungslos auszuwerten. Ist eine Vertretung in der mündlichen Verhandlung vor einem Verwaltungsgericht in einer gegen einen Juden anhängigen Verwaltungsstreitsache erforderlich, so soll diese von dem Dezernenten persönlich wahrgenommen werden.
9.) Vorgänge ausländischer oder staatenloser Juden, die - wenn auch nur entfernte -Anhaltspunkte einer eventuellen Ausweisungsmöglichkeit bieten, sind unverzüglich der Abteilung II zur weiteren Veranlassung zu übersenden.
10.) Verwaltungsgebühren sind, von begründeten Ausnahmen abgesehen, bei Juden grundsätzlich nach dem in der Verwaltungsgebührenordnung vorgesehenen Höchstsatz zu erheben und Stundungs- bezw. Ratenzahlungsanträge abzulehnen.
11.) Die Kontrollen auf allen Gebieten polizeilicher Tätigkeit müssen gegen Juden allgemein schärfer und häufiger erfolgen als gegenüber arischen Volksgenossen. Die Kontrollergebnisse müssen zu sofortigen und strengsten Strafen und Zwangsmaßnahmen führen.
12.) Die Vollstreckung etwaiger Strafen oder Zwangsmaßnahmen muß mit größtem Nachdruck ohne Verzögerung unnachsichtig durchgeführt werden.
13.) Aus überwiegenden Gründen des öffentlichen Interesses ist möglichst die sofortige Ausführung jeder gegen einen Juden erlassenen polizeilichen Verfügung zu fordern und durchzusetzen.
14.) Juden sind grundsätzlich nicht gebührenpflichtig zu verwarnen, sondern der Bestrafung zuzuführen.
15.) In polizeilichen Strafsachen ist gegen Juden grundsätzlich als Strafmaß das Fünffache des Regelsatzes zu nehmen.
Bei gegen Juden zu erlassenden Zwangsgeldverfügungen ist stets der Höchstbetrag von 50.- RM, wahlweise 1 Woche Haft, festzusetzen.
16) Die Ausstellung von Bescheinigungen an Juden jeglicher Art, auf die kein rechtlicher Anspruch besteht, ist abzulehnen.
17.) Die Abfertigung von Juden auf den Dienststellen hat sachlich, aber äußerst zurückhaltend zu erfolgen. Nicht unbedingt erforderliche Auskünfte sind nicht zu erteilen. Dem arischen Volksgenossen ist bei der Abfertigung nach Möglichkeit auch zeitlich der Vorzug zu geben.
18.) Gegen jeden, der sich des deutschen Grußes nicht bedient, besteht zunächst die Vermutung, daß er Jude ist, es sei denn, daß es sich offensichtlich um einen Ausländer handelt.
19.) An Juden sind grundsätzlich keine fernmündlichen Auskünfte zu erteilen. Juden haben sich zwecks notwendiger Auskünfte auf die Dienststellen zu begeben.
20.) Die Juden sind zur Aufklärung von Zweifelsfragen stets persönlich vorzuladen. Häufige Vorladungen sind, falls vertretbar, nicht unerwünscht. Erscheint der für eine bestimmte Stunde vorgeladene Jude nicht rechtzeitig, so ist die Abfertigung wegen der notwendigen Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebes abzulehnen und der Jude erneut vorzuladen. Juden sind vornehmlich an Sonnabenden und jüdischen Feiertagen vorzuladen.
21.) Ernste Auswanderungsabsichten von Juden sind in jeder Weise zu unterstützen und dahingehende Auskünfte bereitwillig zu erteilen. Es ist in geeigneter Weise jede passende Gelegenheit auszunutzen, um den Juden auf die Zweckmäßigkeit seiner Auswanderung hinzuweisen.
