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Chronik und Quellen
1939
Juli 1939

Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden

Der Vorstand der Kölner Synagogengemeinde verbreitet am 5. Juli 1939 folgende Mitteilung:

Betr. Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden vom 30.4.1939.

Mit Rundschreiben vom 29.3. und 19.5. habe ich die Gemeindemitglieder gebeten, von sich aus von der freiwilligen Umschichtung aus nichtjüdischen Häusern in jüdische Häuser Gebrauch zu machen.

Dieser Anregung ist leider nur im geringen Maße Folge geleistet worden. Ich mache nunmehr darauf aufmerksam, daß in den nächsten Tagen eine Verfügung des Herrn Oberbürgermeisters der Hansestadt Köln in den Tageszeitungen erscheinen wird, die die Meldepflicht sämtlichen jüdischen Haus- und Grundbesitzes vorsieht, ferner eine Meldung sämtlicher jetzt im Besitz von Juden befindlichen Wohnungen unter Angabe der Kopfzahl und der Zahl der Zimmer. Zu diesem Zweck werden Meldeformulare verbreitet, über deren Ausgabe noch nähere Anweisung ergeht.

Auch nach Inkrafttreten der zu erwartenden Verordnung wird den Juden die Möglichkeit gegeben, sich ohne Zutun öffentlicher Stellen geeigneten Wohnraum in jüdischen Häusern zu suchen. Die Synagogengemeinde wird, sobald die näheren Bestimmungen vorliegen, ein nicht gewerbsmäßiges Vermittlungsbüro im Hause Roonstr. 50 einrichten, in welchem gegebenenfalls Wünsche auf Ueberlassung von Räumen bei einem bestimmten Hausbesitzer vorgebracht werden können, sofern nicht im Weg der freien Vereinbarung Wohnraum gefunden werden kann.

Bezüglich des unter den heutigen Verhältnissen zuzubilligenden Wohnraumes gebe ich nachstehende Richtlinien bekannt, die das Höchstmögliche dessen darstellen, was in Zukunft von Juden in Köln an Wohnraum beansprucht werden kann:

Alleinstehende ............................................ 1 Wohn-Schlafraum
Ehepaare bezw. 2 zusammenwohnende
Frauen oder Männer ................................... 1 Schlafraum, 1 Wohnraum
für Kinder, Knaben und Mädchen bis
zu 3 gleichen Geschlechts ........................... 1 Schlafraum
                         Küche und je nach Mietpreis 1 Baderaum.

Bei Untervermietung muß in allen Fällen eine Verständigung über gemeinsame Küchenbenutzung und Baderaum-Benutzung erzielt werden.

Bei Bemessung der Mietpreise, die in jedem Einzelfall einer Meldung an die Behörde unterliegen, soll so verfahren werden, daß die Situation weder von den suchenden Mietern noch vom Vermieter irgendwie ausgenutzt werden kann. Die Preisfestsetzung unterliegt absolut der Preis-Stoppverordnung. Jede Preisüberhöhung oder jeden unzulässigen Druck seitens eines Mieters auf den Vermieter werde ich unnachsichtlich der Behörde zur Kenntnis und Entscheidung vortragen. Es wird von den Mitgliedern der Synagogen-Gemeinde erwartet, daß sie der durch Reichsgesetz geschaffenen Situation in jeder Form Rechnung tragen, d. h., daß von sich aus jeder, der über mehr Wohnräume als nach obigem Beispiel angegeben, verfügt, von sich aus freiwillig das Mehr an Juden im Sinne des Gesetzes über Mietverhältnisse mit Juden vom 30.4.39 abgibt.

Um eine möglichst gute und sinnvolle Ausnutzung des knappen zur Verfügung stehenden Wohnraumes zu erreiche, wird empfohlen, daß beispielsweise verschiedene Ehepaare gemeinsam eine Wohnung anmieten und gemeinsam Haushalt führen oder daß alleinstehende Menschen sich an Ehepaare zwecks gemeinsamer Wirtschaftsführung anschließen.

Für denjenigen Kreis von Menschen, die kurz vor der Auswanderung stehen und das entsprechend und glaubhaft nachweisen können, wird sich in den meisten Fällen ein Umzug vermeiden lassen. Wenn auf der einen Seite den Vermietern und vor allen Dingen solchen, die bisher über größeren Wohnluxus verfügen konnten, Opfer zugemutet werden, ist es selbstverständlich, daß auch jedem unberechtigten Wunsch eines Mieters, der nicht der heutigen Situation gerecht wird, mit allem Nachdruck entgegengetreten wird. Es liegt bei dem Verantwortungsgefühl der Kölner jüdischen Bevölkerung, daß die zu treffenden Maßnahmen in den Händen der Synagogengemeinde freiwillig und reibungslos durchgeführt werden. Geschieht das nicht und wird meiner Bitte nicht in geeigneter Form entsprochen, sind Zwangsmaßnahmen der Behörde, die Härten mit sich bringen werden, unvermeidbar.

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