22.) Bei Feststellungen selbst von untergeordneter Bedeutung im Hause oder in der Wohnung des Juden durch uniformierte Beamte, durch Außendienst- oder Kriminalbeamte ist grundsätzlich in der Weise vorzugehen, daß möglichst zahlreiche Hausbewohner davon Kenntnis erlangen, „daß die Polizei nach dem Juden ... geforscht hat.“
23.) Die Bearbeitung von Judenanträgen usw. hat, von Auswanderungsvorgängen sowie von solchen Vorgängen, die mittelbar eine Auswanderung fördern können (Anträge auf straffreies Führungszeugnis u.ä.m.), abgesehen, grundsätzlich keine besondere Eile. Besonders sind die im Verwaltungsstreitverfahren anfechtbaren Entscheidungen gegen Juden möglichst hinauszuzögern. Etwaige Belange an dem Vorgang beteiligter arischer Volksgenossen sind jedoch zu berücksichtigen.
24.) Um die Wirksamkeit der Maßnahmen gegen Juden nicht abzuschwächen, muß jede Dienststelle grundsätzlich nur im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeit tätig werden. Jede sachlich nicht zuständige Dienststelle hat jedoch nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, über irgendwelche ihr bekannt werdenden Vorkommnisse die zuständige Dienststelle unverzüglich zu unterrichten und eventuelle Anregungen zu übermitteln. Um den in der Bearbeitung von Judenangelegenheiten erstrebten Erfolg möglichst schnell und weitgehendst zu erreichen, ist eine besonders enge und rege Zusammenarbeit sämtlicher Dienststellen dringend geboten.
25.) Die Dienststellenleiter haben sich grundsätzlich die Unterzeichnung in allen und sei es auch noch so unbedeutenden Angelegenheiten, in denen ein Jude beteiligt ist, persönlich ausdrücklich vorzubehalten. Hierdurch soll die Einheitlichkeit und Durchschlagskraft aller besonderen Maßnahmen gegen die Juden gewährleistet werden. Soweit bei einzelnen Dienststellen ein derartiger Vorbehalt praktisch nicht möglich ist, da er zu einer Überlastung des Dienststellenleiters führt, ist jedoch die Entscheidungsstelle in Judenangelegenheiten möglichst zu zentralisieren. Die Endzeichnung in Judenangelegenheiten darf nur von einem Dezernenten vorgenommen werden.
26.) Auf die hinsichtlich der gegen Juden polizeilicherseits anzuwendenden besonderen Verfügungen, die bereits ergangen sind, wird besonders hingewiesen.
a.) Vfg. v. 28.6.38. - P 5O01a/38 -, betr. jüdische Namensänderungen,
b.) Vfg. v. 28.6.38. - P 5O01a/38 -, betr. Judenmeldungen,
c.) Vfg. v. 29.6.38. - IV1215 - mit FS-Nachträgen, betr. Namensanbringung an jüdischen Geschäften und Gaststätten,
d.)Vfg. v. 1.7.38. - P 5O01a/38 -, betr. Vertretung von Juden durch deutsche Anwälte,
e.) Vfg. v. 7.7.38. - P 5o01a/38 -,betr. Kenntlichmachung jüdischer Ausweise,
f.) Vfg. v. 7.7.38. - P 5001a/38 -,betr. Kraftfahrzeuge, deren Halter Juden sind,
g.) Vfg. v. 8.7.38. - P 5001a/38 -,betr. Judenangelegenheiten.
II
27.) Paßanträge von Ariern, deren Ehegatten Juden sind, sind grundsätzlich mit gewisser Zurückhaltung zu bearbeiten.
28.) Die Erteilung von Dringlichkeitsbescheinigungen an Juden kommt grundsätzlich nur im Falle der Auswanderung oder im Zusammenhang mit einer die Auswanderung vorbereitenden Reise infrage. Eine den Betrag von 20.- RM überschreitende Dringlichkeitsbescheinigung soll grundsätzlich an einen Juden nicht erteilt werden. Die Erteilung einer Dringlichkeitsbescheinigung von 50.- RM an einen Juden empfiehlt sich in keinem Fall. Wandert ein Jude mit mehreren Familienangehörigen aus, so darf dies nicht zur Erhöhung einer einzigen Dringlichkeitsbescheinigung führen; vielmehr ist wegen der jeweils entstehenden Verwaltungsgebühr der für die Dringlichkeitsbescheinigung auszuwerfende Betrag quotenmäßig auf jeden einzelnen Auswanderer zu verteilen.
29.) Waffenscheine, Waffen- und Munitionserwerbsscheine sind für Juden grundsätzlich nicht auszustellen. Dies gilt auch entsprechend für arische Ehegatten von Juden.
30.) Juden ist der Besitz von Waffen auf Grund des § 23 des Waffengesetzes grundsätzlich zu verbieten.
III
31.) Die auf Grund der Berliner Straßenordnung erteilten Erlaubnisse (z.B. Aufstellung von Warenautomaten, Heraussteilen von Waren, Anbringung von Reklame besonderer Art, z. B. Leuchtreklame, Standerlaubnis für Straßenhändler in Hauseingängen und Durchfahrten u. dergl.) sind stets unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erteilt worden. Solche an Juden erteilte Erlaubnisse sind möglichst aus polizeilichen Gründen zu widerrufen oder nachträglich weitgehendst einzuschränken (§ 42 Abs. 2 PVG, allgemeine ordnungs- und sicherheits-, insbesondere verkehrspolizeiliche, evtl. auch feuerpolizeiliche Gründe). Neue Anträge von Juden sind grundsätzlich abzulehnen.
32.) Der Reichsverkehrsminister hat mit Erlaß vom 19. März 1938 bereits angeordnet, daß die Bearbeitung von Anträgen jüdischer Unternehmer auf Genehmigung von gewerbsmäßiger Personenbeförderung und von Güterfernverkehr bis auf weiteres auszusetzen sei. Hinsichtlich der Zurücknahme bereits erteilter Konzessionen an Juden sind die vorhandenen Vorgänge zu prüfen und nach Möglichkeit die Zurücknahme zu verfügen (persönliche Unzuverlässigkeit).
33.) Die Bearbeitung von Anträgen jüdischer Kraftdroschkenfahrer auf Erteilung oder Erneuerung von Droschkenfahrausweisen ist bis auf weiteres auszusetzen (vergl. Erlasse des Reichsverkehrsministers vom 19. März und 4. April 1938). Bereits an Juden erteilte Genehmigungen sind zu überprüfen und nach Möglichkeit zu widerrufen.
34.) Soweit gesetzliche Bestimmungen Billigkeitserwägungen oder Ermessensfragen zulassen, sind diese zu Gunsten von Juden nicht anzuwenden (z.B. Entschädigungen bei Enteignungen).
35.) Bei der Erteilung der nach § 22 des Wassergesetzes zur Errichtung oder wesentlichen Veränderung von Anlagen an Wasserläufen I. und II. Ordnung erforderlichen Genehmigungen der Wasserpolizeibehörde ist Juden gegenüber grundsätzlich ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Falls eine Ablehnung des Antrages gesetzlich nicht tragbar erscheint, sind nach Möglichkeit erschwerende Auflagen zu machen.
36.) Die hinsichtlich des Strafmaßes und der Zwangsgeldfestsetzung oben niedergelegten allgemeinen Richtlinien gelten auch hinsichtlich der Nichtbefolgung wasserpolizeilicher Bestimmungen durch Juden.
37.) Fischereischeine sind Juden grundsätzlich zu versagen (§ 96 des Preuß. Fischereigesetzes). An Juden bereits erteilte Fischereischeine sind nach Möglichkeit zu widerrufen.
38.) Bei der Erteilung von Führerscheinen an Juden ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Bei der Entziehung von Führerscheinen ist gegen Juden mit aller Strenge vorzugehen. Die Entziehung der Führerscheine hat grundsätzlich insbesondere schon dann sofort zu erfolgen, wenn bei Ariern (z.B. bei Trunkenheit oder leichteren Verstößen) zunächst eine Verwarnung erteilt würde.
39.) Die Kraftfahrzeuge von Juden sind, insbesondere bei der Zulassung, aber auch sonst bei jeder sich bietenden Gelegenheit, auf besondere Mängel genauestens zu prüfen und nötigenfalls bis auf weiteres sicherzustellen.
Die Freigabe sichergestellter Kraftfahrzeuge jüdischer Halter soll grundsätzlich frühestens nach einer Woche erfolgen.
40.) Die Erteilung von Probefahrtkennzeichen an jüdische Unternehmer kommt grundsätzlich nicht mehr in Frage. Erteilte Genehmigungen sind nachzuprüfen und nach Möglichkeit zu widerrufen.
41.) Periodische feuerpolizeiliche Besichtigungen
a) von Waren- und Geschäftshäusern,
b) von Hotels und Gasthäusern mit mehr als 20 Gastbetten, Schankwirtschaffen mit mehr als 100 Sitzplätzen,
c) von Kraftwagenhallen für mehr als 20 Fahrzeuge,
d) von Fabriken und sonstigen gewerblichen feuergefährdeten Betrieben,
e) von größeren Holz- und Strohlagern usw.
haben Juden gegenüber häufiger und strenger als bisher zu erfolgen.
42.) Bei der Besichtigung sonstiger feuergefährdeter Geschäfte und Betriebe, z.B. Gum-mimäntelklebereien und Zelluloidbetriebe, ist von der Gelegenheit, jüdische Betriebe häufiger und strenger zu prüfen als deutsche, weitgehendst Gebrauch zu machen.
43.) Juden sind zu der für Lichtspielvorführer, technische Bühnenvorstände und Baumeister vorgeschriebenen Prüfung grundsätzlich nur dann zuzulassen, wenn der Nachweis erbracht ist, daß nach Erlangung des Prüfscheines die Auswanderung unmittelbar bevorsteht.
IV
44.) Wegen der Behandlung jüdischer Vorgänge betr. Wandergewerbescheine, Legitimationskarten und -scheine, Stadthausierscheine, das Bewachungsgewerbe, die gewerbsmäßige Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse oder persönliche Angelegenheiten, den Handel mit Grundstücken, die Geschäfte gewerbsmäßiger Vermittlungsagenten für Immobiliarverträge und Darlehen sowie das Gewerbe der Haus- und Grundstücksanwälte, die gewerbsmäßige Heiratsvermittlung und das Fremdenführergewerbe wird auf das Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung vom 6. Juli 1938 (RGBl. I, Seite 823) verwiesen.
45.) Unter den nach § 14 Absatz 2 und § 35 RGO nur der Anzeigepflicht unterliegenden Gewerbetreibenden (Trödler, Feuerversicherungsagenten, Händler mit Kunstgegenständen, Inhaber von Leihbibliotheken u.a.m.) befinden sich immer noch zahlreiche Juden. Die Verdrängung der Juden aus diesen Gewerbezweigen ist unter Ausnutzung jeder sich bietenden Gelegenheit mit Nachdruck anzustreben.
46.) Ausverkäufe sind bei Juden grundsätzlich nicht zuzulassen.
47.) Bei der Genehmigungserteilung zur Versteigerung in jüdischem Besitz befindlicher Sachwerte durch gewerbsmäßige Versteigerer ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Versteigerung jüdischer Handelsware ist weitgehendst einzuschränken.
48.) In geeigneten Fällen ist gegen jüdische Reklame der Werberat der deutschen Wirtschaft einzuschalten.
49.) Jüdische Pfandleiher und Pfandvermittler sind in geeigneter Form nach Möglichkeit dem Fachgruppenleiter „Pfandleihergewerbe“ zu melden mit dem Anheimstellen, die freiwillige Aufgabe des Gewerbes zu veranlassen. Gegen etwaige neue Konzessionsanträge von Juden ist polizeilicherseits stets Widerspruch zu erheben.
50.) Es ist in geeigneter Weise Vorsorge zu treffen, daß auf städtischen und privaten Märkten neue jüdische Verkaufsstände nicht mehr entstehen und daß alle vorhandenen gekündigt werden und verschwinden.
51.) Soweit sonstige Möglichkeiten zur Stillegung eines jüdischen Betriebes nicht vorhanden sind, muß weitgehendst versucht werden, beim Oberbürgermeister (Wirtschaftsamt) nach der Verordnung über Handelsbeschränkungen vom 13. Juli 1923 (RGBl. I, Seite 706) in Verbindung mit Artikel I der Ausführungsanweisung vom 27. Februar 1936 (Min.Bl.Wi.1936, Seite 51) die völlige Untersagung durch entsprechenden polizeilichen Antrag zu erreichen.
52.) Unerlaubt von Juden betriebene Verkaufsstellen (vgl. Einzelhandelsschutzgesetz) müssen trotz evtl. noch bestehender tatsächlicher oder rechtlicher Zweifel soweit und so schnell wie möglich geschlossen werden. Neue Genehmigungen an Juden kommen nicht mehr in Frage.
53.) Juden ist die Ausnahmegenehmigung nach § 3 der Dritten Verordnung über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks zum selbständigen Betriebe eines Handwerks oder zur Lehrlingshaltung grundsätzlich nicht zu gewähren.
54.) Konzessionsanträgen von Juden ist grundsätzlich zu widersprechen; eine vorläufige Erlaubnis ist zu versagen.
55.) Eine praktische Anwendung des § 3 Ziffer 9 der Sperrverordnung, nach welcher die Ausnahmeerlaubnis erteilt werden kann, wenn der Betrieb nur auf Juden beschränkt bleibt, diese Beschränkung kenntlich gemacht und deutschblütiges, weibliches Personal nicht beschäftigt wird, soll nach Möglichkeit unterbleiben.
56.) Alle besonderen Vergünstigungen sind für jegliche Gast- und Schankwirtschaften zu untersagen, z.B. Polizeistundenverlängerung, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um eine eigene Veranstaltung des jüdischen Konzessionsinhabers handelt oder um Veranstaltungen, die Dritte in seinen Räumen beabsichtigen; desgl. Tanzerlaubnisse, Erlaubnisse zur Beschäftigung weiblicher Angestellter, Erlaubnisse zur Aufstellung von Schankvorgärten usw. Die bestehenden Sondervergünstigungen sind nachzuprüfen und möglichst zu widerrufen.
57.) Die Genehmigung nach der Verordnung über die Beschäftigung von weiblichen Arbeitnehmern in Schankstätten vom 27. Mai 1933 ist bei Juden grundsätzlich auch dann zu versagen, wenn es sich um die Beschäftigung nicht deutschblütigen Personals handelt.
58.) Sind häufige und strenge Kontrollen jüdischer Klubs nach den verschiedenen hierfür in Frage kommenden polizeilichen Gesichtspunkten durchzuführen.
59.) Zwecks Kontrolle der jüdischen Garagenbesitzer hinsichtlich der nach dem 1. Dezember 1936 abgeschlossenen Mietverträge wegen etwaiger Verstöße gegen die Preisstoppverordnung, haben die Preisüberwachungsstellen der Polizeiämter zunächst sämtliche in ihrem Bezirk liegenden Garagen jüdischer Besitzer durch die Reviere feststellen und anschließend vom Gewerbeaußendienst eingehend kontrollieren zu lassen.
60.) In gleicher Weise sind die jüdischen Wohnungsvermittler zu überprüfen, wobei besonders zu beachten ist, daß die Vermittlung von Wohnungen bis zu 3 Zimmern ohnehin verboten ist.
61.) Die Preisüberwachungsstellen der Polizeiämter haben bei vorsätzlichen Verstößen gegen die Preisstoppbestimmungen seitens jüdischer Hauseigentümer (bis zum 31. Dezember 1938 auch Hausverwalter) nicht nur mit besonders empfindlichen Ordnungsstrafen vorzugehen, sondern auch weitgehendst solche Bestrafungen zwecks Veröffentlichung in der Presse unter namentlicher Nennung der Beschuldigten der Abteilung IV zu melden.
62.) Die Preisüberwachungsstellen der Polizeiämter haben bei festgestellten Zuwiderhandlungen jüdischer Vermieter neben der zu verhängenden Strafe bei schwerwiegenden Verletzungen gegen die Preisstoppverordnung von der sich aus Ziffer 21 und 22 des Rd.-Erlasses Nr. 184/37 ergebenden Möglichkeit, besondere Auflagen zu geben, weitgehendst Gebrauch zu machen. Es kommen hierfür folgende Maßnahmen in Frage:
a) Alle nach dem 1. Dezember 1936 festgestellten Verstöße sind von den jüdischen Vermietern den betreffenden arischen Mietern gegenüber rückgängig zu machen (z.B. Rückzahlung der über den zulässigen Mietpreis gezahlten Beträge an den Mieter). Die Erfüllung der Auflage muß nach einiger Zeit geprüft werden. Sodann ist evtl. mit weiteren empfindlichen Strafen gegen den jüdischen Vermieter vorzugehen.
b) Die Nachprüfung aller nach dem 1. Dezember 1936 von jüdischen Vermietern abgeschlossenen Mietverträge ist nach Möglichkeit zu verlangen und von dem jüdischen Hauseigentümer zu fordern, daß diese Nachprüfung ausnahmslos durchgeführt wird.
c) Den jüdischen Hauseigentümern ist eine Kündigungsbeschränkung derart aufzuerlegen, daß sie Kündigungen nur nach vorheriger Genehmigung durch die Preisüberwachungsstelle aussprechen dürfen. Die Übertragung der in jüdischen Händen befindlichen Hausverwaltung an einen Arier ist bei Verstößen gegen die Preisstoppverordnung grundsätzlich auch vor dem 31. Dezember 1938 zu fordern. Hierzu ist allerdings die vorherige Genehmigung des Reichskommissars für die Preisbildung einzuholen.
63.) Falls ein Jude eine Anzeige erstattet, die sich als unzutreffend erweist, ist genauestens nachzuprüfen, ob der Verdacht einer wissentlich falschen Anschuldigung gegeben ist, und grundsätzlich eine entsprechende Strafanzeige nach § 164 StGB bei der Staatsanwaltschaft zu erstatten.
64.) Bei Ordnungsstrafen gegen Juden wegen Preisüberschreitungen ist hinsichtlich des Strafmaßes grundsätzlich das Zehnfache des Regelbetrages zu nehmen.
65.) Ordnungsstrafen gegen Juden sind stets unnachsichtlich in kürzester Frist einzutreiben, und zwar vor Entscheidung über den etwa eingelegten Einspruch, der mit Ausnahme der auf dem Spinnstoffgebiet liegenden Vorgänge ohnehin keine aufschiebende Wirkung hat.
66.) Bei Verstößen gegen die Preisstoppverordnung durch Juden ist mehr als bisher die Geschäftsschließung zu erwägen.
V
67.) Bei von Juden begangenen Übertretungen besonderer Art (z. B. verbotenes Rauchen im Walde) ist die Höchststrafe von 150.- RM, ersatzweise 14 Tage Haft, zu verhängen.
68.) Das Wohnungsrevier prüft in jedem Fall, ob der Angezeigte als Jude im Meldeblatt verzeichnet ist, und kennzeichnet den Vorgang entsprechend. Bei evtl. notwendig werdenden Nachforschungen nach der arischen Abstammung ist auf Einhaltung der Verjährungsfrist besonders zu achten.
69.) Beschleunigte und bevorzugte Behandlung straffreier Führungszeugnisse für Juden zum Zwecke der Auswanderung ist erforderlich. Die Anordnung der beschränkten Auskunft und die Befürwortung irgendwelcher durch die Justizbehörden zu treffenden Maßnahmen hinsichtlich der Straflöschung oder sonstiger Gnadenerweise kommt bei Juden, die nicht auswandern wollen, in keinem Falle in Betracht.
70.) Durch die Abteilung V sind häufige Kontrollen jüdischer Drogengeschäfte, Lebensmittelgeschäfte und Fleischerläden zu veranlassen. Den Polizeiärzten der Lebensmittelüberwachung ist die erstattete Anzeige mit der Angabe der Vorstrafen auf Anfordern zurückzugeben. Den daraufhin von den Polizeiärzten gegebenen Anregungen für die weitere Behandlung, ebenso den Anregungen der Drogenrevisoren ist möglichst zu entsprechen. Die Polizeitierärzte der Lebensmittelüberwachung und die Drogenrevisoren haben für die Behandlung derartiger Anzeigen durch die Abteilung V besondere Weisung erhalten.
71.) Die Wirtschaftswerbung auf dem Gebiete des Heil- oder Gesundheitswesens durch oder für Juden, insbesondere in der Form von Vorträgen, ist ausnahmslos zu verhindern. Wenn die Polizeiverordnung vom 5. Mai 1936 (Ordner I Gruppe E) Keine hinreichende Handhabe bietet, ist der Vortrag wegen Gefahr der Störung der öffentlichen Ordnung gemäß § 14 PVG zu untersagen. Gegebenenfalls ist der Werberat der deutschen Wirtschaft wirksam einzuschalten.
72.) Jagdscheinanträge von Juden sind grundsätzlich abzulehnen. Zweifelhafte Fälle sind der Abteilung V vorzulegen, die sich ihrerseits mit den infragekommenden Stellen (Jägerschaft usw.) in geeigneter Weise in Verbindung setzt.
73.) Ehemalige jüdische Apotheker sind besonders daraufhin zu überwachen, ob sie unerlaubten Handel mit pharmazeutischen Artikeln treiben. Der Handel wird meist von der Wohnung aus betrieben. Bei den Revisoren bekannte Anschriften ehemaliger jüdischer Apotheker sind der Abteilung V über das zuständige Polizeiamt unverzüglich bekanntzugeben. Falls bei den Revisoren oder den Polizeiämtern bekannt ist oder der begründete Verdacht besteht, daß jüdische ehemalige Apotheker Handel mit pharmazeutischen Artikeln treiben, ist die Abteilung V zu benachrichtigen. Ermittlungen bei den jüdischen Apothekern lediglich zu diesem Zwecke sind von den Polizeirevieren und Polizeiämtern nur auf besondere Weisung der Abteilung V anzustellen.
74.) Eine weitgehende Einschränkung der Zahl der Juden, die vom Ministerium des Innern unmittelbar die Genehmigung zur Einführung von Bettfedern, Fetten und mineralischen Ölen erhalten, ist durch geeignete Berichterstattung an das Ministerium des Innern anzustreben.
75.) Jüdischen Anträgen auf Erteilung von Gifthandelserlaubnissen und Erlaubnissen zum Handel mit Drogen ist polizeilicherseits stets wegen Unzuverlässigkeit des Antragstellers zu widersprechen.
76.) Bei der Erteilung der Erlaubnis zum Milchhandel ist die arische Abstammung genau zu prüfen. Dem Stadtverwaltungsgericht gegenüber ist der Erlaubnis zum Milch-handel an Juden grundsätzlich wegen mangelnder Zuverlässigkeit zu widersprechen. Das Verfahren zur Entziehung der Milchkonzession wird nötigenfalls nach scharfer Kontrolle im Sinne des § 14 Ziffer 5,1 des Milchgesetzes zu begründen sein. Die Mindestmenge ist bei jüdischen Geschäften nicht herabzusetzen.